Jussi Baade, Holger Gertel, Antje Schlottmann: Wissenschaftlich arbeiten. Ein Leitfaden für Studierende der Geographie. Bern, Stuttgart, Wien 2005. 236 S.
Der eine oder andere Studierende der Geographie hat sich vielleicht spätestens bei seiner Abschlussarbeit gefragt, wie man die Arbeit strukturiert, korrekt zitiert, das Literaturverzeichnis erstellt oder was man beim Layout beachten sollte. Dass es zu spät ist, sich diese Fragen am Ende des Studiums zu stellen, macht dieses Buch klar: Die Zielgruppe des Werkes sind vor allem Studierende der ersten Semester, die sich zu Beginn des Studiums die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens und Präsentierens wie ein Handwerk aneignen sollten, um einerseits diese Techniken während des ganzen Studiums zu vervollkommnen und um sich andererseits besser auf die fachlichen Aspekte des Geographiestudiums konzentrieren zu können.
Dieses Buch richtet sich ferner an Hochschuldozenten, die diese Techniken innerhalb ihrer Veranstaltungen an Studierende vermitteln sollen. Für sie ist das Werk ein Nachschlagewerk, um sich die einzelnen Bestandteile des wissenschaftlichen Arbeitens wieder bewusst zu machen und strukturiert wiederzugeben. Dass neben vielen allgemeinen Einführungen oder insbesondere Einführungen zu geisteswissenschaftlichen Fächern, auf die das Werk zahlreich zurückgreift, nun auch ein ausführlicher Leitfaden (für eine kompakte Einführung siehe BACKHAUS u. STEINEMANN 2002) mit zahlreichen Beispielen aus der physischen und Humangeographie vorliegt, ist sowohl für die Studierenden als auch für die Dozenten eine große Hilfe.
Der Leitfaden erörtert im Anschluss an die Einleitung zunächst die Frage, was überhaupt Wissenschaft und Forschung, insbesondere im Fach Geographie, ist. Das nächste Hauptkapitel befasst sich mit Literaturarten, der Recherche nach Fachliteratur, mit Lesetechniken und der Texterschließung sowie der Literaturverwaltung. In Kapitel 4 geht es um das wissenschaftliche Schreiben (Exposé, Gliederung, Layout, Zitierweise und besonders für Dozenten relevante Bewertungskriterien). Die letzten Kapitel behandeln das Präsentieren von wissenschaftlichen Inhalten unter Einsatz von Handreichungen, Visualisierungen und Medien inklusive Vortragsstil, Gestik, Umgang mit Nervosität sowie Bewertungskriterien. In den Kapiteln wird vielfach weiterführende Literatur genannt. Der Anhang nach dem Literaturverzeichnis führt Grundlagenliteratur zum Geographiestudium nach Themenbereichen sowie Checklisten für das wissenschaftliche Schreiben und Präsentieren auf. Einen gezielten Schnelleinstieg zum Nachlesen von einzelnen Aspekten bietet das Register.
Dieses Werk verfügt über viele gute Anregungen, wie bspw. die Problematisierung von Internetdokumenten (S. 60) oder Schemata und Beispiele für richtige Literaturangaben (auch für Karten, Datenträger und Mitteilungen, S. 162-163). Insbesondere die Nennung von Bibliotheken als erste Adresse bei der Literatursuche (S. 65) - und nicht des Internets - ist hervorzuheben, da das Bibliothekswesen viele Recherchezugänge bündelt und hierfür das Internet als Hilfsmittel einsetzt. Bei den Bibliotheksverbünden (S. 67) wäre bereits hier der Hinweis auf den Karlsruher virtuellen Katalog (KVK, anstatt erst auf S. 74 mit rudimentären Angaben) ratsam, der viele nationale und internationale Bibliothekskataloge über eine Suchmaske zusammenfasst. Die Inventarisierung (d.h. die Eintragung in ein Zugangs- oder Bestandsverzeichnis als Besitznachweis) sichert nicht den Zugang zum Bestand
(S. 66), sondern die formale (Katalogisierung genannt) und inhaltliche Erschließung (mittels Schlagworte und/oder Systematik). Zeitschriftendatenbanken enthalten nur Titel von Zeitschriften; für die Recherche nach Aufsätzen müssen Zeitschrifteninhaltsdatenbanken eingesetzt werden. Daher wäre es nützlich, ein Standardwerk des Bibliothekswesens, das über den Aufbau und die Arbeitsweise von Bibliotheken informiert, ins Literaturverzeichnis (S. 82) aufzunehmen. Bei den geographischen Fachzeitschriften müsste darauf hingewiesen werden, dass Petermanns geographische Mitteilungen ihr Erscheinen 2004 eingestellt haben. Die Links im Unterkapitel Internet (S.74) sollten je mit einem Satz erläutert werden.
