Sabine Hafner: Strategien zur Aufwertung von Stadtquartieren und zur Qualifizierung von benachteiligten Menschen. Soziale Unternehmen in München, betrachtet aus einer konstruktivistischen Perspektive. Passau 2003 (Münchener Geographische Hefte 84). 205 S.
Die vorliegende Fallstudie über "Quartiere der sozialen Exklusion", oder nach älterem Duktus "soziale Brennpunkte", in München will neben der Aufdeckung von Hintergründen und Akteuren bei der - negativen - Bedeutungszuschreibung für solche Stadtviertel auch Ansatzmöglichkeiten für Veränderungen identifizieren.
Die Autorin greift hierbei die jüngere Diskussion um eine "neue" Kultur- oder auch Politische Geographie auf, indem sie sich dezidiert auf poststrukturalistische Ansätze bezieht. Hierbei stützt sie sich insbesondere auf die differenztheoretischen Überlegungen von Derrida und deren Bedeutungsinhalte einerseits der "Unterscheidung" und "Andersheit" sowie andererseits der "Verschiebung" und des "Wandels". Ausgehend vom letztgenannten Begriffspaar, welches laut Derrida das hierarchische Denken in eines des Nebeneinanders wandelt, versucht die Autorin, über die Analyse hinaus auch "Möglichkeiten des Umstürzens der Hierarchien" zu identifizieren.
Mit diesem theoretischen Rüstzeug widmet sie sich drei "Sozialen Unternehmen" in Münchener Stadtvierteln, um auf der Ebene der "Gemeinwesen", einem - so die Autorin - gegenüber den meist üblichen administrativen Raumeinheiten dynamischeren Begriffsbild, die Potenziale zur Integration sozial ausgegrenzter Bevölkerungsgruppen zu erfassen. Diese institutionellen Fallstudien werden durch sechs Biographien aus dem Umfeld dieser Institutionen ergänzt, um insgesamt mit einen "Blick von innen" auch Motive und Hintergründe von Handlungsmustern der Betroffenen erfassen zu können. Die unter klassischen Vorgaben nur sehr geringe Samplegröße wird durch die Tiefe der mit standardisierten Erhebungsverfahren schwerlich erfassbaren Informationen ausgeglichen. Somit können anhand individueller Entwicklungspfade durchaus allgemeine Empfehlungen für die institutionelle Gemeinwesenarbeit in stigmatisierten Stadträumen abgeleitet werden, in dem die bisherige Progammarbeit mit den Erwartungen und Lebensentwürfen konfrontiert werden. Dies empfehle sich insbesondere bei solchen Projekten, welche sich an Vermittlungszahlen für den Arbeitsmarkt messen lassen müssen, um die Zielgruppen
spezifischer ansprechen zu können.
Autor: Jürgen Clemens