Hans-Joachim Bürkner: Reduktionistische Raumansichten und diskursive Schließung: Zum Stand geographischer und landeskundlicher Südosteuropa-Forschung

1. Einleitung

Wissenschaftliche Diskurse rund um Probleme der Stadt- und Regionalenwicklung in Ost- und Südosteuropa setzen sich nicht nur mit realen Entwicklungspfaden rund um Transformationsprozesse und ihre Folgen auseinander. Sie sind auch selbst das Ergebnis von ganz besonderen diskursiven Pfadabhängigkeiten. Diesen Eindruck konnten die Leserinnen und Leser sozialwissenschaftlicher Zeitschriften mit Fokus auf Gesellschafts- und Raumentwicklung in den Ländern Ost-, Ostmittel- und Südosteuropas noch vor rund einem Jahrzehnt erhalten.

Akademische Spekulationen über gesamtgesellschaftliche und regionale Transformationswege, Diskussionen über postsozialistische Modernisierungstheorien, kritische Einschätzungen der Gesellschaftsentwicklung auf der Basis von Kontingenztheorien usw. zeigten an, dass die konzeptionellen Ausgangspunkte der 1990er Jahre nachwirkten und nur selten völlig verlassen wurden (Bürkner 2011). In der jüngeren Vergangenheit hat das Denken in Transformationsbegriffen und -konzepten hingegen deutlich an Attraktivität verloren. Die öffentlichen Aufmerksamkeitsgewinne der Nachwendezeit sind verlorengegangen, auch wenn die aktuellen Probleme sozialen und ökonomischen Wandels in der Region weiterhin auf die gewählten Transformationspfade und ihre besonderen Verknüpfungen mit Globalisierungsprozessen zurückzuführen sind.

Für Überraschung hat jüngst nicht etwa die Erinnerung an die genannten Denktraditionen und Diskussionen gesorgt. Vielmehr ist eine weitere Pfadabhängigkeit öffentlich sichtbar geworden, die bislang im Windschatten der dominanten Diskurse geblieben war. Nun, da die großen Debatten über die gesellschaftliche Transformation vorbei sind und sich die Schwerpunkte der öffentlichen und akademischen Aufmerksamkeitsproduktion verlagert haben, tritt sie umso deutlicher hervor. Ja, die Protagonisten nutzen die entstandene Lücke im Diskurs für geradezu erstaunliche Selbstinszenierungen. Unversehens wähnen sie sich nämlich im Rampenlicht einer an Raumfragen interessierten akademischen Öffentlichkeit, nachdem sich die „großen" Fachvertreter/innen der Sozialwissenschaften zurückgezogen und anderen Themen zugewendet haben. Dieser Verdacht beschleicht nicht von ungefähr den Leser des unlängst erschienenen Themenheftes der geographischen Rundschau mit dem Schwerpunkt „Südosteuropa".

Das Heft präsentiert sich als bodenständig, darüber lässt der einleitende Beitrag des Geographen Horst Förster mit dem Titel „Südosteuropa – zwischen Regionalismus und Integration" keinen Zweifel. Südosteuropa wird als Makroregion zwischen Tradition und Moderne beschrieben, ausgestattet mit naturräumlich, ethnisch und religiös differenzierten „Landesnaturen" sowie mit großem kulturellen und sozialen „Formenreichtum". Förster gibt einen Überblick über  naturräumliche Potentiale" (sic!) (Förster 2011: 5), das „historisch-kulturelle Erbe", gewachsene Raumstrukturen, die Transformation nach 1990, die Folgen der EU-Osterweiterung, Probleme der Wirtschaftsentwicklung und der sozialen Kohäsion des „Westbalkan" und spekuliert schließlich auch über die negativen Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf die Region.

Weitere Beiträge folgen diesem Beispiel. Peter Jordan setzt sich aus einer ähnlich traditionellen Perspektive heraus mit der Entwicklungsproblematik Kroatiens am Vorabend des EU-Beitritts auseinander. Er beschreibt die historisch-kulturellen „Prägungen" (Jordan 2011: 15) und ihre Bedeutung für die Entstehung von „Konstanten der geopolitischen Stellung Kroatiens in Europa" (ebd.), thematisiert „Besonderheiten der Raumstruktur", insbesondere „ausgeprägte regionale Identitäten" (ebd.), starke sozioökonomische Disparitäten und die Situation des wichtigsten Wirtschaftsbereichs, des Küstentourismus. Als neue geopolitische Rolle Kroatiens identifiziert er eine altbekannte historische, nämlich die Funktion als Brückenkopf Europas „in den Südosten" (a.a.O.: 18).

„Serbiens mühsamer Weg in die EU" ist der Artikel des Politikwissenschaftlers Hansjörg Brey überschrieben. Er konzentriert sich auf die Beschreibung der innenpolitischen Entwicklungen seit 1990 sowie der neuen außenpolitischen Situation des Landes „zwischen Europa und Russland". Der Kosovo-Konflikt wird als schwere, aber lösbare Hypothek des angestrebten EU-Beitritts geschrieben. Eine vergleichsweise erfolgreiche Transformation mit stabiler Wirtschaftsentwicklung und Attraktivität des Landes für ausländische Investoren wird trotz fortbestehender struktureller Defizite als Bestandteil eines viel versprechenden Entwicklungsweges gesehen.

Der Beitrag „Periphere Regionen in Südosteuropa und ihr Potenzial" von Elke Knappe, Jozsef Benedek und Margarita Ilieva behandelt die prekäre Situation ländlicher Räume in Südosteuropa. Sie wird als Ergebnis der Fragmentierung der Besitzverhältnisse in der Transformation, der Rückkehr einer verarmenden Landbevölkerung zu neuen Formen der Subsistenzwirtschaft und von selektiven Migrationsprozessen gedeutet. Am Falle Rumäniens und Bulgariens werden ländliche Räume irgendwo „zwischen Gunstregion und Benachteiligung" (Knappe et al. 2011: 31) lokalisiert, gekennzeichnet durch fortlaufende Fragmentierungsprozesse, die sowohl die Verfestigung postsozialistischer Residualstrukturen und strukturelle Modernisierungen anzeigen.

Daniel Göler und Holger Lehmeier greifen unter dem Titel „Balkanmetropolen" urbane Entwicklungen in Belgrad, Bukarest und Sofia auf. In ähnlicher Weise wie die vorangegangenen Beiträge legen sie zunächst einen historisierenden Rückblick an („Bruch mit der osmanischen Vergangenheit und Aufbruch in die Moderne"), vor dessen Hintergrund sowohl die „sozialistische Überprägung" der Metropolen (Göler/Lehmeier 2011: 36) als auch ihre Nachwendegeschichte narrativ entworfen werden. Postsozialistische Strukturentwicklungen wie z.B. Suburbanisierung, zunehmende sozialräumliche Segregation, neue Citybildungsprozesse, informelle Ökonomien und die Entwicklung neuer Geschäfts- und Handelszentren werden auf diese Weise jeweils vor dem Hintergrund vorangegangener Epochen plausibel gemacht – quasi als immer wieder erfolgende strukturelle Einschreibungen in einen überdauernden „Stadtkörper" (a.a.O.: 40).  Theoriegestützte Erklärungen, die insbesondere im Zusammenhang mit den angedeuteten sozialen und ökonomischen Adaptionen einer globalisierten Moderne durch regionale Akteure greifbar und naheliegend sind, sucht man hier allerdings vergebens.

