Hanspeter Buba, Jochen Grötzbach und Rolf Monheim (Hg.): Nachhaltige Mobilitätskultur. Mannheim (Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung 22) 2010. 230 S.

Wenn die beiden Brüder Rolf und Heiner Monheim aus Bayreuth bzw. Trier an einem Buchprojekt beteiligt sind, ist Engagement und Herzblut zu erwarten. Dies bestätigt sich in der jüngsten, rd. 200 Seiten umfassenden Studie zur nachhaltigen Mobilitätskultur, die von den drei Autoren Hanspeter Buba, Jochen Grötzbach und Rolf Monheim federführend verantwortet wird. Die Veröffentlichung stellt ein Gemenge aus einem Abschlussbericht eines UBA-Forschungsprojekts mit dem etwas sperrigen Titel ?Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitskommunikation über die Neubestimmung der Mobilität aus kulturpolitischer Sicht“ sowie einigen Beiträgen dar, die für einen Workshop zu diesem Forschungsprojekt entstanden und in einen durchlaufenden Text in dem Buch integriert sind. Die einzelnen Beiträge, die im Rahmen des Workshops geschrieben wurden und einzelne Abschnitte des Buches darstellen, stammen von Jeffrey Hands, Silvia Körntgen, Heiner Monheim und Annette Rauterberg-Wulff.

 

Trotz aller guten Argumente, den Autoverkehr zu reduzieren, ist das Verkehrswachstum in den letzten Jahren ungebrochen. Deshalb versuchen die Autoren der Studie, jenseits der ökonomischen und politischen Gründe neue Ansatzpunkte zu finden, den Gebrauch des Autos über das Konsumverhalten und die Alltagsroutinen ihrer Nutzer zu erklären. Ziel der Studie ist es, ?eine kulturpolitische Perspektive von Mobilität“ zu entwickeln und daraus ?strategische Überlegungen zur Kommunikation nachhaltiger Mobilitätskultur“ abzuleiten. Eine bisher weitgehend erfolglose Politik gegen das Auto hat die Autoren also veranlasst, für eine andere, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Politik in den Bereich der Kultursoziologie einzutauchen.

So erfährt der Leser in dem Buch dann zunächst einiges über eine veränderte Organisation und Struktur des wissenschaftlichen Arbeitens im Rahmen einer sozialökologischen Forschung, über die kulturelle Dimension von Nachhaltigkeit und über partizipative Vorgehensweisen für eine Politik der Nachhaltigkeit, um daraus im Sinne einer Kulturanalyse das Phänomen der Mobilität besser zu verstehen – immer mit dem Ziel, strategische Überlegungen zur Kommunikation einer nachhaltigen Mobilitätskultur zu entwickeln.

Es werden dann in einzelnen Abschnitten die bisherigen Forschungserkenntnisse zum Zusammenhang von Lebensstilen und Mobilität zusammengetragen, die Ideen zu einer Typisierung von ?ökologischen Sozialcharakteren“ auf den Aspekt der Mobilität bezogen sowie die soziologische Analyse von Lebenswelten mit Mobilitätsmustern in Verbindung gebracht. Andere Abschnitte sind auf die Genderperspektive zum Themenfeld Mobilität gerichtet bzw. stellen eine Studie zu ortsspezifischen Mobilitätskulturen am Beispiel der Nutzung des Fahrrades vor.

Es geht dann weiter mit Überlegungen zur ?symbolischen Vermittlung von Mobilität“. Dahinter verbirgt sich in einem ersten Schritt eine interessante Analyse der Werbestrategien für das Auto, um dann in einem zweiten Schritt die Erfolgsfaktoren aus der Autowerbung auf einige Beispiele zu beziehen, die sich einer umweltgerechten Mobilität verschrieben haben. In einem nächsten Abschnitt werden schließlich die Ziele, Formen und Chancen von Marketing bzw. Social Marketing für eine nachhaltige Mobilität diskutiert. Dabei dienen die beiden Institutionen ?Kindergärten“ und ?Kirche“ als Beispiele, wie die Ziele einer nachhaltigen Verkehrspolitik verankert werden könnten. Schließlich bietet das Buch einen eigenen Abschnitt über allgemeine gesellschaftliche Trends, die in ihren Folgen auf die Mobilität untersucht werden.

Es bleibt resümierend festzuhalten, dass sich die unterschiedlichen Ansatzpunkte der verschiedenen Autoren in ihren jeweils eigenen Schreibstilen recht deutlich in dem Buch zeigen. So wechseln sich die einzelnen Abschnitte zwischen eher grundsätzlichen Gedanken und einem theoretischen Anspruch mit anwendungsbezogenen Überlegungen zu konkreten Maßnahmen und praktischen Anleitungen ab, wie Mobilität zukünftig umweltgerecht gestaltet werden könnte. Ein konsistentes Theoriegebäude einer nachhaltigen Mobilitätskultur wird dabei nicht entwickelt und ist letztendlich wohl auch nicht das Ziel des Buches. Vielmehr geht es den Autoren darum, neue Strategien für eine alternative Verkehrspolitik gegen das Auto aus ihren kulturpolitischen Perspektiven abzuleiten – und hier bietet das Buch viele anregende Gedanken, bei denen abzuwarten bleibt, ob es gelingt, sie in eine konkrete alternative Verkehrspolitik einzubinden.

Claus-C. Wiegandt, Bonn

Geographische Zeitschrift, 100. Jg. 2012, Heft 4, S. 247-248

 

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