Das Buch selbst dient als Beispiel für zahlreiche Einzelaspekte des wissenschaftlichen Arbeitens bzw. für den Aufbau einer Arbeit. Warum wird dann bei Zitaten nicht der genaue Seitenbereich angegeben - wie es sich nach den Autoren wohl durchsetzen wird -, sondern mit f. bzw. ff. gearbeitet? Wieso soll eine Internetquelle ohne Autoren-, Jahres-, Titelangaben nicht zitierfähig sein (S. 160)? Solche Seiten gibt es leider und es kann sein, dass sich ein Studierender auf sie beziehen muss. Hier wären alternative Lösungen hilfreich (z.B. solche Links zusammenfassen und auf die Problematik hinweisen). Uneinheitlich wird mit der Quellenangabe von selbst erstellten Abbildungen bzw. Tabellen umgegangen: Auf S. 137 sollen diese mit dem Zusatz "eigener Entwurf" versehen werden, während bei Präsentationen (S. 191) darauf zu verzichten sei. Besser wäre es, eigene Darstellungen immer zu kennzeichnen.
Aber wie es auch bei gründlich durchgesehenen Arbeiten passiert, sind ein paar Tippfehler vorhanden. Schwerwiegender ist jedoch, dass die Zitierweise stellenweise fehlerhaft ist: SEIFERT müsste SEIFFERT (S. 26) sein, bei einem wörtlichen Zitat wurde die Nennung der Seitenzahl unterlassen (S. 31), ein Jahr ist falsch genannt (S. 69: JOHNSTON et al. 1997 statt 1994) und die DIN 1505 fehlt im Literaturverzeichnis oder müsste auf S. 159 zu DIN 1505-2 ergänzt werden.
Nichteinheitlichkeit besteht auch im Literaturverzeichnis: Es erfolgt z.B. die Angabe des 2. Ortes (im Gegensatz zur Empfehlung auf S. 160, z.B. bei ATTESLANDER oder BLOTEVOGEL); Vornamen weiterer Autoren werden vorgestellt (BACKHAUS et al.) und die Aufführung der Einzelbände bei BRUNOTTE et al. kann wegfallen (wird im Text so nicht zitiert, alle Angaben sind bei den jeweiligen Aufsätzen vorhanden). Die Angabe des Ortes ist doch wichtig (S. 160), da hieran in Deutschland die Bibliothek ermittelt werden kann, die das
gesuchte Werk aufgrund des Pflichtexemplarrechts besitzen müsste. Warum werden Zeitschriftenaufsätze (z.B. TROLL) nicht auch mit "In" eingeleitet, wie es auf S. 160 vorgeschlagen wird? Dadurch würde eine höhere Stringenz erreicht, was einfacher für den Studierenden wäre.
Trotz dieser kleinen Unstimmigkeiten, die bei einer Neuauflage leicht behoben werden könnten, ist dieses übersichtliche Werk sehr zu empfehlen. Es sollte zudem wiederholt
gelesen werden, um die einzelnen Aspekte des wissenschaftlichen Arbeitens zu verinnerlichen.
Autorin: Sabine Richter