Der abschließende Artikel von Lucian-B. Brujan und Horst Förster zum Thema „Grenzregionen in Südosteuropa" liefert eine regionalistische Interpretation der Veränderung der Grenzen in Südosteuropa. Grenzbildungen werden zunächst als Folge von nationalen bzw. regionalen Transformationsprozessen, neuen Regionalisierungsprozessen und der politischen Einflussnahmen seitens der Europäischen Union begriffen. Mit dieser Sichtweise werden Vorstellungen zur Persistenz von ethnischen und religiösen Siedlungsgebieten verbunden, deren Herkunft wohl bei älteren Volksgruppentheoretikern gesucht werden muss; eindeutige Quellen werden von den Autoren hierzu nicht genannt. Die Zerschneidung ehemals ethnisch homogener Siedlungsgebiete durch politische Grenzen und die zugeordneten „ethnischen" Spannungsfelder werden dabei als Realphänomene gedeutet, nicht jedoch als soziale Konstrukte (z.B. als Ergebnisse der Zirkulation nationalistischer Ideologien oder der Praxis alltäglicher Identitätspolitiken). Am Fall der Euroregion Donau-Kreisch-Marosch-Theiss werden Grenzziehungen wie auch grenzüberschreitende Kooperationen erneut als Überschreiben einer „gewachsenen Kulturlandschaft" dargestellt (Brujan/Förster 2011: 47), deren Wurzeln in der Donaumonarchie identifiziert werden. Charakteristische ethnische Gemengelagen wären also historisch ererbt und bedürften (daher?) der besonders aufmerksamen Begleitung durch EU-Programme und regionale grenzüberschreitende Projekte.

Wie aus der Beschreibung der Einzelbeiträge zu ersehen ist, melden sich in dem Sammelband überwiegend Geographinnen und Geographen zu Wort, die in weiten Teilen ihrer Texte den traditionellen landes- und länderkundlichen Perspektiven der Geographie die Treue halten und die Makroregion Südosteuropa als geeigneten Gegenstand des Legitimitätsnachweises älterer Perspektiven nutzen. Was lag angesichts der aktuellen Diskurslücke näher, als ex post Deutungshoheit auf einem Terrain zu reklamieren, das noch kurz zuvor heiß umkämpft war, und zwar von ganz anderen Kontrahenten?

Nachdenklich macht in diesem Zusammenhang nicht etwa der Versuch des „Nachtretens" als solcher. Abflauende Diskurse und bröckelnde Deutungshegemonien eröffnen nicht selten solchen Perspektiven und Positionen, die sich zuvor weniger Gehör verschaffen konnten, durchaus legitime Artikulationsmöglichkeiten. Nachdenklich machen eher zwei Umstände: zum einen die restaurative Tendenz der Beiträge, deren offensichtliches Ziel die Wiederherstellung älterer geographischer Betrachtungsweisen ist, zum anderen die Theorieabstinenz, die sich in ihnen offenbart. Insbesondere das weitgehende Ignorieren der Theorieansätze aus 20 Jahren sozialwissenschaftlicher Ost- und Südosteuropa-Forschung sowie die fehlende Rezeption aktueller Ansätze zum Zusammenhang von Globalisierung und Regionalentwicklung sind kaum erklärlich, leisten sie doch groben perspektivischen Verkürzungen und der gedanklichen Reduktion komplexer gesellschaftlicher Entwicklungen Vorschub.

Beide Umstände veranlassten den Autor dieser Zeilen zu einer kritischen Rezension des Themenheftes. Diese wurde dem Herausgeber eines auf Südosteuropa spezialisierten Periodikums, der Südosteuropa-Mitteilungen, sowie der Geographischen Rundschau zur Publikation angeboten. Das Angebot wurde, um es vorweg zu sagen, von beiden ausgeschlagen und im einen Fall (Südosteuropa-Mitteilungen) mit allerlei Repliken versehen, die zunächst als diskursfremd erscheinen. Es soll allerdings gezeigt werden, dass eben die von einigen raumwissenschaftlichen Klans von jeher praktizierte Verknüpfung von Theoriefeindlichkeit, Vermeidung fachlichen Disputs und alltäglicher Absicherung von reklamierter Deutungshoheit aktueller ist denn je. Sie harmoniert nämlich ausgezeichnet mit der neoliberalen Restrukturierung des hiesigen Wissenschaftsbetriebes. Dazu folgen weiter unten noch einige Erläuterungen.  

An dieser Stelle soll zunächst der Inhalt der Rezension wörtlich wiedergegeben werden, (Kap. 2). Darauf folgt eine kurze Reflexion über die möglichen Folgen der Restauration länderkundlichen Denkens in der Südosteuropa-Forschung (Kap. 3). Anschließend (in Kap. 4) wird die diskursive Absicherung dieses Restaurationsversuchs problematisiert. Erkennbar werden diskursive Schließungen und disziplinpolitische Hierarchisierungsformen, die mit den konzeptionellen Restaurationstendenzen konform gehen. Aber alles der Reihe nach – hier kommt zunächst der Rezensionstext:


2. Rezension

„Südosteuropaforschung als Club der toten Dichter?
Rezension zum Themenheft „Südosteuropa", Geographische Rundschau 63, 2011, H. 4

‚Es gibt sie noch, die guten Dinge' – dieser Slogan eines Berliner Nostalgie-Kaufhauses scheint bei der Zusammenstellung des jüngsten Themenheftes der Geographischen Rundschau Pate gestanden zu haben. Alles ist noch da, was das Herz des landschafts- und länderkundlich beflissenen Geographen erfreut: formelhafte Bezugnahmen auf Naturraumausstattungen und ihre Potentiale für die Wirtschafts- und Gesellschaftsentwicklung (Förster; Knappe et al.), die Beschwörung der landschaftlichen ‚Vielfalt in der Einheit' (Förster, S. 5), die Forderung nach einer ‚ganzheitlichen' Betrachtungsweise (v.a. Knappe et al., S. 29), die mit Sachinformationen und statistischen Belegen gespickte Deskription von Landesnatur und -entwicklung, der verbale Transport von normativen Überzeugungen und politischen Bewertungen, die sich in der Deskription verstecken, das theorielose Einsortieren der beschriebenen Entwicklungen in vermeintlich übergreifende historische, politische, ökonomische und kulturelle Trends, die Ästhetisierung der Regionen und sozialen Subjekte „zwischen Tradition und Moderne" usw. usf. Mit einem ähnlichen Programm – d.h. vergleichbaren Betrachtungsweisen, Erzählhaltungen und alltagstheoretisch plausiblen Aussagen) kam bereits die Länderkunde der 1960er Jahre daher. Sie wurde damals wegen ihrer wissenschaftsfernen Attitüden und der internationalen Isolation ihrer Betrachtungsweisen von der nachfolgenden, gesellschaftstheoretisch orientierten Sozial- und Wirtschaftsgeographie zu Recht kritisiert. In den nachfolgenden Entwicklungen in Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeographie wurde diese Kritik zumindest ansatzweise beherzigt.

