Hansjörg Küster (Hg.): Kulturlandschaften. Analyse und Planung. Frankfurt am Main (Stadt und Region als Handlungsfeld 5) 2008. 180 S.

Der vorliegende Band basiert auf einer Ringvorlesung, die im Sommersemester 2005 (!) an der Universität Hannover abgehalten wurde. Die zwölf Autoren arbeiten im Großraum Hannover an Hochschulen oder in der Planungspraxis. Sie entstammen überwiegend den Fachrichtungen Landespflege/Landschaftsarchitektur, Architektur und Biologie/Ökologie. So entfaltet sich eine bunte Fülle von sehr unterschiedlichen theoretischen und praxisorientierten Beiträgen. Schon im Vorwort betont der Herausgeber, dass es viele Ansichten darüber gibt, was Kulturlandschaft ist.

Für manche Landschaftsarchitekten ist Kulturlandschaft nur das, was unter ästhetischen Gesichtspunkten gestaltet wurde. Andere verstehen unter Kulturlandschaft die Gesamtheit der Spuren, die Menschen auf den Erde hinterlassen. Eine Einigung zur Verwendung des vielzitierten Begriffs kam in der Vorlesungsreihe nicht zustande und wird auch in dieser Publikation nicht versucht. Die Mehrheit der Aufsätze ist praxisbezogen. Konkrete Beispiele von Kulturlandschaften wie das Wattenmeer oder das Schaumburger Land werden beschrieben und analysiert. Mehrere Beiträge befassen sich mit Motivationen und Begründungen für den Schutz von historischen oder wertvollen Kulturlandschaften. Markante Teilbereiche von Kulturlandschaften werden behandelt, wie zum Beispiel die Hauslandschaften in Niedersachsen, in denen sich die Erd-, Landes-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte spiegelt. Innovativ ist ein Beitrag über neue Energielandschaften, zum Beispiel Windenergie-Landschaften, Solarenergie-Landschaften und Bioenergie-Landschaften, die als Chance und Herausforderung zur Pflege und Inwertsetzung von Kulturlandschaften gesehen werden. Von Gewicht ist der Aufsatz von Hans Hermann Wöbse über die Bedeutung historischer Kulturlandschaftselemente, gerade auch, weil er Beispiele und Argumente für deren Schutz benennt. Als historische Kulturlandschaften bezeichnet Wöbse die Kulturlandschaften, die von früheren Generationen gestaltet worden sind. Sie geben Zeugnis vom historischen Umgang mit der Natur, vom jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik. Sie lassen Rückschlüsse auf das Mensch-Natur-Verhältnis unserer Vorfahren zu, geben Auskunft von deren Lebensstil, Bedürfnissen und Möglichkeiten. Insgesamt bietet der Band ein anregendes facettenreiches Mosaik zum Thema mit zahlreichen regionalen Beispielen aus Niedersachsen. Dennoch zeigt er auch das Dilemma vieler Tagungs- bzw. Vortragsbände. Er erscheint mehr als drei Jahre nach der Vortragsreihe. Die Ausstattung mit aussagekräftigen Abbildungen, die man sich gerade beim Thema Kulturlandschaften gewünscht hätte, ist mehr als dürftig. Sie beschränkt sich auf wenige, überwiegend kleine Schwarz-Weiß-Photos und Karten. Letztlich leistet der Band keine ausgewogene Gesamtdarstellung des Themas. Es fällt auf, dass aus der traditionsreichen geographischen Kulturlandschaftsforschung kein Vertreter zu Wort kommt bzw. dessen reiche Literatur hier nur marginal verwendet oder zitiert wird.
Autor: Gerhard Henkel

Quelle: Die Erde, 140. Jahrgang, 2009, Heft 2, S. 224