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Kategorie: Rezensionen

Maximilian Benner: Clusterpolitik – Wege zur Verknüpfung von Theorie und politischer Umsetzung. Münster 2012. 273 S.

Die Dissertation von Maximilian Benner hat das Ziel, „auf der Grundlage belastbarer Erkenntnisse aus der Clustertheorie eine Theorie der Clusterpolitik aufzubauen, die als Grundlage für die Entwicklung clusterpolitischer Strategien in der Praxis dienen kann“ (S. 4). Diese Theorie soll sowohl für Industriewie auch für Entwicklungsländer gelten.

 

Die Arbeit konstatiert korrekt ein Missverhältnis zwischen den Arbeiten, die sich mit Clustern beschäftigen, und denjenigen, die sich mit den Politiken zur Umsetzung von Clusterpolitik beschäftigen. Daher sind Studien, die sich mit der Umsetzung von Theorie in Politik befassen, willkommen. Und wenn Clusterpolitik als „Empowerment von Unternehmen“ (S. 107) bezeichnet wird, sollte auch die Perspektive der Arbeit klar sein.

Die Arbeit verbleibt jedoch in vielerlei Hinsicht an der Oberfläche. So werden die angenommene zunehmende Entfernung zwischen Clustertheorie und Clusterpolitik und die Frage, wie diese Distanz letztlich aussieht, nur angeschnitten. Dadurch bleiben die Forschungsfrage sowie mögliche Wege zu ihrer Bearbeitung unklar. Für den theoretischen Unterbau werden verschiedene Ansätze, von Paul Krugmans New Economic Geography über die Arbeiten Michael Storpers bis hin zu Richard Floridas Kreativer Klasse, verbunden, obwohl diese teilweise widersprüchliche Perspektiven darstellen. Diese Problematik wird prinzipiell erkannt (S. 7). Konsequenzen hieraus werden jedoch nicht gezogen. Auch das zentrale Konzept der Arbeit, das Marktversagen, welches einzig eine Clusterpolitik rechtfertige, wird nicht operationalisiert. Es entsteht, „[w]enn Akteure nicht vollständig im Sinne wirtschaftlicher Rationalität entscheiden“ (S. 92). Jedoch zeigt gerade Literatur zu Pfadabhängigkeiten, dass auch rationale Entscheidungen zu ineffizienten Strukturen führen. Schließlich ist für den selbst gesetzten Anspruch, eine Theorie zu entwickeln, die sowohl für Industrieländer wie auch für Länder des globalen Südens gilt, eine entsprechende Diskussion der unterschiedlichen Kontexte nötig, die völlig fehlt. Das Buch befindet sich hier auf der Ebene von Behauptungen.

Letztendlich erscheint die Arbeit häufig als eine Aneinanderreihung verschiedener Studien, ohne dass eine eigenständige Argumentationslinie erkenntlich wird, anhand derer diese diskutiert werden. Die fehlende Linie wird auch an den vielen Allgemeinplätzen sowie dem umfangreichen Gebrauch direkter Zitate deutlich, die oft unkommentiert aneinandergefügt werden. Schlussfolgerungen werden eher aus einem Allgemeinverständnis hergeleitet denn aus der dargestellten Literatur. So bleibt die Arbeit in vielen Teilen wenig greifbar. Dies wird auch am Fazit deutlich, welches mit zwölf Punkten abschließt, etwa: „1. Clusterpolitik darf sich nicht überschätzen“, „2. Clusterpolitik ist nicht alles“, „3. Es müssen nicht immer Cluster sein“ etc. (S. 214f.). Wie sich diese Allgemeinplätze aus den vorherigen Ausführungen ableiten oder wie diese Grundlage einer Theorie sein können, bleibt unklar.

Das Ziel der Arbeit war hoch gesteckt. Allein das Setzen hoher Ziele ist schon wichtig, um einen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion zu leisten. Dafür müssen diese Ziele oft nicht einmal in Ansätzen erreicht werden, sofern eine Arbeit Denkanstöße liefern kann. Aber auch unter diesen Bedingungen besteht ein Missverhältnis zwischen dem Anspruch der Arbeit und der Art und Weise, wie dieser eingelöst wird. Was letztlich von der Arbeit übrig bleibt, ist ein guter Literaturüberblick, insbesondere über die Porterschen Arbeiten; viele „nice-to-know“-Dinge, die das umfangreiche Wissen des Autors zu der Thematik deutlich machen, deren Bedeutung der Leser/die Leserin jedoch für sich selber erschließen muss; sowie der Ansatz einer Kategorisierung der Frage, welches Instrument der Clusterentwicklung auf welcher räumlichen Ebene ansetzen kann.
Max-Peter Menzel (Hamburg)

Quelle: DIE ERDE, Vol. 145, 1-2/2014, S. 112

vgl. auch die Rezension von Christoph Scheuplein in der Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie

 

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