Ulrich Van der Heyden, Joachim Zeller (Hg.). "... Macht und Anteil an der Weltherrschaft". Berlin und der deutsche Kolonialismus. Münster 2005. 288 S.

Die Aufarbeitung der Geschichte des deutschen Kolonialismus hat in den letzten Jahren in Forschung und Medien Konjunktur. Der vorliegende Sammelband erhält sein Profil, weil er auf Erinnerungsorte in Berlin Bezug nimmt und in flüssigem Stil Lebensbilder und Szenarien, Artefakte und Institutionen darstellt.

Aus heutiger Sicht ist es erschreckend, was da dokumentiert wird, etwa die Experimente eines deutschen Arztes, der einem Strafgefangenen mit Lepra infiziert, um die Krankheitsgeschichte zu erforschen, oder die Politik der "verbrannten Erde" in Ostafrika. Es ist tröstlich, dass Schultz und Brogiato in ihrem Beitrag über die Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin zum Fazit kommen, dass die Geographen und Forschungsreisenden zumindest in der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin und in Verbindung mit ihr bezüglich des Eintritts des Deutschen Reiches unter die Kolonialmächte keine Rolle gespielt haben. Stattdessen haben sich nicht wenige Funktionsträger und Autoren für die Gleichberechtigung der Afrikaner eingetreten sind und die Zustände in den Kolonien kritisierten. Natürlich muss eingeräumt werden, dass, wenn man die Sicht Aitkens und Rosenhafts in ihrem Beitrag übernimmt, und Berlin in den späten 1920 Jahren bis 1933 als "Hauptstadt des Antikolonialismus" wahrnimmt, die Geographie hieran keinen Anteil hatte. Wer sich für die deutsche Kolonialgeschichte interessiert, wird in diesem Buch viel Material und zahlreiche neue Aspekte entdecken. Die Fokussierung auf die "Berliner" Perspektive ist natürlich eine Einschränkung, doch kann bei den Lesern wohl vorausgesetzt werden, dass ihnen die Geschichte des internationalen Kolonialismus geläufig ist.

Autor: Axel Borsdorf

Quelle: Die Erde, 137. Jahrgang, 2006, Heft 1-2, S. 103