John Bryden, Keith Hart: A New Approach to Rural Development in Europe. Germany, Greece, Scotland, and Sweden. Lewiston, N.Y. et al. 2004 (Mellen Studies in Geography 9). 403 S.

Ländliche Räume sind je nach Definition durch eine periphere Lage zu den Hauptwirtschaftszentren und Verdichtungsräumen, geringe Bevölkerungsdichte und schwerwiegende Mängel im Bereich der Erwerbs- und Infrastruktur gekennzeichnet. Politische Entscheidungsträger versuchen innerhalb der europäischen Union, diese strukturellen Schwächen durch Struktur- und Kohäsionspolitik zu reduzieren.

In der Europäischen Union herrschen unterschiedliche Meinungen, wie und in welchen Umfang diese Förderung in Zukunft weitergehen soll. Vor dem Hintergrund dieser Diskussion fand das 2001 abgeschlossene EU-finanzierte Projekt "DORA" (Dynamics of Rural Areas) statt, an dem neben den Herausgebern des Buches John Bryden und Keith Hart auch verschiedene europäische Forschungsinstitutionen teilnahmen. Im Kern des Projekts stand die Frage: Warum besitzen ländliche Räume mit vergleichbaren ökonomischen und natürlichen Rahmenbedingungen oft eine unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit? Um dieses zu klären untersuchten die Forscher die Wirkung unterschiedlicher Einflussfaktoren. Aus diesem Wirkungsgefüge leiten Bryden und Hart politische Handlungsempfehlungen ab. Methodisch stützt sich die Forschungsarbeit auf den Vergleich erfolgreicher und weniger erfolgreicher Regionen in Schottland, Deutschland, Griechenland und Schweden auf der Basis von Sekundärdaten und Interviews. Theoretische Grundlagen bilden unter anderem die Ansätze zu Industriedistrikten und Embeddedness. Das erste Kapitel stellt das DORA Projekt, seine Fragestellung, sowie seine theoretischen und methodischen Grundlagen vor. Danach folgen empirische Analysen zu den vier Ländern. In diesen werden jeweils eine erfolgreiche und eine weniger erfolgreiche Region durch Forscher des DORA-Projekts untersucht. Am Ende stehen ein Vergleich und ein Kapitel mit allgemeinen Erkenntnissen und Handlungsempfehlungen. Bryden und Hart zeigen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ländlicher Räume nicht nur durch harte ("tangible", z.B. natürliche Ressourcen und Wirtschaftstruktur), sondern auch durch weiche ("intangible") Faktoren (z.B. Kooperationsfähigkeit und Traditionen) beeinflusst wird. Die erfolgreicheren Beispielregionen zeichnen sich im Gegensatz zu den weniger erfolgreichen oft durch intensive Vernetzungen, gegenseitigen Wissensaustausch und Gemeinschaftssinn aus. Aus diesen Erkenntnissen leiten Bryden und Hart Handlungsempfehlungen ab, die auf eine stärkere Abkehr von der derzeit konzentrierten finanziellen Förderung landwirtschaftlicher Betriebe hin zu einer ganzheitlichen Förderung ländlicher Räume zielen, bei der auch die skizzierten weichen Faktoren beachtet werden sollen. Eine solche Förderung charakterisieren sie dabei durch insgesamt acht Handlungsempfehlungen (unter anderem in den Bereichen Transferleistungen, Bürokratie und Interessenvertretungen). Die Berücksichtigung weicher Faktoren und die betonte Abwendung von der derzeitigen Agrarpolitik hin zu einer ganzheitlichen Förderung ländlicher Räume stellen im Kern den von den Autoren dargestellten neuen Ansatz dar. In der Tat werden weiche Faktoren erst in jüngerer Zeit in Konzepten zu ländlichen Räumen aufgegriffen und besitzen in der Förderung ländlicher Räume bisher nur einen begrenzten jedoch wachsenden Stellenwert. Obwohl die empirische Datengrundlage teilweise nicht mehr auf dem neuesten Stand ist, doch befasst sich die Arbeit mit einem Thema von einer aktuellen Relevanz, die sich durch den EU-Beitritt der überdurchschnittlich stark agrarisch geprägten neuen Mitgliedsstaaten aus Mittel- und Osteuropa 2004 noch einmal verstärkt hat. Ein lesenswertes Buch für all diejenigen, die sich mit den Potenzialen und Steuerungsmöglichkeiten wirtschaftlicher Entwicklung im ländlichen Raum beschäftigen.

Autor: Peter Dannenberg

 

Quelle: Die Erde, 136. Jahrgang, 2005, Heft 4, S. 431