Albrecht Steinecke: Themenwelten im Tourismus. Marktstrukturen, Marketing-Management, Trends. München 2009. 349 S.
Im Zuge der Erlebnisorientierung seit den späten 80er Jahren und mit einer Hochphase in den 90er Jahren haben Thematisierungskonzepte für Freizeit- und Urlaubsangebote eine weite Verbreitung gefunden. Kamen die Thematisierungskonzepte ursprünglich vor allem aus den klassischen Freizeitparks, sind mittlerweile eine Vielzahl von Einrichtungstypen thematisierend überprägt bzw. neu interpretiert worden.
Gleichzeitig entstanden auch neue Einrichtungstypen, die von Beginn an dem Thematisierungsgedanken verpflichtet waren. Im Mittelpunkt des Bandes steht die vertiefende Analyse von fünf dieser Einrichtungen, Freizeit- und Themenparks, Themenhotels und -restaurants, Urban Entertainment Center, Markenerlebniswelten und Zoologische Gärten/Aquarien. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit sog. Erlebniswelten ist derzeitig davon gekennzeichnet, dass für die Erfolgsfaktoren bzw. die Wirkung derselben bislang noch kein geschlossenes Theoriekonzept vorgelegt werden konnte. So bleibt der Begriff des Erlebnisses bis heute oftmals relativ unscharf und auch die Thematisierungswirkung ist letztendlich noch nicht sozialwissenschaftlich fundiert untermauert. Auch wenn der „Tourist Gaze“ mit seiner Sehnsucht nach Mythen und Illusionen sicherlich als zentrale Triebfeder für den Erfolg von Themenwelten anzusehen sind, bleiben doch bis heute Erklärungsdefizite.
Um es vorweg zu nehmen: Auch mit diesem Band werden diese Desiderate nicht gänzlich eingelöst. Gleichwohl gelingt es dem Verfasser, auf der Basis seiner langjährigen Erfahrung souverän und kompetent den aktuellen Wissensstand zu Typisierung, Themenspektren, Inszenierungstechniken und Erfolgsfaktoren aufzubereiten. Allerdings bleiben eben die Ausführungen zu neuen Werthaltungen und der sog. Erlebnis-Gesellschaft auf dem Status Quo stehen. Für ein Lehrbuch aber auch durchaus adäquat, keine neuen Erkenntnisse generieren zu wollen, sondern den aktuellen Wissensstand kompakt zusammen zu stellen. Und diesem Anspruch wird der Band auch ohne Wenn und Aber gerecht.
Illustriert mit einer Vielzahl von Photos wird das breite Spektrum von Angeboten in seiner Vielfalt vorgestellt. Vertiefende Case Studies zu den jeweiligen Typen bereiten darüber hinaus auch mit einer guten analytischen Tiefe unterschiedliche inhaltliche und Problemaspekte auf, wobei der Autor auf einen reichen Fundus an Primärerfahrungen zurück greifen kann, die dem Band zugute kommen.
Im abschließenden Kapitel wird dann die Frage nach der Zukunft der Themenwelten bzw. den Themenwelten der Zukunft aufgegriffen. Dabei werden eine Vielzahl on sich abzeichnenden Entwicklungslinien skizziert. Diese werden wohl mittelfristig dazu führen, dass als Gegenentwurf zum schrillen, lauten „Erlebnis“-Begriff der 90er Jahre ein neuer Begriff für diese Erlebnis- und Thematisierungsansätze gefunden werden muss, um die neue Dimension klar zu machen. Die Spurensuche nach den künftigen Trends wird in dem Band nicht marktschreierisch (wie das bei der Trendforschung leider oftmals der Fall ist), sondern bedächtig aus dem Status Quo heraus entwickelt. Allerdings bleiben am Ende des Kapitels dann doch einige Fragen nach der künftigen Entwicklung offen.
Insgesamt ist dem Verfasser mit dem Lehr- und Studienbuch ein Werk gelungen, das – nachdem die letzten Publikationen zur Thematik schon einige Jahre alt sind – wieder den aktuellen Stand der Entwicklung und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit thematisierten Freizeit- und Erlebniswelten kompakt vorstellt. Als Grundlagenlektüre für alle an Freizeit und Tourismus Interessierten wird es sich wohl zu einem Standardwerk entwickeln.
Andreas Kagermeier