Angela McRobbie: The Aftermath of Feminism: Gender, Culture and Social Change. Los Angeles-London 2008. 192 S.; dt. Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Wiesbaden 2010.

Verf. untersucht den Postfeminismus und definiert ihn als eine "Position, die durch eine neue Art antifeministischen Ressentiments bestimmt ist, das anders ist als der ›Backlash‹ gegen die scheinbaren Erfolge, die durch feministische Aktivitäten in den 1970er und 80er Jahren erlangt wurden. Etwas Unerwartetes war geschehen. Feministische Elemente wurden aufgenommen und dem politischen und institutionellen Leben einverleibt." (10) Man möchte denken, dass dies eine positive Sache ist. Aber das heißt nicht, dass der Feminismus all seine Ziele erreicht hat; stattdessen, so Verf., wurden die kollektiven Ideale in einen individualistischen Diskurs transformiert und das feministische Vokabular von etwas, das sie einen ›faux feminism‹ nennt, übernommen (1). Junge Frauen dürfen wählen. Im Angebot steht genau das, wofür die Feministinnen gekämpft hatten, aber diese Wahlmöglichkeiten stimmen mit dem zügellosen Individualismus überein.

 

Nach Auffassung der Verf. hat sich der akademische Feminismus selbst abgebaut, z.B. durch seine Fragen nach Verschiedenheit und durch die Kontroverse darüber, wer eigentlich für Frauen sprechen dürfe, sodass es schwierig wurde, verallgemeinernde Aussagen über Frauen zu machen. Diese Kritik des Essenzialismus war ein wichtiger Schritt, der die Feministinnen dazu zwang, die Grundlagen ihrer Theorien zu problematisieren. Auch in der Popularkultur gebe es "einen Abbau von Feminismus nicht im Sinne einer Retraditionalisierung, Frauen werden nicht ins Heim zurückgedrängt, sondern zunehmend scheint durch, dass Feminismus nicht mehr gebraucht werde, er gehört jetzt zum Commonsense und ist daher für junge Frauen überflüssig" (8). Dies ist ein recht trostloses Bild vom gegenwärtigen Feminismus. Es darf bezweifelt werden, dass der akademische Feminismus sich durch Infragestellung des politischen Subjekts Frau blockierte; Feminismus, gender studies und queer studies sind starke, wenn auch umstrittene Stimmen innerhalb der intellektuellen Debatte. Sicher hat der Feminismus nicht den gleichen Status wie in den 80er Jahren, wurde aber vielleicht auch allgemeiner, sodass seine Fragen von allen aufgegriffen werden können, statt bloß von Feministinnen. Für die Popularkultur scheint die Analyse jedoch zutreffend. Feminismus an sich ist für viele junge Frauen keine Option, wenngleich bezweifelt werden muss, dass sie sowohl das Attribut ›feministisch‹ zurückweisen als auch gleichen Lohn, das Recht auf bezahlte Erziehungszeit für Mütter und gleiche Repräsentation im Parlament, das Recht von Frauen, Bischöfinnen zu werden usw. für selbstverständlich halten, wie Verf. behauptet. Auch ihre Schlussfolgerung, dass "Feminismus schon gestorben sein muss, um anerkannt zu werden" (12), ist nicht unbedingt zutreffend; vielmehr kann man aus der Fortdauer seiner Forderungen, selbst wenn sie nicht feministisch genannt werden, studieren, wie er Teil des Mainstream geworden ist.

In früheren Arbeiten, die auf den Arbeiten Michel de Certeaus basierten, legte Verf. nahe, dass Frauen und andere benachteiligte Menschen mit der Konsumkultur zurechtkommen und im Prozess, darin einen Sinn zu finden, Widerstand ausbilden könnten. Sie sagt jetzt, dass der zentrale Gedanke, dass Frauen sich aus der Konsumkultur konstruieren, "die Prinzipien, auf denen der Kapitalismus basiere" nicht in Frage zu stellen brauche (3). Sie fragt, was diese subversiven Strategien, die der populären Kultur einen oppositionellen Sinn abrangen, eigentlich erreichten. Ihre neue Position scheint nicht länger die Fähigkeit von Frauen zu feiern, zurechtzukommen, als vielmehr sich selbst und die kulturelle Sache zu verändern. Diese neue Position ist im Ganzen negativer und trostloser, weil sie davon ausgeht, dass "Frauen derzeit entmächtigt werden und zwar eben durch den Diskurs der Selbstermächtigung, der ihnen als Substitut für Feminismus angeboten wird" (49).

