Merja Hoppe: Die Bedeutung ökonomischer Globalisierung in der Agglomerationsraumentwicklung. Das Beispiel der Agglomeration Frankfurt/Main. Marburg. 2006 (Wissenschaft in Dissertationen 818). 219 S.
Die als Dissertation entstandene Arbeit besteht grob eingeteilt aus zwei Schwerpunkten. Die Fragestellung wird in einem Abschnitt über theoretische Grundlagen entwickelt, der ca. ein Drittel der Gesamtarbeit umfasst und auf die inzwischen nahezu unübersichtliche Literatur zum Thema Globalisierung und Stadtentwicklung unter wirtschaftlichen und politisch-planerischen Aspekten verweist. Die Verfasserin benennt wichtige Themen und diskutiert sie umfassend; allerdings fehlen Metakonstrukte, die eine klarere Systematik hätten erlauben können. Sicherlich könnte eingewendet werden, dass es derzeit keine überzeugenden und in sich konsistenten Theorien über wirtschaftsräumliche Agglomerationen und deren Dynamik gibt.Jedoch hätte der Bestand doch reflektiert werden können.Im empirischen Teil legt die Verfasserin ein umfangreiches Untersuchungsprogramm aus statistischen Analysen und Experteninterviews vor. Dabei sind einige sehr interessante Ergebnisse entstanden: So ist es vielleicht nicht verwunderlich, aber immer wieder zu betonen, dass Akteure der politischen Ebene und Vertreter multinationaler Unternehmen wenig miteinander zu tun haben. Damit findet auch in diesem Beispiel der Steuerungsanspruch der Politik keinen wirtschaftlichen Partner. Die interviewten Unternehmensvertreter benennen zwar einige wichtige Standortfaktoren, die aber wenig mit der Dialogfähigkeit und Handlungseffizienz der Verwaltung zu tun haben, sondern in den gewöhnlichen „harten“ Bereichen angesiedelt sind, die weltweit gleich gut bekannt sind. Ein weiterer interessanter Gesichtspunkt ist die Position der Verfasserin in der Frage, ob die Entwicklung im Agglomerationsraum als fragmentiert bezeichnet werden kann. Sie lehnt es auf der Grundlage der verschiedenen quantitativen Analysen in überzeugender Manier ab. Die konstatierten Prozesse wirtschaftsräumlicher Ausdifferenzierung werden vielmehr als Vorgänge der Spezialisierung bezeichnet. Damit erscheint der Agglomerationsraum Frankfurt nach wie vor als zumindest funktional integriert und nicht als Patchwork voneinander abgelöster, inselartiger Trends.
Allerdings liegt den Interpretationen eine Umsetzung der Globalisierungsthematik zu Grunde, die problematisch ist. Die Verfasserin schlägt „als Maß für den Internationalisierungsgrad“ den „Anteil multinationaler Unternehmen ausgewählter Branchen“ auf der Ebene von Gebietskörperschaften (Gemeinden) vor (S. 74). Diese Überlegungen basieren sicherlich auf pragmatischen Gründen der Datenverfügbarkeit. Besser wäre es sicherlich gewesen, den Umsatz der Unternehmen als Maßstab zu nehmen, um binnen- und außenwirtschaftliche Orientierung zu bestimmen. Wenn weiterhin berücksichtigt wird, dass die befragten multinationalen Unternehmen der Standortdifferenzierung im Agglomerationsraum nur sehr wenig Bedeutung beimessen (S. 148f.), dann bleibt die Erklärungsreichweite, die auf einem derart konstruierten Internationalisierungsgrad aufbaut, doch sehr beschränkt. Zusammenfassend ist zu betonen, dass Merja Hoppe eine interessante Untersuchung vorgelegt hat, die theoretisch breit informiert und den Agglomerationsraum Frankfurt mit seinen aktuellen Entwicklungen auf reichhaltiger Datenbasis beschreibt. Auch bringt die Untersuchung verallgemeinerbare Erkenntnisse über aktuelle wirtschaftsräumliche Restrukturierungsprozesse in Metropolregionen hervor.
Autor: Jürgen Oßenbrügge