Peter Sedlacek (Hg.): Thüringen: Geographische Exkursionen. Gotha, Stuttgart 2002 (Spuren suchen, Landschaften entdecken). 325 S.

Nachdem die klassische "Sammlung Geographischer Führer" nur noch selten Bände herausbringt und sich überwiegend an die Fachwissenschaft wendet, zielt die Reihe "Spuren suchen - Landschaften entdecken" auf ein eher breites Nutzerspektrum. Daran richten sich Inhalt und Form der einzelnen Bände aus. Die Reihe knüpft an die "Geographischen Bausteine" des VEB Hermann Haack an, die kleine, dicht geschriebene Bändchen über "Geographische Exkursionen" herausbrachte.

Auch sie richtete sich eher an ein fachwissenschaftlich interessiertes Publikum. Eine andere, eher indirekte Vorläufertradition dieser Reihe waren die "Werte unserer Heimat", von denen eine Vielzahl von Bänden im Akademie-Verlag Berlin erschienen, wobei mehrere Bände auch Thüringen abdeckten. Auch diese waren, ähnlich den "Geographischen Führern", von hoher inhaltlicher Dichte und von Informationsfülle geprägt. Man kann im Wandel dieser Schriftenreihen auch "Zeichen der Zeit" erkennen - Popularisierung landeskundlicher Kenntnisse ist das Ziel, wobei manchmal die knappen Inhalte in die Nähe der Trivialisierung geraten. Als Fachgeograph muss man allerdings die Verlagsinitiative begrüßen, weil Fachleute die Bände konzipieren und schreiben und - wenn auch in extremer Knappheit - gutes Fachwissen einbringen. Der Band "Thüringen" ist ähnlich anderen Bänden der Reihe aufgebaut: Einem kurzen Überblick folgen Exkursionsroutenvorschläge, auf die dann in alphabetischer Reihenfolge kulturlandschaftlich und naturlandschaftlich interessante Orte und ihre Umgebungen folgen. Der Nutzer wird auf diese Weise angeregt, sich selber Exkursionen zusammenzustellen und aus dem reichhaltigen Inhalt zu schöpfen. Während die an sich interessanten Bilder nur kurz (zu kurz!) erläutert sind, werden die Lokalitäten - ähnlich einem Lexikonartikel - nacheinander abgehandelt. Eingeschaltet finden sich - neben den Farbfotos - Stadtpläne, kleine Tabellen, Umgebungskarten, geologisch-geomorphologische Blockbilder, Profile, Ausschnitte aus historischen Plänen etc. Am Rande des Textes finden sich Symbole (für Bahnhof, Brunnen, Dom, "Landschaft", Berg, Höhle, Bergwerk etc.). Die Hinweise auf das jeweilige Blatt der Topographischen Karte 1:50 000 sind sehr nützlich. Die an sich begrüßenswerte Reihe hinterlässt auch mit dem Band "Thüringen" etwas gemischte Gefühle. Es scheint, als habe man sehr viele Sachverhalte in die "Stichwörter" hineinpressen wollen, so dass manchmal der Inhalt etwas sprunghaft wirkt. Gerade wenn man sich an Nichtfachleute wendet, wäre an manchen Stellen des Bandes mehr Ausführlichkeit wünschenswert gewesen. Andererseits - siehe "Zeichen der Zeit" - reicht vielen Nutzern und flüchtigen Reisenden die knappe Information aus. Wenn dadurch der Kontakt zur Natur- und Kulturlandschaft hergestellt ist, Interesse auch für den Raum Thüringen geweckt wird, hat der Band eigentlich sein Ziel erreicht. Er zeichnet sich durch hohe Übersichtlichkeit aus und wird durch recht umfangreiche Register (Orte, Personen, Sachen) leicht erschlossen. Das Literaturverzeichnis ist von irritierenden Kürze (12 Titel!) und von extremer Heterogenität - vom Quartär über die Architektur in der DDR bis zur "Ordnung des Terrors" - das erscheint dem Rezensenten doch etwas zu unausgewogen. Schade, dass man die Bände der eingangs zitierten Reihen nicht in das Literaturverzeichnis aufgenommen hat, in dem man auch ganz normale landeskundliche Literatur vermisst. Angesichts des zunehmenden Interesses für den heimischen Raum einerseits, aber abnehmender schulgeographischer Bildung andererseits, hat der Band für die Volksbildung im guten Sinne gewiss bedeutsame Funktionen.

Autor: Hartmut Leser

Quelle: Die Erde, 134. Jahrgang, 2003, Heft 3, S. 210-211