Hellmut Fröhlich: Das neue Bild der Stadt. Filmische Stadtbilder und alltägliche Raumvorstellungen im Dialog. Stuttgart 2007 (Erdkundliches Wissen 142). 389 S.

Wir leben in einer visuellen Kultur, respektive Gesellschaft, in der das Lesen und Interpretieren von Massenmedien und ihren Zeichen zu einer der wichtigsten Kulturtechniken geworden ist. In den vergangenen zwanzig Jahren rückten diese speziellen Techniken auch immer stärker in den Fokus der Kulturgeographie. Es sind zuvorderst mediale Repräsentationen, welche die alltäglichen Geographien strukturieren und die Vorstellungen von und über die Welt bestimmen und transportieren. Während die angloamerikanische Geographie die Mediengeographie mittlerweile als eigenständiges Betätigungsfeld voll akzeptiert und ihre Notwendigkeit erkannt hat, mangelt es in der deutschsprachigen Geographie nach wie vor an gebotener Akzeptanz.

Hellmut Fröhlich hat sich als einer der wenigen deutschen Vertreter dieser Subdisziplin der Verbindung von Massenmedien und Lebenswelt angenommen, in diesem Fall der Beziehung zwischen städtischem und filmischem Raum. Ausgangspunkt der theoretischen Überlegungen seiner Dissertationsschrift bildet „The Postmodern Urban Condition“ von Dear (2000) mit den Ausführungen zu einer Theorie des Filmraums. Fröhlich interessiert sich in seiner Arbeit primär für den Einfluss filminduzierter Wahrnehmung auf den Stadtraum. Untersuchungsgegenstand sind Berlin und New York. Diese Städte werden vor dem holistischen Ansatz räumlicher Imagination untersucht, indem die Verbindungen von räumlicher Wahrnehmung und menschlichem Handeln filmanalytisch untermauert werden. Die Arbeit gelangt zu dem Schluss, dass Stadt und Film mittlerweile derart eng miteinander verbunden sind, dass es nicht sinnvoll erscheint, zwischen Vorstellung und lebensweltlicher Realität zu unterscheiden. Die Studie nutzt dabei theoretische und empirische Ansätze, um einen theoretischen Rahmen aufzubauen, der den Dualismus von Repräsentation und Realität zu erschüttern sucht, und eignet sich gleichermaßen für Studierende und Wissenschaftler, die sich für den komplexen Nexus von Spielfilmen und räumlichem Wissen interessieren. Der empirische Teil verlangt, nicht zuletzt aus medienwissenschaftlicher Perspektive, nach ausführlicheren Grundlagen und Ausführungen. So wäre z.B. eine begründete Filmauswahl ebenso begrüßenswert gewesen wie eine ausdifferenzierte Stichprobenauswahl der Interviewpartner, die in einen signifikanten Kontext zum Untersuchungsgegenstand hätten gesetzt werden können. Leser mit einem medien- bzw. kommunikationswissenschaftlichen Hintergrund werden gerade darin den Schwachpunkt der Arbeit sehen. Besonders Methoden und Fragen aus dem Bereich der Medienwirkungsforschung werden nur oberflächlich gestreift. Trotz dieser vermeintlichen Schwäche ist die vorliegende Arbeit ein hervorragendes Beispiel dafür, was eine bewusste Implementierung medienwissenschaftlicher Fragestellungen für die Geographie leisten kann. So sind das Zustandekommen filmischer Räume und deren Wahrnehmung unverzichtbar mit aktuellen Fragestellungen der Stadtforschung gekoppelt, was die vorliegende Arbeit verdeutlicht. „Das neue Bild der Stadt“ gehört zu einer Vielzahl neuer Publikationen, die sich ganz der Beziehung von Geographie und Film annehmen. Der Autor präsentiert in routinierter Weise, wie sich die Geographie mit dem Themenfeld auseinandergesetzt hat und welche Entwicklungen durchlaufen wurden. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die geäußerten Kritikpunkte als marginal betrachtet werden können, handelt es sich doch um ein geographisches Werk, dessen allgemeine Qualität schwerer wiegt als Versäumnisse hinsichtlich des Methodenapparats. Für alle, die sich mit visuellen Medien, dem Erscheinungsbild moderner Stadträume oder der Beziehung von Film und Geographie auseinandersetzen, ist das Buch vorbehaltlos zu empfehlen. Dem Autor gelingt es zu zeigen, dass Mediengeographie mehr als ein bloßer Trend sein kann und dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Medium Film auch und besonders in der Geographie Erkenntnisse liefert, die ein neues Verständnis bezüglich der Wahrnehmung von Städten, Räumen und Orten ermöglicht. Bedauerlich ist der relativ hohe Preis, der die vorliegende Arbeit wohl nur für Bibliotheken, nicht aber für den interessierten Studierenden erschwinglich macht und damit eine neugierige Leserschaft ausgrenzt.

Autor: Stefan Zimmermann

Quelle: Die Erde, 139. Jahrgang, 2008, Heft 3, S. 273-274