Umso erstaunlicher ist die hier zu besichtigende Neuauflage der genannten Basisperspektive im Zusammenhang mit Problemen der Transformation, der globalisierungsbeeinflussten Gesellschaftsentwicklung und der europäischen Integration der Regionen Südosteuropas. Selbstverständlich bemühen sich die Beiträge um Aktualität und entwicklungspolitische Relevanz. Dadurch werden allzu offensichtliche Anklänge an verstaubte traditionelle Länderkunden vermieden. Auch rhetorische Neuerungen sind zu beobachten, häufig im Zusammenhang mit interessierten Seitenblicken auf Globalisierungsprozesse, Transformationspfade, eigensinnige Disparitätenentwicklungen und veränderte Grenzen. Jedoch sind es genau diese Seitenblicke, die inzwischen – 40 Jahre nach der Hochkonjunktur regionaler Wesensschauen – zu Stirnrunzeln Anlass geben. Vier Umstände lassen vermuten, dass die älteren Betrachtungsweisen lediglich in verändertem Gewand aufrechterhalten werden:

1. Die Seitenblicke werden eingeordnet in übergreifende Erzählungen, die einen weiten Bogen von natürlichen und kulturellen Vorläuferstrukturen (meist lange vor Mitte des 20. Jahrhunderts), den daraus ‚sich ergebenden' Gunstfaktoren, Entwicklungspotentialen, kulturellen Dispositionen und Eigensinnigkeiten der Regionen und sozialen Subjekte, der ‚Störung' dieser Potentiale und Dispositionen durch die Dysfunktionalitäten der Phase des Sozialismus, der Auseinandersetzung der postsozialistischen Akteure mit dem jüngeren und älteren strukturellen Erbe sowie der Bewältigung von ‚Herausforderungen' jüngerer Globalisierungs- und EU-Integrationsprozesse. Das Uralt-Thema ‚Zwischen Tradition und Moderne' wird dabei lediglich an die strukturellen Besonderheiten der postsozialistischen Transformation und der EU-Erweiterung angepasst.

2. In dieser Perspektive bleiben die eigentlichen Antriebsmomente der Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung wie z.B. zunehmende ökonomische und kulturelle Globalisierungsprozesse, widersprüchliche Institutionalisierungsprozesse, die Bildung neuer Machtkonstellationen und Eliten, soziale und ökonomische Netzwerkbildungen, disparitäre Einkommensverteilungen und soziale Polarisierungsprozesse usw. unerklärt. Sie werden zwar erwähnt, aber sogleich als äußerliche Randbedingungen regionaler Entwicklung begriffen. Sie liefern allenfalls externe Impulse, die auf eine abstrakte, meist nicht explizierte und implizit bereits feststehende Entwicklungslogik treffen. So gerät die globale Finanzkrise im Eingangsbeitrag Försters zu einem veritablen Deus ex machina, der das ‚historisch-kulturelle Erbe' und damit die endogenen Entwicklungspotentiale der Regionen attackiert. Enge Verknüpfungen der globalen Krise mit regionalen ökonomischen Restrukturierungsprozessen, die etwa den Zugriff der Global Player in Finanzwesen und Industrie auf regionale Ressourcen sicherstellen, werden dabei nicht für erklärungsrelevant gehalten. Genau auf die Funktionalisierung der regionalen Strukturen für eine globalisierte Ökonomie lassen sich jedoch sämtliche Transformationspfade in Südosteuropa theoretisch und empirisch zurückführen. Diese Verknüpfungen herauszuarbeiten und hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die weitere Regionalentwicklung zu theoretisieren, müsste die primäre Aufgabe einer aktuellen Regionalforschung zu Südosteuropa sein.

3. Aktuelle ‚Rahmenbedingungen' und historisch ererbte Strukturelemente, Dispositionen, kulturelle Eigenheiten usw. werden zu einer deskriptiven Melange verrührt, die dem Leser keine theoretisch untersetzten Deutungsangebote unterbreitet. Stattdessen muss er sich ganz der Logik der vom Autor zelebrierten Erzählung ausliefern. Die Beurteilungskriterien, die die Autor/inn/en für das Konstatieren von Defiziten und Aktivposten der Regionalentwicklung, von Entwicklungschancen usw. einsetzen, sind somit nur indirekt erschließbar. Sie können auf der Reaktivierung älterer Mythen der historisch bedingten ethnischen, kulturellen und strukturellen Zersplitterung des Balkans beruhen (Jordan, S. 16) und daraus pessimistische Prognosen der geopolitischen Bedeutung einer Region ableiten (Kroatien als ‚Vorposten' der EU, nicht aber als ein Brückenkopf für die Anrainerstaaten). Sie können auf der Denkfigur ‚Inwertsetzung naturräumlicher Gunstfaktoren' beruhen und darüber räsonieren, dass die Nutzung des Potentials ‚fruchtbarer Lößböden' im ländlichen Raum Bulgariens durch die ‚demographische Krise' vereitelt wird (Knappe et al., S. 31; ein Schelm, wer darin einen weichen Geodeterminismus erkennt!). Oder sie können auch implizit modernisierungstheoretischen Deutungen folgen und südosteuropäische Stadtentwicklung als ‚Bruch mit der osmanischen Vergangenheit und Aufbruch in die Moderne' deklarieren (Göler/Lehmeier, S. 34).

4. Insbesondere die letztgenannte Figur der Intervention der als exogen gedachten Moderne in vorgezeichnete endogen-historische Entwicklungslinien bietet vielfältige Möglichkeiten der Exotisierung und Ästhetisierung der geschilderten Sachverhalte – ganz in der länderkundlichen Tradition der Darstellung fremder, pittoresker Weltgegenden. Selbst dann, wenn beispielsweise der funktionale Wandel städtischer Teilstrukturen im Zusammenhang mit Segregationsprozessen, neuer Citybildung und der Ausbreitung von Shopping Malls thematisiert wird (Göler/Lehmeier), bleibt der kommunizierte Eindruck des Einbruchs einer anderen Realität in eine lokale, von Eigengesetzlichkeiten bestimmte Ordnung erhalten. Es bleibt dem Leser überlassen, zu vermuten, dass diese Art der Stadtentwicklung von den lokalen politischen Akteuren gewollt und vorbereitet, von den Bewohnern aufgrund neuer Konsumorientierungen und Lebensstile mitgetragen wird und auf diese Weise eine global-lokale Entwicklungskonstellation geschaffen wird, die alles andere als exotisch ist.

