Björn Bollhöfer: Geographien des Fernsehens: Der Kölner Tatort als mediale Verortung kultureller Praktiken. Bielefeld 2007 (Bonner Geographische Abhandlungen 117). 255 S.
Massenmediale Repräsentationen, mediale Diskurse, andere mediale Wirklichkeiten nehmen seit Beginn der 1990er Jahre in der deutschsprachigen Kulturgeographie eine immer größer werdende Rolle ein. Besonders visuell kommunizierte Inhalte stehen dabei im Vordergrund.
Unter dem anspruchsvollen Titel „Geographien des Fernsehens. Der Kölner Tatort als mediale Verortung kultureller Praktiken“ versucht der Geograph Björn Bollhöfer eine „kontextuelle Betrachtung von Geographie und Fernsehen“. Forschungsidee und Konzeption der Arbeit kommen in einer allumfassenden Integration zahlreicher theoretischer Ansätze daher, die nur bedingt in einer einzigen Studie und in ihrer Komplexität empirisch nur in zahlreichen Einzelstudien mit unterschiedlichen Spielfilmen und Fernsehserien einzulösen ist. An einem ausgewählten Beispiel aus Deutschlands vielfältiger TV-Krimireihe, dem „Tatort der ARD“, greift der Autor unterschiedlichste Ansätze der neuen Kulturgeographie auf, um diese vor dem Hintergrund der Kölner Ermittler und deren zugehörigen filmischen Repräsentationen von Köln anzuwenden. Der theoretisch-methodische Rundumschlag bleibt dabei bisweilen an der Oberfläche, was jedoch aufgrund der Fülle verwendeter Positionen nicht verwunderlich ist. Dennoch gelingt es dem Autor, eine differenzierte Analyse filmischer Repräsentationen durchzuführen, bei der die Produktion, die Rezeption des Räumlichen sowie deren zugrundeliegende ökonomische und technische Rahmenbedingungen einbezogen werden. Auf diese Weise wird deutlich, wie materielle und immaterielle Bezüge im Rezeptionsprozess eine Stadt mit Symbolisierungen und Deutungen verbinden.
Hervorgehoben werden sollte der Versuch des Autors, sich dem Problemfeld der Rezeptionsanalyse zu stellen, ein heikler, wenn nicht der heikelste und schwierigste Punkt medienspezifischer Untersuchungen. Dies gilt besonders, wenn die Analyse konkret nach Wirkungen fragt und nach Belegen gesellschaftlicher Auswirkungen und Geltungen sucht. Bollhöfer nutzt hierfür einen auch schon von anderen Autoren verwendeten Ansatz (vgl. Dodds 2006): Er bedient sich der Aussagen von Fernsehzuschauern im Internet, die sich dort in bestimmten Foren zu einzelnen Folgen der Krimiserie äußern und in diesem Zusammenhang auch zu Merkmalen gezeigter Orte Stellung nehmen. Eine zumindest von kommunikationswissenschaftlicher Seite durchaus diskussionswürdige Vorgehensweise, die aufgrund der Probleme der Repräsentativität sicher nur bedingt herangezogen werden kann. Dennoch fördert der Autor interessante und aus geographischer Perspektive lohnende Ergebnisse mit Hilfe dieser Vorgehensweise zu Tage. So gelangt der Autor zu der Erkenntnis, dass „das Bild der Stadt, wie es sich im und in Auseinandersetzung mit dem Film konstituiert“, letztlich ein Prozess ist, „der nach vielen Seiten offen bleiben muss, da die Bedeutungszuschreibungen jederzeit ergänzt, verändert und neu kontextualisiert werden können“. Wenn auch der Autor sein sehr hoch gestecktes Ziel, „eine konstruktive Ausrichtung einer kultur- und medientheoretisch angeleiteten Geographie auf den Weg zu bringen“ nur bedingt erreicht, so kann Bollhöfer exzellent aufzeigen, dass eine Geographie der Medien und eine Geographie des Films nicht mehr nur eine gegenwärtige Mode darstellt, sondern vielmehr zukunftsweisend und notwendig ist. Die Lektüre des Buches ist nicht nur allen medieninteressierten GeographInnen, sondern auch allen Tatort-Fans dringend zu empfehlen.
Dodds, Klaus 2006: Popular Geopolitics and Audience Dispositions: James Bond and the Internet Movie Database (IMDb). Transactions of the Institute of British Geographers 31: 116-130
Autor: Anton Escher