Bernhard Köppen: Stadtentwicklung zwischen Schrumpfung und Sprawl. Auswirkungen der Stadt-Umland-Wanderungen im Verdichtungsraum Chemnitz-Zwickau. Tönning, Lübeck und Marburg 2005. 242 S.

In seiner Dissertation analysiert der Autor Suburbanisierungsprozesse im Verdichtungsraum Chemnitz-Zwickau bzw. genauer: die Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung in der Region. Er bezieht sich in den Darstellungen auf eine Bürgerbefragung, Expertengespräche, Kartierungen, eine Medienanalyse sowie die Auswertung statistischer Daten. Insbesondere Auswertungen von Daten des Statistischen Landesamtes des Freistaats Sachsen nehmen einen großen Raum ein. Die Befragungsergebnisse werden in einem 30-seitigen Kapitel präsentiert. Leider gehen die Ergebnisse der anderen Methoden in der Fülle der quantifizierten Daten unter. Die Datenanalyse ist indes umfangreich und solide und wird durch eine Vielzahl an Abbildungen, Tabellen und Karten präsentiert.

BERNHARD KÖPPEN weiß seine Ergebnisse treffend einzuordnen, wenn er schreibt: "Der Ablauf der Bevölkerungssuburbanisierung im Verdichtungsraum Chemnitz-Zwickau deckt sich weitgehend mit den Ergebnissen bisheriger empirischer Untersuchungen und gestellter Prognosen für Ostdeutschland" (S. 125). Die Besonderheiten des Prozesses in dieser altindustrialisierten, stark verstädterten und polyzentrischen Region scheinen eher marginal. Auch die Befragungsergebnisse der Bewohner der suburbanen Gemeinden zeigen "nur wenige Abweichungen gegenüber den Erkenntnissen zur Suburbanisierung anderer ostdeutscher Regionen. [...] Rückblickend ist die Bevölkerungssuburbanisierung [im Verdichtungsraum Chemnitz-Zwickau] weniger spektakulär verlaufen als anderswo. Allerdings ist sie etwas beständiger als beispielsweise in den beiden anderen sächsischen Verdichtungsräumen" (S. 193). Wer die Literatur zur Bevölkerungssuburbanisierung in ostdeutschen Verdichtungsräumen kennt, wird deshalb zumindest bis zum 10. Kapitel wenig Neues erfahren. Wer sich erstmals vertieft mit dem Thema auseinandersetzten möchte oder ein besonderes Interesse an der konkreten Region mitbringt, findet mit diesem Buch allerdings eine geeignete Einstiegslektüre, in der die bestehende Literatur umfangreich rezipiert wird, viele Facetten bedacht und die Ergebnisse noch dazu in erfreulich gutem Schreibstil vorgetragen werden. Inhaltlich bemerkenswert sind die Schlussfolgerungen, die KÖPPEN im 11. Kapitel zieht, in dem er ein "partialanalytisches räumliches Migrationsschema" vorstellt, Prognosen für die weitere Entwicklung wagt, die aus seiner Sicht schließlich zur Entwicklung einer polarisierten Stadtregion mit einem Nebeneinander von Des- und Reurbanisierungstendenzen führt bzw. führen kann.
Der Titel des Buches weckt allerdings auch Erwartungen in eine Richtung, die beim Lesen leider nicht ganz erfüllt werden, denn es geht eher weniger um die Auswirkungen von Schrumpfungsprozessen in den Kernstädten Chemnitz und Zwickau, und auch der Begriff "Sprawl" scheint etwas zu groß dimensioniert für die in Rede stehenden Prozesse. Der ursprüngliche Titel der Dissertation trifft die Interessen des Autors auch besser als der eher reißerische Titel der Veröffentlichung, so dass sich grundsätzlich die Frage nach dem Sinn wohlklingender und verkaufsträchtiger, den Inhalt aber überfordernder Titel stellt.    
Autorin: Carmella Pfaffenbach

Quelle: Erdkunde, 60. Jahrgang, 2006, Heft 2, S. 202-203