Peter Meusburger (Hg.): Wissenschaftsatlas der Universität Heidelberg. Knittlingen 2011. 388 S.
Jede Universität könnte sich glücklich schätzen, wenn sie zu ihrem Jubiläum ein solch eindrucksvolles Atlaswerk als Festschrift der Öffentlichkeit präsentieren könnte, wie es jetzt zum 625-jährigen Geburtstag der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg geschehen ist. Auf fast 400 Seiten enthält der opulente und einzigartige Atlas über 100 einzelne Beiträge mit fast 250 verschiedenen thematischen Karten und zahlreichen weiteren erläuternden Graphiken. Viele Fotos aus den früheren Zeiten illustrieren die einzelnen Texte zur langen Geschichte der Ruperto Carola, wie die älteste Universität in Deutschland seit 1805 auch bezeichnet wird. Aber auch aktuelle Fotos weisen auf die Rolle der Universität in der heutigen Gesellschaft hin.
Das großartige Werk ist in einer Kooperation zwischen dem Geographischen Institut der Universität Heidelberg und dem Institut für Länderkunde in Leipzig entstanden. Es ist den beiden Herausgebern Peter Meusburger und Thomas Schuch gelungen, über 130 Autoren aus ganz unterschiedlichen Fachdisziplinen zu gewinnen, um die Heidelberger Universität, aber darüber hinaus auch die Heidelberger Wissenschaftslandschaft in ihren vielfältigsten Facetten darzustellen. Sicherlich hat auch die Profession des derzeitigen Rektors Bernhard Eitel dazu beigetragen, dass eine Festschrift dieser Form möglich wurde. So belegen zahlreiche Weltkarten die reichhaltigen internationalen Verflechtungen der Universität in alle Teile der Erde, und gleichzeitig verdeutlichen die Stadtkarten aber auch die Einbindung der Universität in das städtische Gefüge.
Nach einer kurzen einordnenden Einführung des Herausgebers wird in einem ersten Teil die Geschichte der Universität bis zum Zweiten Weltkrieg vorgestellt. Schon in diesem Teil wird in einigen der rund 40 Beiträge deutlich, welche hohe internationale Bedeutung die Universität seit jeher besitzt. Exemplarisch steht hierfür eine eindrucksvolle Karte zur wissenschaftlichen Ausstrahlung des Schülerkreises des Nationalökonomen Alfred Weber. Über andere Karten wird aber ebenso die sehr enge Verbindung der Universität mit dem Alltagsleben der Stadt verdeutlicht. Als ein Beispiel kann dazu eine Karte der Wohnungen von Studenten und Professoren im Jahr 1588 dienen.
Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg werden zunächst die einzelnen Fakultäten und wissenschaftlichen Einrichtungen der Universität vorgestellt. Es ist beachtlich, dass es den Herausgebern gelungen ist, alle Autoren auf eine Darstellung ihrer Sachverhalte in thematischen Karten zu verpflichten. So stellen etwa die Theologen die Geburtsorte ihrer über 400 Promovierten seit 1984 in Deutschland und der Welt in zwei Karten dar und dokumentieren damit ihre nationale und internationale Bedeutung für die wissenschaftliche Ausbildung. Andere Fakultäten, wie etwa die Mathematik oder Informatik, nutzen die Her- bzw. Fortberufungen, um die nationalen oder internationalen Verflechtungen in ihren Fächern zu zeigen. Beeindruckend ist eine Karte zu den Vortragsreisen ins Ausland, die der Nobelpreisträger Harald zur Hausen im Jahr 2009 nach der Verleihung des Preises unternommen hat. Die 38 Reisen haben ihn – bis auf den australischen Kontinent – zum Teil mehrfach auf alle Kontinente geführt. Aber auch in diesem Teil des Buchs gibt es zahlreiche interessante Karten, die den Bezug der Universität zur Stadt herstellen – etwa eine Karte zu den Schauplätzen der wichtigen Ereignisse der Studentenunruhen Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre oder eine andere Karte, die die Verteilung der Einrichtungen des Studentenwerks im Stadtgebiet zeigt.
In einem dritten Teil des Atlasses werden schließlich die räumlichen Verflechtungen des Wissenschaftsstandorts Heidelberg dargestellt. Internationale Beziehungen und Einzugsbereiche im Rahmen der vielfältigen Austauschprogramme für Studierende beeindrucken hier ebenso wie verschiedene Darstellungen zur Rolle der Universität für die Stadt- und Regionalentwicklung. Der derzeitige Oberbürgermeiser der Stadt Eckart Würzner, ein Geograph aus dem Institut in Heidelberg, ist hier ein Autor, der die enge Verknüpfung von Stadt und Wissenschaft auch für die Zukunft in Form einer Karte der vorhandenen und geplanten Orte der Wissenschaften im Stadtgebiet darstellt.
Man merkt es dem Atlas in allen Teilen an, dass er sich auf die langjährige Erfahrung der kartographischen Abteilung des Instituts für Länderkunde stützen kann. Die Komposition von thematischen Karten in unterschiedlichen Maßstäben, Graphiken, brillanten Fotos und erläuternden Texten erinnert stellenweise an den 12-bändigen Nationalatlas und kann von den reichhaltigen Erfahrungen profitieren. Es macht große Freude, durch dieses Altlaswerk zu blättern und in einzelne Beiträge hineinzulesen. Jeder Leser wird seine eigenen Stellen finden, an denen er – inspiriert durch die auch ästhetisch ansprechenden Karten – hängen bleiben wird und sich in einzelne Sachverhalte vertiefen wird.
Jedem, der sich mit der Universität Heidelberg verbunden fühlt, jedem der Interesse am Zusammenhang von Wissenschaftseinrichtungen und Raumentwicklung hat, und jedem, der ein Faible für thematische Kartenwerke hat, sei dieses opulente Werk ohne Einschränkung empfohlen – die einzige Hürde dabei ist der hohe Anschaffungspreis.
C.-C. Wiegandt, Bonn
Geographische Zeitschrift, 101. Jg. 2013, Heft 2,· S. 123-124
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