Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung /Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): Auf dem Weg zu einer nationalen Stadtentwicklungspolitik. Bonn 2007. BMVBS, BBR. 111 S. (Sonderveröffentlichung: www.bbr.bund.de)

Der Titel dieser Schrift lässt erkennen, dass es sich hier nicht um eine offizielle Deklaration des Ministeriums, sondern eher um ein programmatisches "Arbeitspapier" handelt, und tatsächlich ist das Kernstück der Schrift ein von einer interdisziplinär zusammengesetzten Expertengruppe erarbeitetes Gutachten, als "Memorandum" bezeichnet. Nach dem Text der Präambel "bezieht [es] sich inhaltlich vor allem auf zwei Handlungsbereiche. Zum einen geht es um die Konturen einer nationalen Stadtentwicklungspolitik, die bestehende Ansätze ergänzt und stärkt. Zum anderen geht es um eine nationale Kampagne ‹Für Stadt und Urbanität›."

Der Expertengruppe gehörten 13 Persönlichkeiten an, die durch Wissenschaft und/oder Praxis mit verschiedenen Aspekten der Stadtentwicklung eng verbunden sind.
Der Text gliedert sich - nach einem Geleitwort des Ministers - in vier Abschnitte mit den Schwerpunkten:
• Situation und Perspektiven der Städte in Deutschland;
• Ziele und Inhalte eines nationalen Politikansatzes
zur Stadtentwicklung;
• Bausteine einer nationalen Entwicklungspolitik.
Gute Praxis;
• Schritte zur Umsetzung.
Im ersten werden die Stärken der "Städte in Deutschland" den Risiken und Chancen gegenübergestellt; er schliesst mit den Perspektiven, nach denen "die Europäische Stadt im 21. Jahrhundert wieder zum Motor der Entwicklung" wird.
Im weiteren Text werden die "zwei Ebenen einer nationalen Stadtentwicklungspolitik" vertieft dargestellt: zum einen "Stadtentwicklung als Prozess der Weiterentwicklung und Qualifizierung" mit dem Zusatz "Gute Praxis"; hier stehen Anregungen für eine fördernde und integrierende Politik des Bundes im Vordergrund. Zum anderen geht es um den Vorschlag einer Kampagne "Für Stadt und Urbanität" und deren mögliche Programmpunkte - von "Stadtforen" und "Zukunftslounges" (im Übrigen nicht das einzige Beispiel für unnötige Anglizismen), in denen "Kamingespräche" über "Trends, Optionen und Visionen der Stadtentwicklung " geführt werden sollen, bis hin zur Schaffung eines "Deutschen Preises für Stadtentwicklung".
Die Präsentation dieses Programms wird von zahlreichen weiteren Beiträgen begleitet, deren Gesamtkoordination bei Peter Zlonicky lag. Dabei handelte es sich einerseits um 28 ausgewählte Zitate mit Bezug zur Stadtentwicklung - vom Hamburger Bürgermeister Ole von Beust bis zum Präsidenten der Berliner Akademie der Künste Adolf Muschg -, andererseits um einen zweiten - grösseren - Teil der Schrift mit zwei Dutzend "thematischen Vertiefungen"; auch einige Mitglieder der Expertengruppe sind unter den Autoren. Die Themen reichen von zusammengefassten Situationsbetrachtungen über Teilaspekte wie Immigration, Denkmalschutz und Kunst bis zur 2007 von der EU beschlossenen "Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt". Nur ein Beitrag überschreitet die nationalen Grenzen: ein Interview mit dem belgischen Professor Pierre Laconte, gegenwärtig Präsident der "Internationalen Gesellschaft der Stadt und- Regionalplaner" (ISoCaRP), das vergleichbare planerische Bemühungen in anderen europäischen Ländern ins Blickfeld rückt.
Offenkundig ging es der Redaktion bei diesen Texten wie bei den vorher erwähnten Zitaten darum, möglichst viele Facetten der Stadt und des Lebens in ihr darzustellen, ohne sie in den Rahmen einer systematischen Ordnung zu zwingen. Das Gleiche gilt für die begleitenden rund 60 Bilder ohne Unterschriften; sie werden erst im Anhang - und das auch sehr knapp - erläutert. Zwar mag diese Vielfalt manchem kritischen Leser eher als Zersplitterung, als mangelnde Konzentration für das Kernthema erscheinen, doch kann man für sie ins Feld führen, dass sie auf ihre Weise die Komplexität der mit der Stadtentwicklung verknüpften Fragen spiegelt. Unter dem Titel Towards a national urban development policy in Germany liegt die Schrift auch in englischer Übersetzung vor.
Gerd Albers

Quelle: disP 172, 1/2008, S. 96-97