Andreas Faludi: Cohesion, Coherence, Cooperation: European Spatial Planning Coming of Age? London, New York, 2010. 207 S.

Andreas Faludi, Professor für europäische Planungssysteme an der Technischen Universität in Delft, legt mit dem 2010 erschienen Buch «Cohesion, Coherence, Cooperation: European Spatial Planning Coming of Age?» eine eindrucksvolle und detaillierte Analyse der geschichtlichen Entwicklung der «Europäischen Raumplanung» – wie der Autor sie nennt – vor. Das Werk spannt den Bogen von den ersten, über nationalstaatliche Grenzen hinausgehende, raumplanerischen Überlegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, über die europäische Integration und den steten Versuch der Berücksichtigung ihrer räumlichen Dimension, bis hin zur aktuellen Diskussion über die Bedeutung des, im Vertrag von Lissabon neu verankerten, «territorialem Zusammenhalts» und geht auch auf die ungewisse Zukunft der europäischen Raumentwicklungspolitik ein.

 

Faludi erläutert in diesem Zusammenhang sein Begriffsverständnis von Europäischer Raumplanung als eine Formulierung von gemeinsamen Visionen bzw. Strategien und versichert nachdrücklich auf dieser Ebene nicht von einer Raumplanung mit konkretem Flächenbezug zu sprechen, die nationale Kompetenzen beschneidet. Darauf aufbauend wird die Frage über eine möglicherweise fehlende Kompetenz der Europäischen Union auf dem Gebiet der Europäischen Raumplanung ebenfalls diskutiert. Hierbei verdeutlicht Faludi ferner sein Verständnis von Europa, in dem sich viele unterschiedliche, überlagernde weiche Räume mit weichen Grenzen befinden, die eine ebenso weiche Raumplanung erfordern. Diesem Verständnis folgend, sollte es bei der europäischen Planung vor allem um Sensibilisierung und Anregungen für neue Governanceformen gehen.

Das Buch gliedert sich in Vorwort, Einleitung, vier Hauptkapitel sowie Fazit und Epilog. Im Vorwort stellt Faludi einzelne Biografien von Personen vor, die sich in besonderer Weise auf dem Gebiet der Europäischen Raumplanung verdient gemacht haben und charakteristisch für Planer auf europäischer Ebene sind, ohne dabei jedoch die Namen der Personen zu nennen. In der Einleitung wird auf die unterschiedlichen Planungsverständnisse innerhalb Europas hingewiesen und das Werk in die bestehende Literatur eingeordnet sowie ein Abriss über die Europäische Integration und die Struktur des Buches gegeben.

Die vier Hauptkapitel folgen der Entwicklung der Europäischen Union: die Phase bis zu den Römischen Verträgen («the launch era»), in der die Forderungen nach einer vertragliche Bezugnahme zur räumlichen Entwicklung ungehört blieb; eine Phase der Stagnation von den 1960ern bis Mitte der 1980er («the doldrums»), in der der Europarat und das europäischen Parlament zaghaft aber erfolglos für eine europäische Raumplanung argumentierten; einer circa zwei Jahrzehnte währender Phase des Aufschwungs («the boom era»), mit der Fertigstellung des EUREKs als wichtigster Meilenstein; sowie die Phase der letzten Jahre («the crisis»), in der nicht nur die Weiterentwicklung der europäischen Raumentwicklungspolitik, sondern die gesamte europäische Integration ins Stocken geraten ist. Das Werk schliesst mit einem Zukunftsausblick für die Europäische Raumplanung, in dem Faludi der Planung eine informelle, immer flexible, ideengebende und damit «weiche» Rolle prophezeit, die auf eine Kohärenz der Fachpolitiken abzielt und die Sensibilisierung für räumliche Belange immer wieder auf die Tagesordnung setzt.

Faludis Werk ist durch den Erzählcharakter und die wenigen Quellenangaben, kein strukturiertes Fachbuch, sondern erweckt den Eindruck einer persönlichen, aber auch gleichzeitig sehr fundierten, faszinierenden Aufarbeitung der Europäischen Raumplanung und ist gleichzeitig ein starkes Plädoyer für dieselbe. Das Werk richtet sich in erster Linie an die Wissenschaft und interessierte Leser aus der Praxis, die ein Interesse an einem tieferen Verständnis und den politischen Hintergründen der Entwicklung und Zukunft Europäischer Raumplanung und allgemein der Europäischen Integration haben. Allerdings erfährt das Fachpublikum, das mit den zahlreichen Veröffentlichungen von Faludi vertraut sein dürfte, nur stellenweise Neues. Das Werk hat aufgrund einer bisher fehlenden detaillierten Aufbereitung der Geschichte der Europäischen Raumplanung und seinem umfassenden, kohärenten Aufbau Aufmerksamkeit verdient.
Gabi Troeger-Weiß, Kaiserslautern

Quelle: disP 194, 3/2013, S. 62