Andre Scharmanski: Globalisierung der Immobilienwirtschaft. Grenzüberschreitende Investitionen und lokale Markttransparenzen. Mit den Beispielen Mexiko City und Sao Paulo. Bielefeld 2009. 386 S.

In der vorliegenden Publikation wird untersucht, wie die internationalen Immobilieninvestoren ihre grenzüberschreitenden Transaktionen organisieren und wie sie den Markteintritt in räumlich entfernte und unbekannte Märkte bewerkstelligen. Es handelt sich dabei um eine der wenigen Untersuchungen, die sich empirisch fundiert mit Globalisierungsprozessen in einem Wirtschaftszweig auseinandersetzt, der lange Zeit eine starke lokale bzw. regionale Verankerung aufwies.

Bis in die neunziger Jahre war der Aktionskreis in der Immobilienwirtschaft inselhaft: Man investierte aufgrund von Marktintransparenzen vorwiegend in bekannte Heimatmärkte. Die vorliegende Untersuchung ist aber nicht nur für jene interessant, die sich mit immobilienwirtschaftlichen Fragestellungen beschäftigen, sondern sie bietet auch Einsichten für diejenigen, die sich mit den Herausforderungen beschäftigen, die mit wirtschaftlicher Globalisierung und der konkreten Gestaltung grenzüberschreitender Markteintritte verbunden sind. André Scharmanski bedient sich hierfür des relationalen Skalenansatzes als heuristisches Werkzeug, um auf die Bedeutung verschiedener politisch-räumlicher Ebenen und sozioökonomischer Prozesse für den Globalisierungsgang einzugehen. Er setzt sich das Ziel, die soziale Produktion von Räumen zu analysieren, wobei er die sozialen Produktionen nicht nur von der lokalen bzw. regionalen Ebene ausgehend betrachtet, sondern eine Vielzahl von Skalen und deren Einfluss auf Globalisierungsprozesse einbezieht.
Das Buch weist dabei Stärken und Schwächen auf. Eine Stärke ist die gründliche und empirisch fundierte Analyse sowie die tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Stand der immobilienwirtschaftlichen Forschung in der Geographie. Eine Schwäche stellt hingegen das Kapitel dar, in dem Globalisierungsdebatten zur Rahmung seines Themas diskutiert werden. In diesem Abschnitt wird streckenweise auf Debatten aus den frühen neunziger Jahren Bezug genommen, die inzwischen als überholt und ausdiskutiert betrachtet werden können. Diese Debatten (um eine Homogenisierung von Raum versus einer Zunahme von räumlichen Heterogenitäten im Zuge der Globalisierung; um einen Bedeutungsverlust versus einer veränderten Bedeutung von Staatlichkeit) – so hat es den Anschein – werden als Pappkameraden aufgebaut, um die eigene Position und Herangehensweise dagegen abzugrenzen und zu legitimieren. Jenseits dieser konzeptionellen Schwächen stellt das Buch eine umfassende Auseinandersetzung mit den Problemen und den Herausforderungen grenzüberschreitender Investitionen angesichts intransparenter Märkte dar. Der Aufbau ist systematisch und diskutiert nach theoretisch-konzeptionellen Kapiteln die Kontextbedingungen für eine Globalisierung der Immobilienwirtschaft wie die Deregulierung von Finanzmärkten und den Anlagedruck von institutionellen Investoren, die zur Suche nach neuen renditeträchtigen Investitionsstandorten abseits traditioneller und bekannter Märkte beigetragen haben. Der Autor zeigt jedoch, dass die Jagd nach renditeträchtigen Immobilienmärkten mit dem Wunsch nach risikofreien Anlagemöglichkeiten konfligiert. Er analysiert in diesem Zusammenhang, mit welchen Verfahren attraktive Immobilienmärkte und wie konkrete Anlagen bestimmt werden. Er zeigt, dass trotz der gestiegenen Bedeutung von quantitativen, ökonometrischen Verfahren zur Marktselektion nicht auf lokale Präsenz und relationale Entscheidungsfindungen in einem interpersonellen Netzwerk verzichtet werden kann. Am Beispiel von Mexiko-City und Sao Paulo weist er auf verschiedene Arten von Intransparenzen (informationelle, institutionelle, relationale und informelle Intransparenzen) hin, die ein Vorortsein bzw. eine Einbettung in lokale Netzwerke notwendig machen. Sehr anschaulich wird beschrieben, warum es unerlässlich ist, ein Ohr am konkreten Markt zu haben.Aber nicht nur in dieser Hinsicht stellt das Buch eine spannende und einsichtsreiche Analyse dar, sondern auch hinsichtlich der Auswirkungen der Aktivitäten globaler Immobilienakteure auf lokale Immobilienmärkte. Nachvollziehbar werden die Mechanismen beschrieben, die eine Überformung lokaler Märkte nach globalen Mustern begünstigt, ohne jedoch die Märkte konform werden zu lassen. Es wird gezeigt, wie globale Standards in lokale Märkte getragen werden und wie sich im Zuge von Lernprozessen Märkte und Marktakteure durch Professionalisierung grundlegend verändern.


Zusammengefasst kann das Buch allen empfohlen werden, die sich mit der sozialen Konstitution und Konstruktion von Märkten, dem Einbezug sogenannter emerging markets in globale Kapitalkreisläufe sowie mit der Herstellung von globalen Anlagemöglichkeiten beschäftigen. Trotz Schwächen in der theoretisch-konzeptionellen Fundierung ist das Buch überzeugend in der empirischen Analyse von  Globalisierungsprozessen und der damit einhergehenden Bedeutung von räumlichen Unterschieden. Sehr umfassend, systematisch und lebendig werden die Probleme und Herausforderungen sowie die verschiedenen Lösungswege im Herstellungsprozess von global-lokalen Immobilienmärkten analysiert und nicht zuletzt wird auch auf Konvergenzprozesse zwischen Märkten hingewiesen.
Susanne Heeg

Quelle: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Jg. 54 (2010) Heft 2, S. 136-137