Theorielosigkeit, normativ und entwicklungspolitisch eingefärbte Deskription, alltagsempirischer Common Sense sowie Ästhetisierung und Exotisierung verweisen trotz aller rhetorischen Aktualisierung zurück auf altbekannte Charakteristika landschafts- und länderkundlicher Betrachtungsweisen. Dieser Befund ist umso erstaunlicher, als keine zwingende Notwendigkeit zu dieser nostalgischen Rückbindung zu erkennen ist. Die bisherigen Konzepte der Sozialwissenschaftlichen Transformationsforschung, der ökonomischen und kulturellen Globalisierungsforschung, der Regionalisierungsforschung sowie der Institutionen- und Governanceforschung bieten vielfältige Ansatzpunkte für theoretisch fundierte Analysen regionaler Entwicklungsprozesse. Dass derartige Analysen in der angelsächsischen Literatur weit verbreitet sind und daher ausgesprochen günstige Diskussions- und Kooperationsgelegenheiten bestehen, wird in sämtlichen Beiträgen des Themenheftes nicht erwähnt. Selbst dort, wo einschlägige theoretische Begriffe wie z.B. ‚spaces of flow' fallen, werden Autoren und theoretische Konzepte (hier: der angloamerikanischen Globalisierungsforschung) nicht angegeben. Die zitierte Literatur ist zudem weit überwiegend deutschsprachig, mit auffälliger Konzentration auf den engeren Wirkungskreis des Heftmoderators. Auch innerhalb der deutschsprachigen Literatur werden wichtige Werke nicht genannt, insbesondere zur Grenzraumforschung (Brujan/Förster).

Eine Südosteuropaforschung, die sich derart isolationistisch gebärdet, bestärkt alte Vorurteile hinsichtlich des deutschen Sonderweges der ‚landscape school' und der geringen internationalen Anschlussfähigkeit der geographischen Südosteuropa-Forschung. Aus der Binnenperspektive der Forschenden mag die Vorstellung, sich einem ‚Club der toten Dichter' zurechnen zu können, zwar attraktiv sein. Sie müssen jedoch auch damit rechnen, dass sie in akademischen Kontexten gerade wegen der Alltagsnähe ihrer Argumentation nicht mehr richtig verstanden werden."


3. Verkürzte Perspektive auf komplexe Entwicklungen

Das Problem, das im Rahmen dieser Kurzrezension lediglich angerissen werden konnte, ist ein zweifaches: Zum einen wird eine vorwissenschaftliche Sichtweise in bewährter länderkundlicher Manier – d.h. unter Rückgriff auf die Gemeinplätze politischen Denkens, alltägliche Evidenzen, selektiv herangezogene Statistiken und vage Seitenblicke auf vermeintlich relevante Literaturen – eingeführt und ausgebreitet. Zum anderen wird diese Variante der Vorwissenschaftlichkeit einem breiteren nicht-wissenschaftlichen, gleichwohl akademisch gebildeten Publikum als Resultat veritabler raumwissenschaftlicher Forschung präsentiert. Das Themenheft richtet sich nämlich bevorzugt an Erdkundelehrerinnen und -lehrer, die die herausgebende Zeitschrift traditionell als wichtige Informationsquelle nutzen. Beide Problemaspekte sollen hier weiterführend, wenn auch in gebotener Kürze beleuchtet werden.

Vorwissenschaftliche Sichtweisen und konzeptionelle Versäumnisse

Die Vernachlässigung der sozialwissenschaftlichen Forschung zu Transformationsprozessen und Transformationsfolgen, die bekanntlich ein beträchtliches Volumen erreicht hat, ist erstaunlich. So werden in den genannten Beiträgen des Themenheftes beispielsweise nahezu alle Probleme des sozialen Wandels, der Umgestaltung städtischer Räume, der Regionalentwicklung usw. als weitgehend endogene Probleme behandelt, die auf die Frage der lokalen/regionalen Abwehr oder der Anpassung an kaum weiter benannte externe Push-Faktoren reduziert werden. In dieser Perspektive geht es um die Rettung lokaler und regionaler Traditionen, kultureller Eigenheiten, historischer Prägungen usw. gegen eine Übermacht „kulturfremder" Herausforderungen. „Der Balkan" wird unter Rückgriff auf historische Zustände als Völkergemisch und als regionale politische Gemengelage imaginiert, deren Persistenzen die aktuellen Modernisierungsaufgaben erschweren oder ihnen eine eigentümliche Ausprägung verleihen. Diese Vorstellung erinnert zwar an die Idee der Opposition von lokaler Entwicklung und nationalstaatlich organisierter oder global verursachter Modernisierung – sie ist aber nicht mit ihr zu vergleichen. Denn es wird keine erkennbare Analyse der konkreten Zuammenhänge und Widersprüche beider oder mehrerer beteiligter Ebenen betrieben. Vielmehr bleibt die Beschreibung im Evozieren von Bildern und bisweilen schwarzromantischen Szenarien stecken – „der Balkan" erscheint in dieser Sichtweise als ein politisches Projekt, das angesichts der tradierten Zersplitterung, Widersprüchlichkeit, Konfliktgeladenheit usw. auch unter den neuen Bedingungen eigentlich nur scheitern kann.

Genuin sozialwissenschaftliche Analysen würden nun keinesfalls bei dieser metaphorischen Redeweise stehenbleiben. Die Analyse ökonomischer und kultureller Globalisierungsprozesse und ihrer Auswirkungen auf Gesellschaft sowie Stadt- und Regionalentwicklung ist in weiten Teilen der Transformationsforschung bereits gut etabliert gewesen (für Probleme der ökonomischen Globalisierung s. Clement/Vincentz 1997; Deacon 2000; Neunhöffer 2001; Ehrke 2004; Assländer/Kaminski 2005; siehe auch den umgekehrten Blick der Globalisierungsforschung auf Transformationsprozesse in Osteuropa bei Altvater/Mahnkopf 1997: 423 ff.; für kulturelle Globalisierungsprozesse s. Kovacs 1999; Roth 2000; Sterbling 2000; Buksinski/Dobrzanski 2005; Pollack/Lauth 2009) – weshalb dann nicht auch in der geographischen Südosteuropa-Forschung? Mit Ausnahme weniger Beiträge (Turnock 1998; Heller 2004; Heller et al. 2007) werden hier kaum grundsätzliche sowie forschungsprogrammatisch relevante Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Transformation und Globalisierung angestellt. Auch die Autor/inn/en des Themenhefts tragen zur Behebung dieses Dilemmas kaum etwas bei. Dabei hätte ein Blick in die Runde vor allzu
groben perspektivischen Verkürzungen bewahren können.

