Oleg Cernavin, Martin Führ, Martin Kaltenbach, Friedrich Thiessen (Hg.): Cluster und Wettbewerbsfähigkeit von Regionen. Erfolgsfaktoren regionaler Wirtschaftsentwicklung. Berlin 2005. (Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 543). 153 S.

Während das Clusterkonzept und entsprechende Förderansätze im englischsprachigen Raum bereits seit einigen Jahren recht kritisch diskutiert werden, herrschte hierzulande lange eine eher optimistische Haltung vor. Greift nun auch in Deutschland (endlich) eine skeptischere Sicht um sich?

Die vorliegende Sammlung von Tagungsbeiträgen (Wissenschaftsforum Zukunft: Rhein-Main) bietet Einblick in den Tenor der Clusterdiskussion zwischen Wissenschaft und Praxis. Acht Autoren aus Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie der Wirtschaftsgeographie beleuchten das Themenfeld aus verschiedenen Perspektiven, wobei die Darstellung über den Bezugsrahmen der Rhein-Main Region deutlich hinausreicht. Auch wenn teils der Glaube an die Clusterförderung fortbesteht, vor allem vertreten von den Förderakteuren selbst, so wachsen doch, ausgehend von der wissenschaftlichen Debatte, auch Einsichten in die Unzulänglichkeit der konzeptionellen Basis sowie vor allem in die Grenzen der Planbarkeit von Clusterentwicklungen.
Nach einem einleitenden Überblick (O. Cernavin/M. Führ) gibt C. van der Linde Porters wohlbekannte konzeptionelle Grundlagen zum Thema wieder und resümiert Resultate der darauf bezogenen Cluster-Metastudie. Im Folgenden erweitert O. Cernavin die Sicht auf das Konzept, indem er sozialsystemische Aspekte der Clusterung aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive aufzeigt. Unter den übrigen  Beiträgen finden sich einerseits solche, die die Clusteridee eher unkritisch aufgreifen und als Leitbild nutzen: W. Brämer stellt das "Materials Valley Rhein-Main" als Beispiel eines Clusteransatzes vor; E. Bergmann nimmt den konzeptionellen Trend zum Anlass, um allgemein die Bedeutsamkeit und Optionen der regionalen Ebene für die Wirtschaftsförderung zu betonen. Andererseits kommen auch dezidiert kritische Autoren zu Wort: E.W. Schamp hinterfragt die Clusterförderung grundlegend und sieht vorwiegend bei Netzwerkbildung und Imageeffekten sinnvolle Anwendungsmögichkeiten. K.. Bizer greift speziell die hermetische Sicht der Porter-Schule an und lenkt den Blick auf wenig beachtete Schattenseiten clusterorientierter Regionalentwicklung. R. Sternberg vermittelt zwischen kritischer und konstruktiver Sicht, indem er analytisch die Bedingungen für das Gelingen oder Scheitern von Clusterentwicklungen herzuleiten versucht. Auch wenn der Sammelband insgesamt ein recht heterogenes und kontrastreiches Bild der Meinungen zu Sinn und Anwendungsnutzen des Clusterkonzepts bietet, sind doch Tendenzen der Annäherung zwischen verschiedenen Akteursgruppen spürbar. Der Band weist auf Möglichkeiten der Synthese hin, Akteure der Clusterförderung werden zugänglich für kritische Argumente, und selbst dezidierte Skeptiker des Clusternsatzes unter den Wissenschaftlern gestehen ihm unter gewissen Bedingungen doch einen praktischen Nutzen zu. übergreifend mag der Band daher als Indiz eines kritischen Pragmatismus gelten, wie er die Einstellung in Deutschland zur clusterorientierten Regionalförderung wohl zunehmend prüfen wird.
Autorin: Martina Fromhold-Eisebith

Quelle: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Jg. 50 (2006) Heft 3/4, S. 277-278