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Kategorie: Rezensionen

Florian Harder: Straßennutzungsgebühren und nachhaltiger Stadtverkehr. Eine agentenbasierte Mikrosimulation. Mannheim (Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung 23) 2011.

Der Verkehr in Deutschland und damit das Mobilitätsbedürfnis und der daraus resultierende Mobilitätsaufwand der Gesellschaft steigt in Deutschlang deutlich an, womit natürlich auch die negativen Auswirkungen dieser Mobilität einhergehen – sprich Luftverschmutzung, Lärmbelastungen und Staus sind einige der externen Effekte – sie verursachen noch nicht genau abschätzbare Auswirkungen hinsichtlich Klima und Umwelt, die sich letztlich auf unsere gefühlte Lebensqualität auswirken.

 

Eine nachhaltige Verkehrsgestaltung, die sich an den Interessen der verschiedenen Nutzergruppen wie auch der Allgemeinheit orientiert und nicht vor z.T. innovativen Ideen zurückschreckt, kann Strategien als Antwort auf die besondere Situation vor Ort entwickeln. Eines dieser innovativen Konzepte ist die Einführung von Straßenbenutzungsgebühren. Sie stellen einen vielversprechenden Ansatz dar, eine nachhaltige Anlastung der tatsächlich anfallenden Kosten der Mobilitätsausübung zu erreichen und so die eigentlichen Verursacher von negativen externen Effekten zu nachhaltigerem Handeln zu motivieren. Durch diese Vorgehensweise der Anlastung der Wegekosten bei den Verursachern kann ein zeitliches und verkehrsmittelrelevantes Umsteigepotenzial generiert werden, das zu einer besseren Auslastung der Verkehrsinfrastruktur einerseits und zu einer Umweltentlastung andererseits führt.

In dem vorliegenden Buch von Harder werden verschiedene Road-Pricing-Varianten mittels eines Multi-Agenten-Modell betrachtet. Die Multi-Agenten-Simulationen bieten den aktuell vielleicht interessantesten Modellierungsansatz, um solch innovative Maßnahmen der Mobilitätsbeeinflussung nach ökonomischen, ökologischen, sozialen und verkehrsplanerischen Wirkungsebenen zu betrachten. Dabei durchläuft jeder der insgesamt 250.000 Agenten ein individuelles Tagesprogramm und versucht sowohl seine Verkehrsmittelwahl als auch seine Routenwahl auf verschiedene Szenarien abzustimmen. Dem breiten Anwendungsspektrum von Road Pricing und der komplexen Umsetzungen dieser Maßnahme kommt eine Untersuchung mittels Szenarien entgegen. Untersucht werden hierbei insbesondere die Auswirkungen auf Einsparungseffekte von negativen externen Effekten der Mobilitätsausübung. Unterstellt nach verschiedenen Wirkungsebenen lassen sich nach ökonomischen, ökologischen, sozialen und verkehrsplanerischen Zielen differenzierte Ergebnisse der neuen simulierten Szenarien betrachten. Die ökonomische und verkehrspsychologische Nutzenbewertung der Alternativen erfolgt in diesem Zusammenhang auf Basis einer Koordination und Abstimmung mit anderen Verkehrsteilnehmern und den vorliegenden Verkehrsangeboten, die am Beispiel von Stadt und Region Würzburg gewonnen werden.

Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse über die Stärken und Schwächen von neun verschiedenen Szenarien auf den verschiedenen Ebenen der Nachhaltigkeit zu. Zudem werden mit der Modellierung von Szenarien die Ansprüche und Möglichkeiten einer komplexen Verkehrsmodellierung mit Multi-Agenten-Systemen erprobt.
Thomas J. Mager

Quelle: Erdkunde, 66. Jahrgang, 2012, Heft 3, S. 278