Relevante Debattenstränge, die keineswegs ausgereizt sind und weiterhin Anregungen für neue problemorientierte Fragestellungen und theoretisch untersetzte Forschungsperspektiven bieten, finden sich etwa in den folgenden Bereichen:

-    im Zusammenhang mit Studien, die die regionalen Folgen der Integration der Regionen Ostmitteleuropas in die Weltwirtschaft thematisieren (Krätke 1998; Smith/Pickles 1998); während anfänglich der Einfluss von Direktinvestitionen aus dem globalen Raum auf die selektive Inwertsetzung von Agglomerationen und Grenzregionen noch als externe Intervention und als Konfrontation einer globalisierten Moderne mit altindustrialisierten oder de-ökonomisierten Regionen konzipiert wurde, gehen jüngere Ansätze von einer stärkeren, zugleich selektiven Strukturintegration der osteuropäischen Regionen unter dem Einfluss fortschreitender Globalisierungsprozesse aus. Hierbei kommen in zunehmendem Maße Verflechtungen zwischen lokaler bzw. nationaler Politik und transnationalen Unternehmen bzw. Unternehmensnetzwerken zum Tragen, die als „investment promotion machines" angesprochen werden können (Drahokoupil 2008: 150 ff.). In den regionalen Ökonomien äußert sich diese Entwicklung unter anderem in der Ankopplung einzelner Unternehmen und Unternehmenscluster an globale Produktionsnetzwerke und in der Anbindung an transnationale Wertschöpfungsketten (Coe et al. 2008) – die gleichwohl asymmetrisch angelegt sind und die spezifischen, bereits in frühen Transformationsphasen angelegten Standortqualitäten (z.B. geringe Lohnkosten sowie die Abhängigkeit von andernorts erbrachten Forschungs- und Entwicklungsleistungen) weitgehend beibehalten (Bohle 2006: 354 f.; s. auch die Überlegungen von Nölke/Vliegenthart (2009) zu einem abhängigen osteuropäischen Kapitalismus unter transnationalen Vorzeichen). Politische Nebeneffekte der ökonomischen Globalisierung, wie z.B. die gezielte Nutzung der Beziehungen zu globalen Akteuren zum Aufbau politischer Macht durch neue regionale Eliten, werden in diesem Zusammenhang ebenfalls thematisiert (Christophe 2007: 264);

-    in Analysen, die den Zusammenhang von postsozialistischer Stadtentwicklung und neuen, an globalen Modellen des Konsumismus und der technologisch fortgeschrittenen Warenproduktion orientierten Konsummustern thematisieren (Färber/Gdaniec 2006); hier wären insbesondere Ansatzpunkte zur weiteren Erforschung der offensichtlich reibungslos erfolgenden Etablierung urbaner ökonomischer Strukturen durch globale Investoren (vgl. Stanilov 2007: 275). Phänomene wie z.B. die Ausbreitung von Shopping Malls in osteuropäischen Großstädten und suburbanen Räumen beginnen in ihrer sozialen, kulturellen und ökonomischen Mehrdeutigkeit von einheimischen Forschern wahrgenommen zu werden. Ältere kurzschlussartige Deutungen als extern verursachte Konfrontationen von Tradition und Moderne (sprich: der ererbten sozialistischen Prädispositionen und der exogenen Herausforderungen) greifen hier offensichtlich zu kurz. Vielmehr muss von einer mehrdimensionalen Stadtentwicklung ausgegangen werden, in der ökonomische und kulturelle Globalismen lokal vorbereitet und antizipiert werden, beispielsweise durch investitionsfreundliche Politiken, an globalen Medienkulturen orientierten Alltagspraxen usw. (vgl. Ger/Belk 1996). Letztere wären folgerichtig als Prozesse der Mikro-Globalisierung zu beschreiben (s. Dürrschmidt 2002) – als Andocken der sozialen Subjekte im Alltag an globalisierte Entwicklungsmodelle, neoliberal präformierte Vorstellungswelten (imaginaries) und ökonomische Wohlfahrtsversprechen, die von dem osteuropäischen Kapitalismusmodell im Verein mit global zirkulierenden, marktkonformen Ideologien zur Verfügung gestellt werden. Ein analytisches Denken in pittoresken Kontrasten wäre dann kaum mehr haltbar. Es müsste zugunsten der Analyse spezifisch osteuropäischer oder posttransformativer Kapitalismusvarianten samt ihrer lokalen und globalen Vernetzungsformen, Austauschbeziehungen (inklusive technologisch ermöglichter „flows" im Sinne Castells', s. Castells 1996), Interessenkonflikte und Machtrelationen aufgegeben werden. „Landesnatur" und „Überformung durch Modernisierung" wären dann als naive Bilder entlarvt und müssten durch realistischere Ansichten auf eine komplexe gesellschaftliche Ausdifferenzierung (inklusive fortschreitender sozialer und sozialräumlicher Polarisierungen und Fragmentierungen) ersetzt werden.

-    Ähnliches gilt für die Analyse der angeblichen Übernahme globaler Wohnformen und Siedlungsmodelle, die an neue soziale Mobilitäten gekoppelt sind – z.B. der Gated Communities (Smigiel 2009). Letztere sind längst nicht mehr als Ausdruck einer exogenen oder nachholenden Modernisierung zu begreifen (Brabec/Sýkora 2009); ihre Entwicklung ist vielmehr untrennbar in die Logiken der sozialen Ausdifferenzierung und der zunehmend am globalen Neoliberalismus rientierten politischen Steuerung von Stadt- und Regionalentwicklung „Marke Ost" einbezogen. Auch innerstädtische Segregationsprozesse finden längst nicht mehr unter den Bedingungen endogener Privatisierung und lokaler Marktentwicklung statt, sondern sind wesentlich durch die Interventionen globaler ökonomischer Akteure (Hamilton/Carter 2005) und Prozesse der kulturellen Globalisierung (Konsumorientierungen!) geprägt.

-    Studien zum Verhältnis global induzierter formeller Institutionenbildungen und der Bedeutung informeller (häufig persistenter) Institutionen für die Ausgestaltung formeller Institutionen und institutioneller Praxen haben bereits früh darauf verwiesen, dass genau in den formell-informellen Überschneidungsbereichen die Ursachen für die Entstehung von Eigenlogiken der Transformation zu suchen sind (Albrecht 1998; Tatur 2004). Angesichts des zunehmenden Wissens über informelle Interpretationen formeller Reinstitutionalisierungen lässt sich die alte Kontrastierung „Tradition vs. Moderne" kaum noch aufrecht erhalten, denn die fortlaufenden Interpretationen von neuen Gesetzestexten, Verwaltungsvorschriften, Förderinstrumentarien usw. durch lokale und regionale Akteure haben längst zu einer selbstverständlichen, hybriden Praxis geführt, die zwar auf ihre Wurzeln während älterer Transformationsphasen zurückgeführt werden kann, jedoch mittlerweile mit eigenständigen Praxisformen einhergeht. Diesem gesellschaftlichen Normalisierungsprozess, der keineswegs ohne soziale Verwerfungen und Konflikte erfolgt, muss die Forschung Rechnung tragen – vor allem dann, wenn es um die Erklärung widersprüchlicher Steuerungspraxen (Governance) in der Stadt- und Regionalentwicklung geht.

-    Die Folgen der letzten EU-Beitrittsrunden auf die betroffenen ost- und südosteuropäischen Länder sind eng mit Globalisierungsprozessen verbunden, die jedoch als solche bislang kaum angemessen thematisiert werden. So stellt die Heranführung der neuen Regionen an den einheitlichen Binnenmarkt und insbesondere die weitere Öffnung der nationalen Märkte gegenüber europäischem und globalem Finanz- und Investitionskapital im Sinne einer „negativen Integration" (Jorens 2000: 266) einen Schritt dar, der nicht nur die regionalen ökonomischen Prozesse und Strukturen, sondern auch den Alltag der Bevölkerung nachhaltig prägt bzw. künftig prägen wird. Insbesondere die stärkere Bindung der neuen Mitgliedsregionen an das Wohlergehen der EU dürfte künftig als Faktor der Stadt- und Regionalentwicklung eine immer größere Rolle spielen. Die gegenwärtige globale Finanzkrise und die davon ausgelösten Schuldenkrisen einzelner EU-Länder lassen die Präsenz globaler Weichenstellungen via Zentralbanken und Rating-Agenturen unmittelbar zutage treten und erfordern verstärkte Forschungsaktivitäten. Mit dem Bild „Tradition und Moderne" sind sie keinesfalls mehr in Einklang zu bringen.

