Hermann Kreutzmann (Hg.): Karakoram in Transition. Culture, Development and Ecology in the Hunza Valley. Oxford, New York 2006.

„Transition“ ist das Thema dieses Buchs, das bedeutet Übergang, Wandel, Veränderung, Umformung. Im Zusammenhang mit dem Karakorum und dem Hunza-Tal mag dies verwundern, denn Gebirgsräume, insbesondere die peripheren, sind in aller Regel Beharrungsräume und nicht Regionen des Wandels.

Dass der Globale Wandel auch vor einem Tal nicht Halt macht, das in den 1960er Jahren noch als ökologisches Paradies gehandelt wurde, belegen die 33 Autoren dieses Bandes eindrucksvoll. Ihr Zeithorizont reicht dabei bis weit vor jenen Zeitraum zurück, der in der Regel mit dem Globalen Wandel assoziiert wird. Ausgehend von der Geologie des Hunza-Karakorums (M. Searle) wird das Quartär behandelt L.A. Owen und M. Kuhle), aber schon bei der Untersuchung der jüngeren Gletschergeschichte (K. Hewitt) zeigen sich die Einflüsse der Klimaerwärmung, wobei erstaunlicherweise manche Gletscher an Volumen zunehmen. Ein abschließendes Urteil kann jedoch nicht gefällt werden, da es an effektiven Monitoringinstrumenten fehlt. Waldzerstörung (U. Schickhoff) und der menschliche Einfluss auf die Vegetation tun ein Übriges, um morphodynamische Prozesse zu beschleunigen. Linguistischer Wandel, Bevölkerungswachstum und die jüngere Siedlungsentwicklung (B. Reinhold und H. Kreutzmann) belegen auch den kulturellen Wandel, der das Thema des dritten Hauptkapitels bildet. Die Bewahrung des kulturellen Erbes wird angesichts der ökonomischen und kulturellen Transitionsprozesse schwieriger. Der Band bietet mit seinen 29 Beiträgen ein lebendiges Bild des Hunza-Karakorum und ist eine wertvolle Dokumentation, nicht nur der räumlichen Strukturen und Entwicklungen, sondern auch der jüngeren Forschungsgeschichte in diesem Teil des Karakorums, der vor allem auch durch deutsche Wissenschaftler gut erforschte Bereich des Himalaya. Nach der Lektüre wird jedoch auch deutlich, dass es noch an einer integrativen länderkundlichen Synthese mangelt. So sind die Beiträge, für sich genommen, hervorragende Belege dafür, was einzelne Wissenschaftsdisziplinen leisten können. Sie bleiben aber ein multidisziplinäres Mosaik, solange es nicht gelingt, die Einzeluntersuchungen zu einem interdisziplinär verarbeiteten Gesamtbild zusammenzufügen. Diese Kritik bezieht sich auf das Thema des Bandes: Der Anspruch, Transitionsprozesse darzustellen, wird bei weitem nicht in allen Beiträgen erfüllt, und der Leser sucht vergeblich eine Definition dessen, was unter Globalem Wandel im Allgemeinen und seinen Effekten im Hunza-Tal im Besondern gemeint sein kann. Sie trifft schließlich auch die Redaktion des Bandes, der in Textierung, Graphik und Druck nicht nur recht uneinheitlich erscheint, sondern z.T. auch nicht fehlerfrei ist. Dies ist keineswegs nur dem in Pakistan erfolgten, qualitativ nicht befriedigendem Druck anzulasten.

Autor: Axel Borsdorf

Quelle: Die Erde, 138. Jahrgang, 2007, Heft 4, S. 395-396