Ann-Kathrin Karlsen: Konsequenzen räumlicher Umstrukturierung von Bankfilialnetzen für das Kundenverhalten. Eine Untersuchung zur Standorttheorie tertiärer Einrichtungen am Beispiel einer norwegischen Großbank. Mannheim 1998 (Mannheimer Geographische Arbeiten, Heft 48.). 228 S.
Der aktuelle Strukturwandel im Finanzsektor stellt ein in der deutschsprachigen Geographie weitgehend vernachlässigtes Forschungsfeld dar. Dies ist bedauerlich, da Strukturen und Veränderungen im Finanzsektor wichtige Einflußfaktoren der gegenwärtig ablaufenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen sind. Werden die vom Finanzsektor ausgehenden räumlichen Differenzierungsprozesse auf nationaler und globaler Ebene zumindest ansatzweise wahrgenommen (z. B. Rolle der internationalen Finanzorganisationen für nationale Entwicklungen, "global city"-Debatte), so bleibt die regionale Dimension des Finanzsektors in der geographischen Forschung weitgehend unterbelichtet.Die gut strukturierte und systematisch empirische Dissertation von ANN-KATHRIN KARLSEN, die sich mit der räumlichen Dimension der Nachfrage nach Bankdienstleistungen beschäftigt, stellt hier eine Ausnahme dar. Ausgehend von klassischen Standorttheorien und von Ergebnissen der Konsumentenforschung werden verschiedene Hypothesen zur Bedeutung der "Transportdistanz" der Kunden zur Bankzweigstelle aufgestellt und auf der Basis von Kundendaten einer norwegischen Großbank überprüft. Zwar bleiben aufgrund des quantitativen Ansatzes und der Beschränkung auf eine Datenquelle die Gründe und möglichen Motivationen für das Verhalten der Kunden im Dunkeln; dennoch sind die Ergebnisse sowohl für die Geographie als auch für die Banken interessant. Tatsächlich stellt die systematische Auswertung von Bankkunden-Daten zumindest innerhalb der deutschsprachigen Geographie eine Pionierleistung dar, da diese Daten für wissenschaftliche Untersuchungen in der
Regel nicht zur Verfügung stehen. Gerade vor diesem Hintergrund wäre allerdings eine Diskussion der regionalwirtschaftlichen Bedeutung der erzielten Ergebnisse sowie eine bessere Einordnung der bearbeiteten Thematik in die gegenwärtig ablaufenden Veränderungsprozesse im Finanzsektor wünschenswert gewesen.
Autorin: Britta Klagge