-    Auch jüngere Debatten rund um die These der Varieties of Capitalism (Hall/Soskice 2001; Hall 2008) und die Existenz spezifisch osteuropäischer Kapitalismusvarianten (King 2008; Buzogany 2007; Neunhöffer/Schüttpelz 2002; Nölke/Vliegenthart 2009; Bohle/Greskovits 2009) sucht man in der geographischen Südosteuropaforschung vergeblich – obwohl diese These nahtlos an die transformationstheoretischen Debatten um divergente institutionelle Entwicklungspfade anschließt und die „Besonderheiten" Südosteuropas als Ergebnis der autochthonen Umformulierung ökonomischer und gesellschaftlicher Modellangebote konsistent erklären kann (s. Mykhnenko 2008; Feldmann 2008). Der interpretatorische Rückgriff auf „kulturelle Eigenheiten" als Erklärungsfaktor und Interpretationsgegenstand wäre keineswegs ausgeschlossen, würde aber durch den politisch-ökonomischen Blick auf Restrukturierungsprozesse relativiert und vor allem zu einem dringend erforderlichen theoretischen Rahmen systematisch in Beziehung gesetzt.

Dieser kurze Blick auf aktuelle Optionen zur Konzeptualisierung von Stadt- und Regionalentwicklung erhebt keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit und ist noch um etliche Gesichtspunkte erweiterbar. Es dürfte deutlich geworden sein, wie weit die realen Entwicklungen und die einschlägigen sozialwissenschaftliche Erklärungsversuche von einer theorielosen länderkundlichen Perspektive entfernt sind. Weshalb nun gerade in Bezug auf Südosteuropa die notwendigen Andockversuche der deutschsprachigen geographischen Forschung an Erkenntnis versprechende sozialwissenschaftliche Konzepte und Debatten weitgehend unterbleiben, ist – gelinde gesagt – rätselhaft. Eine mögliche, wenn auch allenfalls partielle Erklärung kann in den diskursiven Kontexten gesucht werden, die weniger die Grundlagenforschung betreffen als vielmehr die Rezeption geographischen Alltagswissens. Dabei erscheinen möglicherweise die Schulgeographie und die Geographielehrerausbildung als die letzten Refugien länderkundlichen Denkens, die aus einer traditionellen Hochschulgeographie-Perspektive heraus adressiert werden können.

„Academia light" verkauft sich gut

Der in der Geographischen Rundschau zelebrierten Wende rückwärts entspricht nämlich derzeit eine restaurative Entwicklung, die in Ostdeutschland bei der Formulierung der Curricula der Lehrerausbildung, der Gestaltung von Lehrmaterialien und der Praxis der Lehrer/innen/ausbildung zu beobachten ist. Besagte kontrastierende Bilder der Provenienz „Tradition vs. Moderne", die in den westdeutschen Reformdebatten der 1970er und 80er Jahre in mühsamen Diskussionen durch gesellschaftswissenschaftliche Perspektiven ersetzt wurden, finden sich hier in ungeahnter Zahl und neuem Variantenreichtum, ergänzt durch Forderungen nach der „Einheit des Faches" (Näheres siehe Kanwischer 2006). Unterstützt wird diese Tendenz durch aktuelle Versuche der Vernaturwissenschaftlichung des Erdkundeunterrichts, der sich zunehmend als ganzheitliche Mensch-Umwelt-Kunde unter der Ägide der Physischen Geographie präsentiert. Ideologischen Rückhalt bekommen derartige Entwicklungen durch  wissenschaftspolitische Weichenstellungen auf der Bundesebene, so wie sie beispielsweise in der DFG-Denkschrift zum „System Erde-Mensch" zum Ausdruck kommen (Deutsche Forschungsgemeinschaft 2008), oder auch auf Länderebene, etwa im Land Brandenburg durch jüngst eingeleitete Kopplungen der universitären Erdkundelehrerausbildung an die derzeit politisch massiv geförderte Georisikenforschung (vgl. Eckardt 2010). Kritische Auseinandersetzungen mit dieser Entwicklung finden sich kaum, obwohl zu befürchten ist, dass die Entwissenschaftlichung der curricularen Inhalte und Denkansätze in Bezug auf die Thematisierung gesellschaftlicher Entwicklungen weiter voranschreitet.

Ein wissenschaftliches Organ wie die Geographische Rundschau, das sich das Motto „Science goes public" zumindest teilweise auf die Fahnen geschrieben hat, müsste nun zur Entwissenschaftlichung und zur damit geförderten Deprofessionalisierung des Lehrerberufs zuvorderst Stellung nehmen oder diesen Tendenzen zumindest durch die eigene Publikationspraxis entgegenwirken. Genau dies ist allerdings nicht zu erkennen – im Gegenteil: Reduktionistische und „holistische" Mensch-Umwelt-Betrachtungsweisen sowie theorieabstinente Forschung werden der eigenen Zielgruppe als der wissenschaftlichen Weisheit letzter Schluss präsentiert. Damit wird nicht nur der Lehrer/innen/profession, die traditionell um eine angemessene Rezeption der Ergebnisse wissenschaftlicher Grundlagenforschung ringt, ein Bärendienst erwiesen. Hier werden auch andere bildungsprofessionelle Akteure, die über teilweise profunde sozialwissenschaftliche Kompetenzen verfügen, genarrt. Dies ist der eigentliche Skandal, der sich mit dem Versuch der erneuten Inthronisierung des Themas „Südosteuropa" als Bestandteil eines modernisierten landes- und länderkundlichen Projekts zeigt.


4. Diskursive Schließung – zum derzeitigen Umgang mit notwendiger Kritik

Als wäre ein Skandal noch nicht genug, findet die akademische Auseinandersetzung über Perspektiven auf Südosteuropa sogleich ihre disziplinpolitische und publikationsstrategische Fortsetzung. Genauer gesagt: Es handelt es sich um den Versuch, eine mit fachlichen Argumenten geführte Auseinandersetzung zu verhindern. Die Schriftleitungen der angeschriebenen Zeitschriften wiesen nämlich das Ansinnen, die Rezension an geeigneter Stelle zu publizieren, zurück und führten als Begründung im einen Fall formale, im anderen Fall sowohl inhaltliche als auch formale Gesichtspunkte an. Die wichtigsten werden im Folgenden zusammengefasst wiedergegeben und anschließend (d.h. jeweils nach dem Gedankenstrich) kurz kommentiert.  

