Mattias Kiese: Regionale Innovationspotenziale und innovative Netzwerke in Südostasien: Innovations- und Kooperationsverhalten von Industrieunternehmen in Singapur. Münster, Hamburg 2004 (Hannoversche Geographische Arbeiten, Band 56). 248 S.
Es ist prinzipiell zu begrüßen, dass Regionen junger Industriestaaten zunehmend hinsichtlich der Spezifika des Innovationsverhaltens untersucht werden. Die vorliegende, auf der Diss. des Verf. beruhende Studie fügt sich in eine Reihe methodisch ähnlicher empirischer Arbeiten aus der Hannoveraner Schätzl-Schule ein, die seit Mitte der neunziger Jahre Innovationsaktivitäten und damit verbundene Kooperationsmuster in verschiedenen Ländern erforschen.
Zentrales Ziel ist es, das regionale Innovationspotenzial sowie Kooperationsbeziehungen von Innovationsakteuren in Singapur in vergleichender Perspektive zu untersuchen. Erörtert werden etwa gleichgewichtig drei Themenbereiche, die eher punktuell als systematisch aufeinander bezogen sind: Nach der Auseinandersetzung mit gängigen Theorieansätzen zu Wissen, Innovation, Kooperation und Regionalentwicklung werden die wirtschaftlich-technologische Entwicklung und das Innovationssystems Singapurs im Überlick dargestellt. Schließlich werden die Ergebnisse empirischer Arbeiten präsentiert, die 1999/2000 in Singapur durchgeführt wurden. Methodische Parallelen zu anderen quantitativen Studien werden für vergleichende Aussagen genutzt (Europa: v.a. ERIS-Projekt; Südostasien: Malaysia/Penang und Thailand/Bangkok), allerdings schränken Differenzen bei Samplestruktur, Fragestellungen und Begriffsabgrenzungen die tatsächliche Vergleichbarkeit ein. Auf eine Einordnung der Arbeit in das eher qualitativ argumentierende Schrifttum zu Innovation, Kooperation und Regionalentwicklung in Asiens Schwellenländern wird weitgehend verzichtet.
Erkenntnisgewinne bieten vor allem die sorgfältig recherchierten Erläuterungen zu Singapurs Innovationssystem und technologischer Entwicklung insgesamt sowie (mit Einschränkungen) die Präsentation empirischer Ergebnisse. Letztere fällt relativ zur großen Bandbreite erhobener Informationen und speziell bezogen auf das zentrale Thema Kooperation erstaunlich knapp aus. Es gelingt, Singapurs Errungenschaften auf dem Gebiet betrieblicher Innovativität nachzuweisen, die wichtige Rolle großer multinationaler Elektronikunternehmen zu bestätigen, aber auch Defizite und Rückstände eigenständiger Forschung- und Entwicklung aufzuzeigen. Angesichts der stark zahlenlastigen Darstellung bleibt das Bild des regionalen Innovationsgeschehens und der relevanten Interaktionen jedoch unkonkret und ‚blutleer', zumal auch keine illustrativen Ergänzungen aus Expertengesprächen, ja selten überhaupt Interviewergebnisse integriert sind. Zum innovationsbezogenen Kooperationsverhalten in Singapur erfährt man de facto nur wenig. Über etliche Aussagen und Folgerungen des Autors ließe sich streiten, doch erfüllt die Arbeiet das Ziel, den wissenschaftlichen Diskurs zu bereichern und anzuregen.
Autorin: Martina Fromhold-Eisebith