Dietrich Fürst: Raumplanung – Herausforderungen des deutschen Institutionensystems. Detmold (Planungswissenschaftliche Studien zur Raumordnung und Regionalentwicklung, Bd. 1) 2010. 266 S.
Eine im Jahr 2010 vom Rohn-Verlag herausgegebene Monographie von Dietrich Fürst hat den Titel «Raumplanung – Herausforderungen des deutschen Institutionensystems».
Die Publikation umfasst insgesamt 20 Kapitel und befasst sich mit politischen und verwaltungswissenschaftlichen Grundlagen der Raumplanung.Das Buch ist nicht als Lehrbuch angelegt, zeichnet sich jedoch durch eine hohe Systematik aus, die alle Bereiche des Raumplanungssystems in Deutschland umfasst.
In einem Vorwort stellt der Autor dar, dass die zentrale Fragestellung sich «auf die Diskrepanz zwischen den hohen Erwartungen, die an Raumplanung aus theoretischer Sicht vielfach gestellt werden, und die praktischen Schwierigkeiten, diesen gerecht zu werden» richtet. Die daraus abgeleiteten Leitfragen befassen sich mit Themen wie:
• Unterschiede zwischen der Raumplanung und anderen staatlichen sowie kommunalen Politikfeldern,
• Einfluss der institutionellen Einbindung auf das planerische Ergebnis,
• Einbindung der Raumplanung auf regionaler Ebene in die Prozesse der Entwicklung neuer Gouvernance-Formen.
In einem ersten Kapitel beschreibt der Autor Aufgaben und Funktionen der Raumplanung, wobei er diese Frage ebenso grundsätzlich angeht wie die Diskussion der Leistungen der Raumplanung aus der Perspektive der Raumnutzer. Dieser Ansatz ist insoweit interessant, als Fürst damit signalisiert, dass auch der Raumplanung ein Markt zu Grunde liegt, der von Anbietern und Nachfragern bestimmt wird.
Die darauf aufbauenden Kapitel (Kapitel II – VII) befassen sich mit organisatorischen Fragen der Raumplanung. Neben grundsätzlichen Themen der Aufbauorganisation, wird insbesondere die Organisation der Raumplanung auf der Ebene des Bundes, der Länder, der regionalen Ebene sowie auf der Ebene von Städten und Gemeinden (Raumplanung in den Stadtstaaten und Bauleitplanung) sowie die grenzüberschreitende Regionalplanung innerhalb Deutschlands thematisiert. Interessant ist dabei, dass Fürst bei der Diskussion der organisatorischen Verankerung der Raumplanung verschiedene Modelle in den einzelnen Bundesländern darstellt und durchaus einer entsprechenden Bewertung unterzieht. Dies betrifft sowohl die Organisation der Landesplanung als auch jene der Regionalplanung.
Aktuell und von grosser fachlicher Reichweite ist die Diskussion der Regionalplanung als Stadtumland-Kooperation (Kapitel VIII). Fürst geht dabei nicht nur auf die verschiedenen in Verdichtungsräumen bestehenden Herausforderungen ein, sondern nimmt eine Darstellung und Einschätzung unterschiedlicher Organisationsformen der Stadt-Umland-Kooperation vor. Wünschenswert wäre es hier gewesen, wenn die Darstellung, Analyse und Diskussion der Herausforderungen für Verdichtungsräume etwas differenzierter und umfangreicher zum Ausdruck gekommen wäre, stellen sich doch die fachlichen Handlungsbedarfe beispielsweise in den süddeutschen Verdichtungsräumen Stuttgart oder München anders dar als beispielsweise in den Regionen Hannover oder Hamburg.
Ein überaus interessantes Kapitel (Kapitel IX) befasst sich mit der Politikberatung in der Raumplanung. Auch hier wäre es sehr wünschenswert gewesen, wenn die verschiedenen Funktionen von Politikberatung sowohl auf der Seite der Anbieter als auch auf der Seite der zu Beratenden dargelegt worden wären. Dieses Kapitel umfasst leider nur vier Seiten, was angesichts der Bedeutung dieses relativ neuen Themenfelds ausbaufähig gewesen wäre.
Ebenfalls ausbaufähig wäre das 10. Kapitel zu Fragen der kooperativen Planungsansätze ausserhalb der Regionalplanung gewesen. Interessant sind dabei sind die Überlegungen der Aufwertung der Regionalebene für die Selbststeuerung sowie die Diskussion, ob ein regionaler Wettbewerb ein Steuerungsmodell darstellen könnte.
Relativ breiten Raum widmet Fürst im Kapitel XI dem Thema Raumplanung und Fachplanung, wobei insbesondere dem Exkurs in Kapitel VII zu Fragen der Landschaftsplanung breiter Raum eingeräumt wird.
Eher Fragen der Methodik, der Ablauforganisation und der Planungsverfahren sind Gegenstand von Kapitel XIII und XIV. Wichtig erscheinen dabei insbesondere die Ausführungen zu Abwägungsprozessen, zu Beteiligungsverfahren sowie zu den SUP-Verfahren. Nicht uninteressant sind in diesem Kapitel auch die Ausführungen zu den Umsetzungsinstrumenten, wobei auch hier eine breitere Diskussion förderlich gewesen wäre.
In Kapitel XV wird die Frage des Verrechtlichungsprozesses gegenüber Endbürokratisierungsprozessen angesprochen, wobei sich gerade im Bereich der Raumplanung hier nicht zwingend ein Gegensatz ableiten lässt. Bei Kapitel XVI, das sich mit der informellen Ablauforganisation befasst (z. B. Mediation und Moderation), wäre es wünschenswert gewesen, dieses im Anschluss an Kapitel XIII (Ablauforganisation der Raumplanung) zu integrieren.
Die drei letzten Kapitel befassen sich mit Fragen der Steuerung durch Raumplanung, Planungsinstrumenten sowie Planung als politischer Prozess. Hier greift Fürst sowohl die klassischen als auch die neueren instrumentellen Steuerungsansätze auf, wobei gerade diese drei Kapitel lehrbuchartigen Charakter aufweisen. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass auch die Relevanz der Instrumente in der Praxis ebenso diskutiert werden wie eine Gesamteinschätzung des planerischen Instrumentariums vorgenommen wird (S. 217 ff.).
In einem Fazit geht Fürst der Frage nach, «warum die formale Institutionalisierung für die Raumplanung wichtig ist». Dabei greift er durchaus auch aktuelle Themen auf, beispielsweise, ob die Ebene der Regionalplanung noch gebraucht wird, und stellt ferner die Frage, ob es eine «Idealorganisation» für die Regionalplanung gibt. Dabei geht Fürst auch auf die Bedeutung von Planungsverbänden ein und stellt die Herausforderungen in diesen Verbänden dar (z. B. Gewinnung von qualifizierten Personal, Karriereleitern für dieses Personal u. a. m.).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die politischen und verwaltungswissenschaftlichen Grundlagen und die institutionellen Besonderheiten der deutschen Raumplanung im Mittelpunkt dieser Publikation stehen. Insgesamt ist die Monographie sehr lesenswert, was vor allem auch mit deren hohen Systematik zusammenhängt. Auch wenn das eine oder andere Kapitel einer breiteren Diskussion bedurft hätte, so liegt der Vorteil der gesamten Publikation zweifelsohne auch in der Kompaktheit und in der punktgenauen und zielgerichteten Darstellung der einzelnen Themenbereiche und Herausforderungen, die das System der Raumplanung derzeit aufweist.
Gabi Troeger-Weiß
Quelle: disP 187, 4/2011, S. 102
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