Jasmin Küspert: Kunsteinrichtungen im ländlichen Raum. Geographische Aspekte künstlerischer Einrichtungen abseits ihrer kernstädtischen Traditionsstandorte. Bamberg (Bamberger Geographische Schriften 25) 2011. 316 S.

Auch wenn der Begriff "Kunsteinrichtungen" im Titel der Arbeit etwas sperrig ist, das, was Jasmin Küspert in ihrer 2008 bei Hans Becker abgeschlossenen Dissertation vorlegt, ist eine gelungene Studie über die Frage, welche Beziehungen zwischen professionellen Konzerten, Betrieb von Theatern und Theateraufführungen, Angeboten der Kunst in Galerien, Kunstausstellungen und an Künstlerwohnsitzen einerseits und dem ländlichen Raum andererseits bestehen.

Sie untersucht, gestützt auf eine beeindruckende Zahl selbst erhobener Daten aus vielen deutschen Landstrichen und kartographisch prägnant dargestellt, dieses Verhältnis an suburbanen Standorten ebenso wie in peripheren Räumen, in Orten und Landschaften mit und ohne touristischer Prägung. Damit leistet sie Pionierarbeit, denn Kunst im weitesten Sinne hat die deutsche Geographie bisher bestenfalls für (Groß-)Städte zum Gegenstand ihrer Forschungen gemacht. Zunächst stellt sie die Genese der Verortung künstlerischer Aktivitäten abseits der Städte dar und betont, dass nicht allein der Prozess der Suburbanisierung dafür ausschlaggebend ist, sondern z.B. Persistenzen im Theaterwesen seit dem 18. und 19. Jh. bestehen. Generell hänge es allerdings häufig von dem ausgeprägten Engagement einzelner Persönlichkeiten ab, ob "Kunsteinrichtungen" im ländlichen Raum entstehen. Gerade die Möglichkeit, historischen Gebäuden damit neues Leben zu bescheren, bilde ein verbreitetes Motiv. Die meist niedrigeren Kosten für die Raumnutzung erwiesen sich zudem für viele Künstler als attraktiv. Lohnt sich der Aufwand für Veranstalter und ländliche Regionen, hier Musik, Theater und Kunst anzubieten?  Hier fällt ihre Antwort differenziert aus. Grob vereinfacht könnte man sagen, Musik rechnet sich für die Anbieter besser als Theater und erst recht besser als bildende Kunst, aber so einfach geht das nicht. Im Einzelfall spiele sehr wohl eine Rolle, ob die Veranstaltungen in einem touristischen Umfeld oder in engerer Umgebung einer großen Stadt stattfinden. Hier kehre sich die übliche Zirkulationsrichtung zwischen Stadt und Umland geradezu um. Persistenzen im kulturellen Angebot gelten mehr für Konzerte und vor allem Theater als für die stark vom jeweiligen Künstler abhängige bildende Kunst. Von den durch "Kunsteinrichtungen" induzierten Wertschöpfungseffekten profitieren besonders Gastronomie und Unterkunftsgewerbe, mehr im suburbanen und touristischen Raum als in der Peripherie. Insgesamt eröffnet Jasmin Küspert mit ihrer Arbeit einen fundierten und erfreulich differenzierten geographischen Blick auf eine zunehmende Art von Veranstaltungen, mit denen ländliche Räume ihre Attraktivität oft saisonal für den Tourismus und zugleich ihre Einwohner unter Beweis stellen oder stellen möchten. Staatliches und privates Sponsoring der "Kunsteinrichtungen" ist allerdings immer willkommen und häufig unabdingbar.
Jürgen Haffke

Quelle: Erdkunde, 65. Jahrgang, 2011, Heft 4, S. 424-425