Jürgen  Hasse: Georges Perec und die Lebenswelt: Phänomenographische Mikrologien des Raumes

Georges Perec: Träume von Räumen (aus dem Französischen von Eugen Helmé). Berlin und Zürich 2013. 160 S.

Bei diaphanes erschien im September 2013 Georges Perecs Träume von Räumen neu. Dem Original (Espèces d´Espaces) aus dem Jahre 1974 (Éditions Galilée, Paris) folgte die deutsche Erstausgabe erst 1990 (Manholt Verlag, Bremen); eine Neuausgabe brachte der Fischer Taschenbuchverlag 1994 heraus. Zuletzt waren sogar antiquarische Exemplare äußerst rar und nur zu hohen Preisen zu haben. Georges Perec (1936 - 1982) gehört zu den wichtigsten Repräsentanten der französischen Nachkriegsliteratur.

Antje Schlottmann: Allerlei Raum: Eine Nachlese zum „Spatial Turn“.

Jörg Döring und Tristan Thielmann (Hg.): Spatial Turn. Das Raumparadigma in den Kultur-und Sozialwissenschaften. Bielefeld 2008. 456 S.

Es ist eine illustre Runde, welche die beiden Medienwissenschaftler in ihrem Band versammeln. Neben einer Reihe von Geographen bieten hier Philologen und Kulturanthropologen, Soziologen und (Medien-)Philosophen sowie Geschichtswissenschaftler Beiträge zu einem heute ebenso gängigen wie unscharfen Begriff. Die durchgehend männliche Form dieser Auflistung ist übrigens kein Gender-Faux-Pas – in der Tat ist nur eine Frau, Guliana BRUNO, mit einem kurzen, wenngleich inspirierenden Beitrag von Seiten der Visual Studies vertreten.

Kirsten Einfeldt: Moderne Kunst in Mexiko. Raum, Material und nationale Identität. Bielefeld 2010. 462 S.

Beton mag heute vielleicht Undurchdringlichkeit symbolisieren und in der Stadtplanung nicht gerade dem Stand der ökologischen Ansprüche genügen. Der Werkstoff war aber auch mal Ausdruck der Moderne, zumindest in Mexiko. Der Literaturwissenschaftler Rubén Gallo hatte dem Material bzw. seinem Gehilfsstoff, dem Zement, ein ganzes Kapitel in seiner Auseinandersetzung mit der mexikanischen Moderne gewidmet (Mexican Modernity. The Avant-Garde and the Technological Revolution, 2005). Beschäftigt man sich heute mit moderner Kunst in Mexiko, das legt nun auch diese neue Studie nahe, ist an der gemischten Härte des Betons kein Vorbeikommen.

Hugues Lagrange: Le déni des cultures. Paris 2010. 352 S.

Das vorliegende Buch zur Bedeutung von Kulturen der Migrationsbevölkerungen ist Ende letzten Jahres in Frankreich sehr kontrovers diskutiert worden. Dies liegt einerseits daran, dass jenseits des Rheins republikanische Gleichheitsideale die politische Matrix abgeben und die Rede über Kultur immer im Verdacht steht, Menschen auf eine Gruppenzugehörigkeit festzuschreiben. Zudem sind anglophone Debatten zur sozialen Materialität von race und Kultur, wie sie etwa Stuart Hall und Paul Gilroy geführt haben, nahezu unbekannt. Andererseits changiert der Kulturbegriff des Soziologen Hugues Lagrange zwischen Sozialkonstruktivismus und Essentialisierung, so dass Kritik durchaus angezeigt ist.

Felicitas Hillmann: Migration als räumliche Definitionsmacht? Beiträge zu einer neuen Geographie der Migration in Europa. Stuttgart 2007. 320 S.