Als inhaltliche Argumente werden angeführt:

1. Den Lesern werde eine fachinterne Theoriediskussion zugemutet, während es ihnen doch in Wirklichkeit nicht um theoretische oder methodische Probleme gehe, sondern um Sachinformationen zur Region Südosteuropa. – Dieses formale Argumentieren mit dem vermeintlichen Interesse einer heterogenen Leserschaft zielt zunächst darauf ab, die Position des Schreibers als Minderheitenposition darzustellen. Bei genauerem Hinsehen kommt jedoch zugleich ein inhaltliches Argument zum Vorschein: Es soll nämlich die generelle Berechtigung theoretisch fundierter Regionalanalysen in Abrede gestellt werden. Spätestens hier sind nun aber wieder alle beteiligten Disziplinen angesprochen: Der Versuch, Regionalentwicklung aus einer historisch weit zurückreichenden „Landesnatur" abzuleiten und mit scheinbar unstimmigen Tendenzen der Moderne zu kontrastieren, ist nämlich keineswegs auf die Geographie beschränkt. Er findet sich ebenso in Reiseführern, politischen und historischen Länderkunden und landeskundlichen Gegenwartsanalysen. Dass die Beiträge des rezensierten Themenheftes nun ausgerechnet von Geographinnen und Geographen verfasst wurden, die es nach 40 Jahren einschlägiger disziplininterner Kontroversen besser wissen müssten, wirft ein Schlaglicht auf die geringe Nachhaltigkeit der Diskussionen. Denn gerade diese Akteursgruppe müsste wohl in der Lage sein, den Rest der interessierten Leserschaft über die Folgen eines Denkens in ausschließlich länder- und landschaftskundlichen Kategorien aufzuklären. Dass sie es nicht fertigbringt, ist schwer erklärlich.

2. Es werde ein Feindbild gepflegt, in dem die deskriptive Länderkunde den Sündenbock spiele. Die Länderkunde habe jedoch in den letzten Jahrzehnten dazugelernt. Wer dies nicht zur Kenntnis nehme, sei ignorant und hänge veralteten Sichtweisen nach. – Gut gekontert, könnte man meinen, aber der Teufel steckt im Detail. Auch wenn Begriffe wie Modernisierung, Transformation, Globalisierung usw. verwendet werden, um Deskriptionen zu garnieren, entgehen die rezensierten Beiträge nicht dem Vorwurf der Theorielosigkeit und der intransparenten Installierung alltagsweltlicher Betrachtungsweisen.

3. Die Annahme der Funktionalisierung regionaler Strukturen für die globalisierte Ökonomie sei Ausdruck einer „theoretischen Enge", vergleichbar mit den Dependenz- und Imperialismustheorien der 1980er Jahre. – Abgesehen davon, dass hier offenbar die gesamte Globalisierungsforschung samt ihrer Relevanz für Transformationsstudien ignoriert wird, werden hier auch untaugliche Vergleiche mit einer völlig anderen, historisch weit zurückliegenden Debatte aufgemacht.

Werden diese inhaltlichen Einlassungen bereits mit dem versteckten Versuch der persönlichen Diskreditierung des Autors vermengt, so findet eben diese Absicht in offenen persönlichen Angriffen ihre Fortsetzung. In den Reaktionen der Schriftleitungen werden bewährte formale und alltagsweltliche Taktiken der Exklusion und der argumentationsfreien Diskriminierung Andersdenkender erkennbar. Dort, wo fachlich begründete Argumente nicht gefunden werden können, um die angeblich fehlende Eignung eines Manuskripts zur Publikation zu behaupten, werden stilistische Textmerkmale und persönliche Merkmale des Autors pejorativ markiert und als Stigmata eingesetzt. Besonders weit entfernt von inhaltlichen Argumentationen sind folgende Punkte:

1. der Autor besitze wohl keine richtigen Regionalkenntnisse; er habe insbesondere nicht über Südosteuropa publiziert und dürfe daher nicht mitreden. – Nicht Wissenschaftler, sondern Landeskenner werden also für prädestiniert gehalten, Sachurteile abzugeben; zugleich wird suggeriert, dass der Autor nicht zur Gemeinde der Südosteuropa-Kenner gehöre und somit auch den falschen „Stallgeruch" haben müsse. Dass damit jeder Versuch der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit beliebigen „regionalen" Themen diskreditiert werden kann, ist kein Zufall – in der älteren Landes- und Länderkunde war diese Diskriminierungspraxis weit verbreitet.

2. formale Kriterien seien nicht erfüllt (Anzahl der Zeichen, Ausmaß der Inhaltswiedergaben der Originaltexte). – Dies allein wird bereits zum Ausschlussmerkmal erklärt; hingegen werden fachliche Qualitätskriterien, die an eine Rezension angelegt werden müssen (z.B. die gedankliche Tiefe, mit der die rezensierten Texte zum Stand der Forschung in Beziehung gesetzt werden, hinsichtlich ihrer Argumentationsfiguren und den Verfahren der Erkenntnisgewinnung gewürdigt und im Hinblick auf den erkennbaren Erkenntnisfortschritt geprüft werden), nicht bemüht.

3. Dem Autor werden charakterliche Mängel unterstellt, da er seine Rezension wohl aus niederen Motiven heraus geschrieben haben müsse, z.B. aus Neid auf seine Kollegen, die eine Gelegenheit zur Publikation in einer herausragenden Zeitschrift erhalten hätten. – In dieser Logik wäre wissenschaftliches Arbeiten wohl generell Ausdruck einer zweifelhaften Gesinnung. Kein weiterer Kommentar.

4. der Text sei polemisch und (daher) unsachlich. – Diese Kennzeichnung, die übrigens von beiden Schriftleitungen vorgenommen wurde, ist ein Widerspruch in sich, denn eine scharfe wissenschaftliche oder literarische Auseinandersetzung (so die die Definition des Begriffs in Langenscheidts Fremdwörterbuch) geht zwangsläufig zur Sache. Gemeint ist damit vermutlich aber eine angebliche Eigenschaft des Autors, nämlich unsachlich zu sein oder unsachlich zu argumentieren. Polemik müsse daher einen Wissenschaftler wohl automatisch disqualifizieren.

Selbstverständlich werden hier nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks deutlich überschritten. Mit Bezug auf die Geographie kann gesagt werden, dass die Einlassungen der Schriftleitungen an ältere Versuche der Schließung ähnlicher Diskurse erinnern. Bekanntlich dienten diese Versuche bereits damals der paradigmatischen Modernisierungsabwehr (vgl. Hard 1979). Als Faktor der Schließung wird allgemein der verhinderte Zugang zu den ideellen und materiellen Ressourcen einer Wissenschaftlergemeinschaft auf der Basis von Macht und sozialen Grenzziehungen begriffen (Aretz 2000: 173). Schließungsversuche der hier dargestellten Art stimmen mit dieser Definition überein, indem sie den Zugang zu Publikationsressourcen verhindern wollen. Sie stützen sich auf der sozialen Seite auf die Behauptung, nur richtige Regionalexperten dürften sich in die Diskussion einmischen; auf der thematischen Seite rekurrieren sie oft auf „natürliche" oder durch offensichtliche Sachzwänge provozierte und daher alternativlose Interpretationen des Mensch-Umwelt-Verhältnisses. Dass derartige Perspektiven durch die erwähnten wissenschaftspolitischen Weichenstellungen in Richtung „System Erde-Mensch" gestärkt werden, muss nicht unbedingt ein Zufall sein. Vermutlich verdankt sich das forsche Auftreten ihrer Protagonisten dem verspürten politischen Rückenwind, der von der Notwendigkeit der Herstellung wissenschaftlicher Legitimation zu entbinden scheint.

