Ludger Gailing: Kulturlandschaftspolitik. Die gesellschaftliche Konstituierung von Kulturlandschaft durch Institutionen und Governance. Rohn (Planungswissen-schaftliche Studien zu Raumordnung und Regionalentwicklung): Detmold 2014. 466 S.
vorgestellt von Ludger Gailing
In raumentwicklungspolitischen und raumwissenschaftlichen Debatten hat der Begriff „Kulturlandschaft“ zuletzt hohe Aufmerksamkeit erfahren. Die Dissertationsschrift „Kulturlandschaftspolitik – Die gesellschaftliche Konstituierung von Kulturlandschaft durch Institutionen und Governance“ widmet sich nun der Aufgabe, die bisherige Raum- und Landschaftsforschung zu Kulturlandschaften um sozial- und insbesondere um politikwissenschaftliche Aspekte zu erweitern. Zwei Aspekte interessieren dabei besonders: Die kollektive Konstituierung von Kulturlandschaften und die Querschnittsaufgabe der Kulturlandschaftspolitik. Es wird folglich analysiert, wie einzelne Kulturlandschaften gesellschaftlich relevant werden und zur Grundlage von Raumplanung, Naturschutz, Tourismus, Denkmalpflege und ländlicher Entwicklungspolitik werden. Der Autor stützte sich dabei auf eine Theorienkombination aus sozialkonstruktivistischer Raumforschung, Neo-Institutionalismus und Governance-Forschung und führte eine Fallstudie im Spreewald durch.
Der Autor kam zu dem Ergebnis, dass Kulturlandschaften gesellschaftlich konstruiert sind. Bestimmend sind dabei sowohl Institutionen, etwa Rechtsverordnungen, Förderprogramme, Raumbilder sowie Symbole der Kulturlandschaft, als auch Governance-Formen, also Handlungs- und Steuerungsmodi der beteiligten Akteure. Um ein Beispiel für die Konstruktion der Kulturlandschaft Spreewald durch Institutionen zu geben: Ein Heuschober ist zunächst nur eine praktische Möglichkeit zum Lagern von Heu. Dass er aber als Raumsymbol und zentrales Element des Spreewälder Raumbildes gilt, und zwar eines bestimmten Raumbildes, das an traditionelle Bewirtschaftungsformen gebunden ist, lädt ihn mit Bedeutungen auf, die letztlich bewirken, dass der Spreewald ohne ihn „schwerer denkbar“ ist“. Der Naturschutz, die Denkmalpflege, die Tourismuspolitik, die Raumplanung und die ländliche Entwicklungspolitik haben jeweils eigene Institutionen und Governance-Formen, die sich wechselseitig beeinflussen. Dazu kommt eine besondere räumliche Komponente, die durch die wechselseitige Strukturierung von formellen und informellen Institutionen mit regionaler Governance entsteht und sich an Raumeinheiten wie Großschutzgebieten oder LEADER-Regionen orientiert.
Der Autor typisierte in seiner Dissertation anhand der Situation im Spreewald sowohl regionale informelle Institutionen, die dessen Status als Kulturlandschaft ausmachen und von denen eine Wirkung auf das Akteurshandeln ausgeht, als auch Governance-Formen regionaler Kulturlandschaftspolitik. Als Typen informeller Institutionen identifizierte er Toponyme, Grenzen, Traditionen, Narrative, Raumbilder, Zuschreibungen regionaler Eigenart, Topoi der Sehnsuchtslandschaft und des Landschaftsverlustes sowie Symbole der Kulturlandschaft. Die Governance-Formen ordnete er aus dem empirischen Material heraus folgenden Grundtypen zu: der Governance von Medien und politischen Symbolen, der Governance symbolischer Orte und Objekte, der Governance der physisch-materiellen Transformation der Kulturlandschaft, der Governance der Kooperation und der Gemeinschaftsbildung sowie der Governance der formellen Institutionalisierung.
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Kontakt
Dr. Ludger Gailing
Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS)
Flakenstr. 28-31
15537 Erkner
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