Herr Goeke, woran arbeiten Sie gerade?

Das Problem: Soziale Ordnung
Ich bearbeite mehrere Themen, aber nur ein Problem. Im Grunde wundere und frage ich mich, wie soziale Ordnung in der modernen, funktional differenzierten Weltgesellschaft trotz Vielfalt und Unübersichtlichkeit möglich ist und welche strukturellen Veränderungen sich gegenwärtig - insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung des Computers und seiner Derivate - abzeichnen. Im Unterschiede zu dieser allgemeinen soziologischen Frage interessiert mich dabei zusätzlich, welche Bedeutung Raum beim Strukturaufbau der Gesellschaft zukommt.

Frau Hillmann, woran arbeiten Sie gerade?

In diesen Monaten beschäftigen mich zwei Themen ganz besonders. Ein Dauerbrenner in meiner wissenschaftlichen Arbeit ist das Thema "Migration", das m.E. besonders gut dazu geeignet ist, veränderte soziale und räumliche Organisationsformen im Rahmen der Globalisierung zu verstehen und zu analysieren.  Auf einer theoretischen Ebene interessiert mich, wie Migration zunehmend als räumliche Definitionsmacht funktioniert, d.h. Ausdruck und Triebkraft von veränderter sozialer, ökonomischer und politischer Organisation und Verteilungslogiken ist.

Ein Schwerpunkt meiner wissenschaftlichen Arbeit ist die Analyse der Entwicklung der ländlichen Räume in Europa, wobei es mir ein Anliegen ist, Ergebnisse und Erfahrungen daraus dann auch in die Praxis umzusetzen. Dabei bin ich davon überzeugt, dass die Metropolen in Europa allein ohne die ländlichen Räume nicht dauerhaft lebensfähig sind, und deshalb engagiere ich mich auch über die Wissenschaft hinaus dafür, dass die ländlichen Räume nicht völlig entwertet werden.

Globale Vernetzung und regionale Entwicklung verstehen

Den Schwerpunkt meiner wissenschaftlichen Arbeit bildet die konzeptionelle Weiterentwicklung und empirische Analyse globaler Produktionsnetzwerke (GPN) und deren Auswirkungen auf Regionalentwicklung. Mein Hauptinteresse gilt der Zusammenführung von wirtschaftsgeographischen, kulturwissenschaftlichen und soziologischen Perspektiven. Hierbei geht es nicht nur um die maßstabsübergreifende Vernetzung ökonomischer Aktivitäten von Unternehmen, sondern auch die um integrale Rolle anderer kollektiver Akteure wie Staat, Nichtregierungsorganisationen und Zivilgesellschaft, welche die räumliche und organisatorische Entwicklung von GPN maßgeblich beeinflussen.

Herr Koch, woran arbeiten Sie gerade?


Zu den Fragen, die mich wissenschaftlich interessieren und moralisch beschäftigen, gehören jene, die sich mit den Mechanismen sozialräumlicher Differenzierung und ihren Zusammenhängen auseinandersetzten. Wodurch kommt es zur Herausbildung von urbanen Aufwertungsprozessen - den Räumen der Wohlhabenden - und (wie) hängen diese mit Abwertungsprozessen im selben urbanen Kontext zusammen?

Herr HMarkus Hesseesse, woran arbeiten Sie gerade?

Im Rahmen der Arbeitsgruppe für Geographie und Raumplanung der Universität Luxemburg, Teil der Fakultät für Humanwissenschaften, arbeiten wir zu theoriegeleiteten und empirischen Fragestellungen im Kontext von Stadt- und Regionalentwicklung, ökonomischen Netzwerken und ‚flows' sowie metropolitaner Governance. Dabei spielen zwei Untersuchungsrichtungen eine wichtige Rolle: zum einen die empirische Bearbeitung von Grundsatzfragen, die in Geographie und Raumplanung von allgemeiner Relevanz sind (wie z. B. Suburbanisierung oder Renaissance der Innenstädte, logistische Wertschöpfungsketten im Raum, stadtpolitische Strategien, Metropolregionen) sowie ihre theoriegeleitete Interpretation und Hinterfragung.

Herr Hahne, wUlf Hahneoran arbeiten Sie gerade?

Projektitis
Woran Wissenschaftler im derzeitigen Betrieb vorrangig arbeiten (müssen und daher Lehre, Mitarbeiterführung, Gremienarbeit und Reflexion schleifen lassen), ist die Projektitis - also das Ausarbeiten von Anträgen, um Drittmittel zu erwirtschaften.
Den Mitarbeitern dient das dazu, auch ohne festen Status eine Weiterbeschäftigung auf unsicheren Projektmitarbeiterstellen zu erreichen. Doch auch die Professoren müssen sich an dem Hamsterrennen beteiligen, weil bei ihnen in den Zielvereinbarungen mit ihren Hochschulleitungen die Höhe der zu erwirtschaftenden Drittmittel von Evaluierung zu Evaluierung hoch geschraubt wird. So sitzt man denn an den "großen" Anträgen im Wissenschaftsbereich (DFG, Exzellenzforschung etc.) und gleichzeitig an den "kleinen" der Auftragsforschung.

raumnachrichten.de startet eine neue Serie. Unter dem Titel "Woran arbeiten Sie gerade?" werden Wissenschaftler der sozialwissenschaftlichen Raumforschung/der raumwissenschaftlichen Sozialforschung Einblick in ihre Tätigkeiten geben.

Berichtet wird über aktuelle Projekte, über Probleme, die dabei auftauchen und gelöst werden müssen und über die grundlegenden und das heißt auch wissenschaftstheoretischen und anwendungsbezogenen Perspektiven, die sich mit ihnen verbinden.
Der Leser wird so die Möglichkeit haben, Einblicke darin zu bekommen, wie Wissenschaft Erkenntnisse produziert und der Wissenschaftsbetrieb sich im Arbeitsalltag der Wissenschaftler widerspiegelt. raumnachrichten.de verfolgt damit das Bemühen, Wissenschaft als Prozess begreifbar zu machen, wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt Transparenz zu verleihen und der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit weitere Facetten hinzuzufügen.

Wir hoffen, dass die Beiträge dieser neuen Serie auf reges Interesse stoßen und selbstverständlich werden wir uns über Rückmeldungen unserer Leser freuen.

Die Redaktion