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Kategorie: Rezensionen

Dirk Bronger: Metropolen, Megastädte, Global Cities. Die Metropolisierung der Erde. Darmstadt 2004. 216 S.

Dirk Bronger hat ein schön gemachtes, sehr anschauliches und gut lesbares Buch zu einem wichtigen Thema vorlegt. Zudem sorgen das Glossar zu Beginn, die zahlreichen Farbtafeln und Abbildungen sowie der umfangreiche tabellarische Anhang für einen hohen Gebrauchswert des Bandes über Metropolen, Megastädte und Global Cities.

Bronger gliedert das Buch in sieben Hauptabschnitte, von denen zwei einführenden und einer resümierenden Charakter haben. Im Hauptteil des Buches widmet er sich den drei Dimensionen des Phänomens der Metropolisierung der Erde, nämlich der historischen, der demographischen und der globalen. Da Brongers Zugang zur Frage der Verstädterung der Welt einer ist, der vor allem auf die Bevölkerungsentwicklung und -verteilung schaut, überrascht es wenig, dass die demographische Dimension nicht nur vom Umfang her das Buch dominiert. Das ist insofern problematisch, als Bronger einerseits den sowohl sprachlich als auch konzeptuell zweifelhaften Begriff der "Bevölkerungsexplosion" in den Ländern der Dritten Welt unhinterfragt verwendet. Andererseits lässt das Buch viele der analytisch spannenden Fragen zur Verstädterung nicht nur unbeantwortet, sondern auch ungestellt. So wird beispielsweise die Rolle der Megastadt im Entwicklungsprozess auf nur einer Seite abgehandelt, und zwar mit einer skizzenhaften Darstellung unterschiedlicher Standpunkte, wobei Bronger selbst keine eigene Position bezieht. Eine eingehendere Analyse, warum, wie der Autor richtig feststellt, in den Ländern der Dritten Welt Entwicklung vielfach punktuell, auf die Hauptstadt konzentriert, stattfand, bleibt ebenso so aus wie ein theoretisch fundiertes Argument für den behaupteten "unmittelbaren kausalen Zusammenhang" zwischen funktionaler Primacy und (niedrigem) Entwicklungsstand (Kap. 8). Abgesehen davon, dass diese Ansicht empirisch widerlegt werden kann (z.B. weist Santiago de Chile in einigen Aspekten eine höhere funktionale Primacy auf als andere Hauptstädte Lateinamerikas, die überdies noch zunimmt), wird von Bronger nicht diskutiert, warum in vielen Dritte-Welt-Ländern das Wachstum der funktionalen Primacy gerade in der Zeit relativ großer wirtschaftlicher und sozialer Fortschritte erfolgte. Diese Versäumnisse auf der analytischen Ebene sind insofern besonders bedauerlich, als Bronger die Chance vergibt, die aktuellen Debatten z.B. um "Globalizing Cities" durch Nord-Süd- und West-Ost-Vergleiche anzureichern.

Autor: Christof Parnreiter

Quelle: Die Erde, 135. Jahrgang, 2004, Heft 3-4, S. 320