Marc Brüser: Europäische Regionalpolitik in ländlichen Regionen Schwedens. Theorie und Praxis endogener Regionalentwicklung. Köln 2003 (Kölner Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeographie 55). 337 S.

Die Umsetzung der europäischen Regionalpolitik unterliegt weitestgehend den  Mitgliedsstaaten. In Schweden orientiert man sich bei der Ausgestaltung der Programmpläne am theoretischen Konzept der endogenen Regionalentwicklung. BRÜSER untersucht für die vier südschwedischen 5b-Regionen (rückständige ländliche Räume) anhand folgender Hypothesen, inwiefern die Umsetzung in die Praxis gelungen ist: "A) Die für die südschwedischen 5b-Regionen vorgesehene Ausformung sowie die in diesen Regionen tatsächlich zu beobachtende Umsetzung der europäischen Strukturfondspolitik ist durch das Konzept endogener Regionalentwicklung entscheidend beeinflusst. B) Die in südschwedischen 5b-Regionen gewählte Ausformung der europäischen Strukturfondspolitik ist geeignet, die benachteiligten Regionen im Sinne des Konzeptes endogener Regionalentwicklung zu fördern."

BRÜSER führte 24 leitfadengestützte Experteninterviews mit Akteuren der administrativen und beschlussfassenden Ebene sowie eine standardisierte Befragung unter 850 Projektkontaktpersonen (Rücklauf 58,3%) durch. Des Weiteren fließen Informationen aus offiziellen Veröffentlichungen, einschlägiger Literatur, amtlichen Datenbanken und Projektakten in die Untersuchung ein.
Im Ergebnis werden die aufgestellten Hypothesen weitgehend bestätigt und der schwedischen Strukturfondsarbeit wird insgesamt ein gutes Zeugnis ausgestellt. Die durch das Konzept der endogenen Regionalentwicklung geforderte Nichtintegration der Verwaltung ist durch die ressortübergreifende Ansiedlung der 5b-Sekretariate gegeben. Für die geforderte  Partnerschaft lässt sich sagen, dass Programmplanungs-, Umsetzungs- und Evaluationspartnerschaft zwar angestrebt wurden, allerdings besonders von kleinen privaten Akteuren als mangelhaft empfunden worden sind. Es wird von einer "Partnerschaftslücke" gesprochen. Für den geringen Erfolg der Programmplanungspartnerschaft wird unter anderem der Mangel an Zeit zu Beginn der Strukturfondsarbeit angeführt. Für die geforderte Endogenität wird insgesamt ein guter Bezug auf identifizierbare Entwicklungspotentiale konstatiert. An dieser Stelle wäre die Untersuchung weiterer Einzelprojekte wünschenswert gewesen. Hinsichtlich Durchführung und Ergebnissen der Programme wird Folgendes festgehalten: Die Nichtintegration bewirkt zwar eine gute strategische Steuerung, ist allerdings auch sehr teuer und wirkt teilweise abschreckend auf die Akteure, vor allem die übertriebene Revision. Potentialidentifikation, Informationsverbreitung, die Aktivierung von Akteuren und der Aufbau von Kontakten waren erfolgreich, jedoch war hierbei der Anteil der Entwicklungspartnerschaft gering. Grundsätzlich können zwei Projektkategorien unterschieden werden: solche, die die Förderung der Wirtschaft zum Ziel haben und solche, die den Ausbau kultureller Rahmenbedingungen beabsichtigen. Aus ihnen resultieren verschiedene Effekte hinsichtlich Arbeitsplätzen und der Aktivierung der Bevölkerung. Wenn auch keine allgemein gültige theoretische Einordnung der erzielten Ergebnisse gegeben werden soll, nennt BRÜSER dennoch zwei wesentliche Erkenntnisse, die das theoretische Konzept nicht bestätigen: weder die positive Wirkung einer breit angelegten strategischen Partnerschaft noch der postulierte Zusammenhang zwischen "weichen" Zielsetzungen und einer regionalen Wirtschaftsentwicklung können belegt werden. Mit Blick auf die neue Förderperiode werden sowohl Vor- als auch Nachteile in den größtenteils geringen Neuerungen gesehen, der Erhalt der zugrunde liegenden Strukturen wird jedoch grundsätzlich begrüßt.
Die Studie zeichnet sich durch eine gute thematische Einführung, klare Begriffsdefinitionen, eine sorgfältige Entwicklung der Prüfkriterien, immer wieder erfolgende logische Rückbezüge sowie regelmäßige Zusammenfassungen aus. Die Auswertung der Fragebögen wird von sorgfältig durchgeführten statistischen Prüfverfahren begleitet und alle einfließenden Informationsquellen werden gründlich abgewogen. Insgesamt ist die Analyse klar strukturiert und gut gelungen. Ein kleiner Schönheitsfehler sind die Tabellen zur Fragebogenauswertung. Hier wäre eine ansprechendere grafische Gestaltung wünschenswert.
Neben ihrer theoretischen Bedeutung für die Regionalforschung, den sie trotz des Fallstudiencharakters hat, stellt die Untersuchung eine attraktive Weiterentwicklung herkömmlicher Evaluationen im Rahmen der europäischen Strukturfondsarbeit dar und gibt einen Anreiz für die zukünftige Evaluierungsarbeit.     
Autorin: Anja Quester

Quelle: Erdkunde, 59. Jahrgang, 2005, Heft 1, S. 67