Hansjörg Küster (Hg.): Kulturlandschaften. Analyse und Planung. Frankfurt a.M. (Stadt und Region als Handlungsfeld 5) 2008. 181 S.
Es kann nicht verwundern, dass Reflektionen, die zwei sprachgeschichtlich so aufgeladene und daher auch aktuell so vielfach belegbare Begriffe wie Kultur und Landschaft zu Kulturlandschaft zusammenbinden, eine große Breite in den Verständnissen und methodischen Zugängen zeigen. Das gilt umso mehr für daraus abgeleitete Aufsätze, die aus einer lockeren Vortragsreihe zur Analyse und Planung von Kulturlandschaften hervorgegangen sind, wie im vorliegenden Fall aus einer des Kompetenzzentrums für Raumforschung und Regionalentwicklung in der Region Hannover, denn eine strikte Vorabsprache unter den Vortragenden erfolgt selten.
Folglich kann in den Vorträgen kaum aufeinander eingegangen werden. Es darf dennoch verwundern, dass keiner der Beiträge wenigstens in den Schriftfassungen auf die Gedanken zur Verwendung des Terminus im Einführungsbeitrag des Bandherausgebers eingeht. Da dies nicht geschieht, vermittelt dieser Band "Kulturlandschaft“ als ein analytisch-planerisches Konzept extremer Beliebigkeit. Darunter können dann wie hier Beiträge zur niedersächsischen Hauslandschaft, zur Realität filmischer Landschaften, zu den räumlichen Wirkungen neuer Energieträger ebenso subsumiert werden wie Berichte über Inventarisierungsprojekte zu historischen Kulturlandschaftselementen in Niedersachsen. Ohne Zweifel inden sich in jedem Aufsatz anregende Gedanken, die herauszufiltern aber einem jeden Leser nach seinen Bedürfnissen überlassen werden muss.
Dass aktuelle Diskussionen zu „Kulturlandschaft“ vor allem im raumplanerischen Kontext sich derzeit aber keineswegs in völliger Beliebigkeit ergehen, da sie sich auf wiederholte Aktualisierungen des Gesetzgebers zur „gewachsenen Kulturlandschaft“ im Raumordungsgesetz und auf Übereinkommen der Denkmalplege zur „historischen Kulturlandschaft“ beziehen, zeigt die ausführliche Dokumentation von Diskussionen zu Kulturlandschaft im Kontext der Akademie für Raumforschung und Landesplanung durch einen ehemaligen Mitarbeiter dieser Akademie, nämlich VOLKER WILLE, in diesem Band. Man kann es hinnehmen, dass die dabei erzielten Ergebnisse von diesem Metier Fernstehenden nicht im Detail rezipiert werden. Ärgerlich wird jedoch die Nichtzurkenntnisnahme von Diskussionsständen, wenn man den Eindruck gewinnt, dass das trotz fachlicher Nähe systematisch geschieht, wie im Falle des Beitrags „Die Bedeutung historischer Kulturlandschaftselemente für die Eigenart und Schönheit von "Kulturlandschaften“ von HANS HERRMANN WÖBSE. So stammen von den insgesamt neun im Literaturverzeichnis genannten Arbeiten fünf aus der Feder dieses Autors, und der Rekurs auf die geographischen Diskussionen um Kulturlandschaft erfolgt auf ein Buch von ERNST NEEF zu den theoretischen Grundlagen des Landschaftslehre von 1967 und eine Sammlung von ANNELIESE SIEBERT im „Umschaudienst“ der ARL zu Wort, Begriff und Wesen der Landschaft von 1955! Die Bereitschaft, neuere Ergebnisse der Forschung wenigstens zur Kenntnis zu nehmen, ist doch Basis wissenschaftlichen Diskurses, selbst wenn man andere Ansichten hat. Vor diesem Hintergrund sehe ich in der Publikation eines solch disparaten Sets an Aufsätzen eher eine vertane Chance zur weiteren Schärfung von „Kulturlandschaft“ in einem raumplanerischen Kontext.
Winfried Schenk
Quelle: Erdkunde, 63. Jahrgang, 2009, Heft 3, S. 293-294
vgl.auch die Rezension von Gerhard Henkel