All dies kann als Teil einer Machtstrategie begriffen werden, die auf die Kontrolle von Diskursen und Diskursbeteiligungen durch mehr oder weniger direkte Zensur abzielt. Dies sei doch schon immer ein wichtiger Kontext fachlicher Auseinandersetzungen gewesen, mögen Zyniker einwenden. Und in der Tat erscheinen die geschilderten Vorgänge merkwürdig vertraut – wenn da nicht der Zeitpunkt der Inszenierung wäre. Das restaurative Projekt wird just zu einem Zeitpunkt vorangetrieben, da sich das bundesdeutsche Wissenschaftssystem in einem Prozess der Rehierarchisierung unter ökonomistischen Vorzeichen befindet (Bröckling 2009). Konservative Taktiken der Machtsicherung erhalten daher unweigerlich eine besondere Rahmung und auch eine besondere politische Brisanz. Sie fügen sich nämlich nahtlos in eine analoge Herabwürdigung fachlicher Qualitätskriterien zur Beurteilung wissenschaftlicher Leistungen ein, die derzeit im Zuge der neoliberalen, marktanalogen Umgestaltung europäischer Wissenschaftssyteme unter dem Label „Bologna" stattfindet. Nicht etwa der von den Disziplinen selbst organisierte Erkenntnisfortschritt, die Originalität von Ideen und die längerfristige Bearbeitung grundlegender Probleme gesellschaftlicher Restrukturierung und Ausdifferenzierung werden hier gewürdigt, sondern eher die kurzfristigen Reaktionen der Lehrenden und Forschenden auf tagespolitische Themenkonjunkturen und Förderprogramme. Spätestens seit der flächendeckenden Umsetzung der Bologna-Strategie wird eine stark formalisierte, hauptsächlich an außerwissenschaftlichen Kriterien orientierte Qualitäts- und Leistungsbeurteilung auf breiter Front praktiziert (ablesbar an Wissenschaftler- und Hochschul-Rankings, basierend auf der Anzahl der Publikationen je Autor/Jahr, der Repräsentanz in Zitationsindizes, der Höhe der eingeworbenen Drittmittel, der erfolgreichen Teilnahme an Exzellenzwettbewerben usw.). Gemessen wird vor allem, wie sich Wissenschaftler in die öffentliche Aufmerksamkeitsproduktion einfügen und wie sie dabei bürokratische und formale Kriterien erfüllen. Dies sind in der Regel quasi-betriebswirtschaftliche Kriterien, die von einer fleißigen, aber nicht unbedingt herausragenden Masse von Wissensarbeitern mit ein wenig Bluff problemlos bedient werden können (Prisching 2009: 157). Diese exogenen Kriterien werden zu hegemonialen Leistungskriterien erhoben und lösen diejenigen Kriterien ab, die sich die Wissenschaftler-Gemeinschaften zuvor selbst gegeben und deren Einhaltung sie selbst überwacht hatten. Die individuelle Unterordnung unter die neue Evaluationskultur wird u.a. dadurch abgesichert, dass sie mit korporatistischen Ritualen der Selbstnobilitierung verknüpft wird. Diejenigen werden belohnt, die die (meist quantitativen) Ziele der Effizienzsteigerung gutheißen und erfüllen, während diejenigen, die andere – wissenschaftsnähere – Kriterien hochhalten, als ewig-gestrig, dem überkommenen Humboldtschen Bildungsideal nachhängend etc. apostrophiert und auf dieser Grundlage marginalisiert werden. Diese Schließung des Zugangs zu Macht, Prestige und Ressourcen ist eine wichtige Funktionsbedingung der neuen Wettbewerbskultur (Münch 2011).

Neue, mit pseudo-ökonomischer Rhetorik ausgestattete und dennoch bürokratisch sich gebärdende Machteliten an den Hochschulen begründen mittlerweile eine neoliberale Bildungshegemonie. Genau hier entstehen nun neue Koalitionen und Identifikationsangebote. Indem sich die alten Mechanismen der konservativen Ausgrenzung an die neoliberalen Gratifikations- und Exklusionssysteme anhängen, erfahren sie eine ungeahnte Bestätigung und Verstärkung. Ihre Akteure können zu Trittbrettfahrern des neuen Ökonomismus werden – ob gewollt oder nur als angenehme Nebenerscheinung der beschriebenen Nischenaneignung, spielt im Hinblick auf die erzielbaren Exklusionswirkungen schon fast keine Rolle mehr.

Das Thema „Macht" steht im angelsächsischen Diskurs bereits seit geraumer Zeit auf der Agenda einer kritischen Humangeographie (Katz 1998; Sharp et al. 2000) sowie einer als kulturkritisch und im Kern dekonstruktivistisch auftretenden Humangeographie (Radcliffe 1999). Es ist zu erwarten, dass Diskussionen um die diskursive Herstellung von Macht – insbesondere unter den Vorzeichen eines expansiven, gleichwohl krisenhaft sich entwickelnden Ökonomismus – demnächst auch in der deutschsprachigen Geographie an Intensität und Tragweite gewinnen werden. Angesichts der zunehmenden Erfassung des Hochschulbetriebs sowie auch der außeruniversitären Forschungseinrichtungen von Rekonfigurationen der Macht ist es höchste Zeit, dass die Wirkungen neoliberaler Reformprojekte auch in der deutschen Geographie von den VertreterInnen der eigenen Disziplin durchleuchtet werden. Dabei sollten keineswegs nur neue Machtrelationen und damit verbundene Exklusionen analysiert werden; auch der Durchmarsch älterer Seilschaften zu neuen Formen restaurierter Macht sollte vermehrt thematisiert werden, und zwar unter dem Aspekt der Verstärkung und Beschleunigung durch neoliberal verbrämte Leistungsbürokratien und Evaluierungsfeudalismen. Die oben geschilderten Erfahrungen verweisen auf die Dringlichkeit des Vorhabens.

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Anmerkungen:
1 Kenner traditioneller Betrachtungsweisen in der Geographie werden hier unschwer die Denkfigur des landschaftlichen Palimpsests entdecken. Dauernde Veränderungen einer Kulturlandschaft unter Beibehaltung einer Art Landesnatur werden dabei metaphorisch mit dem Vorgang des Beschreibens und Abkratzens eines Pergaments verglichen, wobei frühere „Nutzungsschichten und Benutzerspuren" wieder aufscheinen (Sigel 2000: 161).  

 

Zitierweise:
Hans-Joachim Bürkner 2011: Reduktionistische Raumansichten und diskursive Schließung: Zum Stand geographischer und landeskundlicher Südosteuropa-Forschung. In: http://www.raumnachrichten.de/rezensionen/1398-reduktionismus
 
 
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Hans-Joachim Bürkner
Universität Potsdam
Institut für Geographie
Karl-Liebknecht-Str. 24/25
14476 Potsdam-Golm
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