Hanna Bremer: Die Tropen: Geographische Synthese einer fremden Welt im Umbruch. Stuttgart 1999. 428 S.
Das Werk HANNA BREMERS beruht auf insgesamt dreijährigen Forschungsreisen in Tropenländern und umfangreicher Literatur. Die Darstellung scheint aus Vorlesungen hervorgegangen: In vielen Passagen meint man, Frau Bremer zum Auditorium sprechen zu hören, keineswegs in trockenem akademischem Vortrag, sondern temperamentvoll und lebendig. Dementsprechend bedarf der gedruckte Text der Ergänzung durch Atlaskarten, so wie eine Vorlesung sich auf Wandkarten bezieht. Der Untertitel zeigt an, daß nicht Abrundung, sondern Zuspitzung auf eine fremde Welt im Umbruch erstrebt wird. Der Leser wird so, ausgehend von allgemeinen Gesichtspunkten, an die Tropen heran- und in die Problematik der Tropenländer eingeführt, daß unterschiedliche Perspektiven sich zu einer ökologischen Betrachtung verdichten, die eine Bewertung zuläßt.Selbstverständlich gehen die Perspektiven vom Standpunkt der Autorin aus, der bei der Kennzeichnung des Forschungsstandes durch ihre eigenen Arbeiten, bei der Bewertung der Sachverhalte, besonders im kulturgeographischen Bereich, durch die westlich geprägte Weltanschauung des modernen Groß- und Weltstädters gegeben ist. Infolgedessen liegt das Augenmerk weniger auf Landschaften und Ländern, die großflächig Räume der Verharrung sind, sondern mehr auf den Veränderungen, die punkt- und linienförmig in die Tropen eingreifen. Damit wird didaktisch geschickt an den mutmaßlichen Erfahrungs- und Wahrnehmungsbereich der Zielgruppe: Schüler der Oberstufe, Studenten in den
Anfangssemestern, interessierte Laien, angeknüpft.
Standpunkt und Perspektive verzerren natürlich die Größenverhältnisse und geben Anlaß zu Kritik, wenn von anderen Standpunkten aus andere Perspektiven gewählt werden. Solche Detailkritik würde dem Charakter dieses Buches nicht gerecht werden. Sein Ziel ist nicht, den Gegenstand abschließend und erschöpfend darzustellen, sondern einzuführen und Interesse, Widerspruch eingeschlossen, hervorzurufen. Ärgerlicherweise sind die Seiten 357 bis 388 falsch eingeheftet und zwischen das Literaturverzeichnis geraten. Auch dadurch erscheinen die Kap. 15 und 16 als eine Art Appendix.
Autor: Jürgen Hövermann