Wie in ihren früheren Arbeiten konzentriert sich Verf. auf junge Frauen. Sie zeichnet deren mögliche Positionen auf: postfeministische Maskerade (in der nach feministischen Zielen innerhalb eines individualistischen Rahmens gestrebt wird), die Gestalt des arbeitenden Mädchens (finanziell unabhängig), das potente (das selbstbewusste) und das globale Mädchen. Alle diese Rollen bieten jungen Frauen die Möglichkeit von Freiheit und Veränderung, dies aber nur, wenn sie den feministischen Diskurs nicht übernehmen. Verf. führt vor, wie die populäre Kultur und die Regierungsinstitutionen den jungen Frauen diese Rollen anbieten. Wir können erkennen, wie die Kampagnen für sexuelle Gleichberechtigung der 1960er und 70er Jahre Frauen hervorgebracht haben, die sexuell ›befreit‹ sind, dass aber diese ›Befreiung‹ stark im Interesse der Männer wirkt (ihre Analyse von ›pole-dancing‹ und ›lapdancing‹ ist besonders gelungen). Sie zeigt, dass jungen Frauen gesagt wird, dass sie gleich seien, dass sie ihre Zukunft wählen könnten und zugleich, dass diese Gleichheit mysteriös daherkommt, ohne eine Anpassung oder dramatische Veränderung auf Seiten der patriarchalen Autorität zu erfordern (105). Auf diese Weise wird die Geschichte der feministischen Kämpfe ausgelöscht.

Einige Texte in diesem Buch basieren auf bereits veröffentlichten Arbeiten, so etwa das ausgezeichnete Kapitel über die Fernsehserie What not to wear, in dem sie die beiden Mittelklassenfrauen kritisch vorführt, deren Rolle als ›Expertinnen‹ darin besteht, Frauen aus der Arbeiterklasse zu demütigen, weil sie keinen guten Kleidergeschmack haben. Gut ist auch ihr Tagebuch der Bridget Jones, dieses als Buch und Film so beliebte Stück für feministische Analyse. Sie zeigt überzeugend, dass Bridget ihre Weiblichkeit zurückgewinnen will, ohne zu explizieren, dass es der Feminismus ist, der dies für sie schwierig macht. "Es scheint, dass der Feminismus Frauen ihre wohlgehüteten Genüsse geraubt hat, d.h. die Romanze, den Klatsch und die obsessive Beschäftigung mit der Frage, wie man einen Mann kriegt." (21) Verf. behauptet, dass das Publikum möchte, dass Bridget das bekommt, was sie will, nämlich sowohl Unabhängigkeit als auch den ›Mann ihrer Träume‹. Wir sehen hier exemplarisch, wie Feminismus unterlaufen und in einen ungezügelten Individualismus transformiert wird. Die Analyse des Films Fatal Attraction von 1987 macht deutlich, dass Frauen, die offen sexuell sind, als geistig gestört gezeigt werden, außer Kontrolle, keinen Regeln mehr folgend, im Gegensatz zur Gestalt des gehorsamen Weibes. Der Film erzeuge eine kulturelle Sensibilität, die Männern das Gefühl erlaubt, dass sie von Frauen ins Unrecht gesetzt wurden (36). Und er scheint nahezulegen, "dass Männer jetzt zu Recht antagonistische Gefühle gegen Frauen hegen, die irgendwie zu selbstbewusst, zu unabhängig, zu sehr fähig sind, Männer sexuell auszubeuten" (37). - Sporadisch versucht Verf. Homosexualität (in ihrer Partnerschaftsanalyse) und Rasse (in ihrer Analyse schwarzer Modelle in Zeitschriften) zu integrieren. Dies hätte im gesamten Buch konsequenter durchgeführt sein müssen.

In ihrer Kritik von Gendermainstreaming und des ›dritten Feminismus‹ hinterfragt Verf. den positiven Feminismus. Sie kritisiert, dass feministische Forderungen in den Mainstream einverleibt werden statt sie außerhalb zu suchen, weil dies den Feminismus in eine Passform mit Regierungsforderungen bringe. Gendermainstreaming zeige nur, dass der feministische Aktivismus der Vergangenheit nicht länger notwendig sei. Der Begriff ›dritter Feminismus‹ wird dafür kritisiert, dass er "eine lineare Fortschrittsgeschichte über Generationen hinweg" unterstelle, welche die Komplexität feministischen Theoretisierens nicht erfasse. Aber erfasst diese Kritik die Komplexität und Lebendigkeit des ›dritten Feminismus‹?

Es ist ein herausforderndes Buch, das keine Fortschrittsagenda für einen Feminismus im postfeministischen Zeitalter anbietet. Für uns, die wir immer noch mit einem feministischen Paradigma arbeiten, stellt Verf. schwierige Fragen. Aber vielleicht können wir nur einen neuen Feminismus entwerfen, wenn wir uns mit ihrer Sicht auseinandersetzen.
Sara Mills (aus dem Englischen von Frigga Haug)

Quelle: Das Argument, 53. Jahrgang, 2011, S. 130-132

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