Klaus Selle (Hg.): Planen. Steuern. Entwickeln. Über den Beitrag öffentlicher Akteure zur Entwicklung von Stadt und Land. Dortmund 2005.

"Planen. Steuern. Entwickeln" ist ein über 600 Seiten starkes Werk, das der Aachener Planungs- und Stadtentwicklungsprofessor KLAUS SELLE vorgelegt hat. Zentrales Anliegen seines gewichtigen Beitrags ist es, die Möglichkeiten der "Mitwirkung öffentlicher Akteure an der räumlichen Entwicklung" (S. 13) zu betrachten und aus verschiedenen Perspektiven auszuloten. Mit diesem Anspruch ist das Buch auch für alle Geographen interessant, die sich mit handlungsorientierten Zugängen zu Fragen der Stadt- und Raumentwicklung auseinandersetzen.

KLAUS SELLE führt in dem Werk verschiedene eigene Forschungsprojekte der letzten Jahre zusammen und verbindet diese Projekte auf eine ausgesprochen anregende und Gewinn bringende Art und Weise. Dabei handelt es sich keineswegs nur um eine Aneinanderreihung bereits geschriebener Texte, sondern um eine deutliche Zuspitzung und Neuformulierung von früheren Gedanken, die hier in dieser Form erstmals zusammengeführt werden. Das Buch erhält auf diese Weise einen klaren roten Faden, der dem Leser bereits durch den Untertitel des Werkes vermittelt wird: "Über den Beitrag öffentlicher Akteure zur Entwicklung von Stadt und Land."
Ausgangspunkt der Überlegungen ist im ersten Kapitel die Rolle der staatlichen Planung unter veränderten Rahmenbedingungen in den letzten Jahrzehnten. Daran anknüpfend werden im zweiten Kapitel die Gegenstände der Planung präzisiert. Abgrenzungen zu Begriffen wie Steuerung, Governance, Management oder Entwicklung sind hier sehr hilfreich. Im dritten Kapitel werden die Handlungsmöglichkeiten, das Instrumentarium und die Steuerungsmodi öffentlicher Akteure vorgestellt. Für Geographen besonders anregend sind hier die Gedanken zur lokalen Planungskultur, die auf die besondere Bedeutung spezieller räumlicher Konstellationen hinweisen (S. 139).
Das vierte Kapitel setzt an den aktuellen räumlichen Trends der Stadtentwicklung in Deutschland an. Das Schrumpfen der Städte wird in seinen vielfältigen Facetten als eine wichtige Herausforderung herausgearbeitet, die neue Herangehensweisen der öffentlichen Akteure erfordern. Davon ist auch im fünften Kapitel die Rede, in dem die Aufgaben für die heutige Stadtentwicklungspolitik dargestellt werden. Beeinflusst durch SELLEs frühere Tätigkeit in Hannover in den 1990er Jahren geht es im sechsten Kapitel um die Strategie der Festivalisierung und der großen Projekte in der Stadtentwicklung. Die Expo in Hannover dient hier als eine Art Lehrstück. Im siebten Kapitel wird eine andere Perspektive eingenommen. Hier beschäftigt sich KLAUS SELLE mit der Frage, wie das Neue in die Welt kommt. Im Kern dreht sich dieses Kapitel um den Begriff der Innovation. Das achte Kapitel gibt einen systematisierenden Überblick zu den Instrumenten, die öffentlichen Akteure zur Verfügung stehen. Im neunten Kapitel werden Hintergründe der Bestandsorientierung in der Stadtplanung geklärt. Dabei werden vor allem Lernprozesse in den Fokus genommen.
Die letzten fünf Kapitel rücken die Rolle der Kommunikation in den Mittelpunkt der Überlegungen. Dazu wird zunächst grundsätzlich auf den Zusammenhang von Planung und Kommunikation eingegangen. Die Beziehung zwischen allen an der Planung beteiligten Akteuren läuft generell über Kommunikationsprozesse. Dies gilt auch für eine bürgerorientierte Planung, die KLAUS SELLE besonders am Herzen liegt und in ihrer zeitlichen Entwicklung systematisiert wird. Eine zweite Vertiefung der Rolle von Kommunikation in der Planung setzt sich mit dem kooperativen Handeln bzw. der kommunikativen Prozessgestaltung und ihrer Kritik auseinander. Ebenso passen in diesen Rahmen Ausführungen zur Partizipation und Beteiligung in der räumlichen Planung.
Ein eigenes Kapitel thematisiert hier ein zweites Mal die Schrumpfungsprozesse, die eine besondere Rolle für planungsbezogene Kommunikation spielen. Abgeschlossen wird das umfassende Werk mit dem Versuch, Kriterien für eine sinnvolle Kommunikation zusammenzustellen.
Trotz der Länge ist das Werk ausgesprochen angenehm zu lesen. Im Gegensatz zu vielen anderen theoretischen Diskursen, deren Verständnis dem Leser häufig durch ihre sperrige Sprache erschwert wird, zeichnet sich das Werk von KLAUS SELLE durch eine klare und oft pointierte Sprache aus, die es dem Leser leicht macht, die Botschaften des Autors zu verstehen. So macht es nicht nur Freude, KLAUS SELLE in seinen Vorträgen, Moderationen oder Diskussionen zuzuhören, sondern es ist eine ebenso große Freude, seine Texte zu lesen! Allen Geographen aus Hochschule und außeruniversitärer Praxis, die Interesse an Stadtentwicklungsprozessen haben und sich hierbei mit der Rolle von öffentlichen Akteuren auseinandersetzen, sei dieses Werk deshalb wärmstens empfohlen. Aber auch anderen Geographen, die sich nicht mit Stadtentwicklungsthemen beschäftigen, in ihrem wissenschaftlichen Schaffen aber einen theoretischen Anspruch verfolgen, sei dieses Werk ans Herz gelegt, weil KLAUS SELLE in zweierlei Hinsicht Vorbild sein kann: Zum einen vermittelt er auf ungewöhnliche Weise, wie einfach sich auch komplexe theoretische Zusammenhänge sprachlich vermitteln lassen, zum anderen wird dem Leser deutlich, wie hilfreich theoretische Überlegungen für eine Reflexion im konkreten Planungsalltag sein kann.   
Autor: Claus-C. Wiegandt

Quelle: Erdkunde, 61. Jahrgang, 2007, Heft 1, S. 119-120