Das Fragezeichen im Titel ist rhetorisch gemeint, der Begriff "räumliche Definitionsmacht" ist der konzeptuelle rote Faden, der die unterschiedlichen in diesem Buch vereinten Studien zusammenhält. Die Autorin geht davon aus, dass mit der Globalisierung seit Beginn der 1990er Jahre die Migration von Arbeitskräften einen qualitativen Wandel durchmachte. Dagegen ist wenig einzuwenden, denn es ist nicht nur die Anzahl von MigrantInnen gestiegen. Vielmehr hat sich auch die Art der Migration verändert. Sie findet immer weniger statt als ein linearer Prozess mit einem in Raum, Zeit und Bewusstsein abgesteckten Start- und Zielpunkt. Dies zeigt sich z.B. daran, wie wichtig in Europa die zeitlich begrenzte, zirkuläre Migration geworden ist, oder an den Kontakten, die MigrantInnen mit dem Herkunftsland unterhalten. Durch diesen Wandel stehen auch die alten theoretischen Modelle zur Diskussion.

Agnes Khoo: Life as the River Flows. Women in the Malayan Anti-Colonial Struggle. Manmouth. 2007. 312 S.

In der modernen Geschichte linker Bewegungen in Südostasien stellt der langandauernde, bewaffnete Kampf der Kommunistischen Partei von Malaya (CPM) eines der auffälligsten Beispiele dar. Er begann 1948 mit der Erklärung des Ausnahmezustands (emergency) durch die britische Kolonialverwaltung und der darauffolgenden Formung der Malayan National Liberation Army durch die CPM. Die Regierung des inzwischen unabhängigen Malaya, dem Vorläufer des heutigen Malaysia, hob 1960 den Ausnahmezustand auf.

Adibeli Nduka-Agwu & Antje Lann Hornscheidt (Hg.): Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen. Frankfurt a.M. 2010. 549 S.

Bereits Frantz Fanon erkannte in seiner Analyse Weißer europäischer Kolonialherrschaft, dass Sprache ungewöhnliche Macht bedeutet. Sie kann Gewalt und Herrschaft nach sich ziehen oder aber eines von vielen Instrumenten des Widerstands sein. In dem vorliegenden Buch, eine konzeptuelle Erweiterung von Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk (hgg. v. Arndt, Susan, & Antje Hornscheidt, Münster 2004), geht es sowohl um die deutsche Sprache und deren koloniale Vergangenheit als auch um Möglichkeiten des Widerstands gegen die Reproduktion von Rassismen in unserer Alltagssprache.

Matthias Middell und Ulf Engel (Hg.): Theoretiker der Globalisierung. Leipzig 2010. 475 S.

Wie die Herausgeber einleitend feststellen, sind die Debatten über Globalisierung unübersichtlich geworden. Zudem sehen sie eine "Sedimentierung des Diskurses ..., die selbst zur Realität wird" (12). Wie auch immer man hierüber denken mag - ein Kompendium,das wesentliche Positionen im Überblick präsentiert, sollte hochwillkommen sein. Der vorliegende Band ist aus dem Graduiertenkolleg "Bruchzonen der Globalisierung" entstanden. Er enthält ausweislich des Inhaltsverzeichnisses 28 (nach Ansicht der Herausgeber 26 [22]) zumeist werkbiographisch angelegte Artikel zu Autorinnen und Autoren, die im Rahmen des Graduiertenkollegs als besonders wichtig erschienen.

Bryan S. Turner (Hg.): The Routledge International Handbook of Globalization Studies. Oxon u.a.: Routledge 2010, 702 S. 

Das Nachschlagewerk ist in vier Sektionen unterteilt: "Theorien und Definitionen" (Kap. 1-7), "Themenfelder" (Kap. 8-19), "Neue Institutionen und Kulturen" (Kap. 20-28) und schließlich "Kritische Lösungen" (Kap. 29-34). Das Spektrum umfasst u.a. ökonomische und andere Theorien der Globalisierung, Internet, Raum, globale Eliten, Film, Migration und Grenzen, muslimischer Kosmopolitismus, Nahrung sowie Reflexionen zur sozialwissenschaftlichen Globalisierungsforschung.

Oliver Frey und Florian Koch (Hg.): Positionen zur Urbanistik I. Stadtkultur und neue Methoden der Stadtforschung. Berlin u.a. (Stadt- und Raumplanung/Urban and Spatial Planning 7) 2011. 301 S.

‚Gentrification', ‚Ecosustainability' und ,öffentlicher Raum': Folgt man den Beiträgen der von Oliver Frey und Florian Koch herausgegebenen Kompendien Positionen zur Urbanistik I und Positionen zur Urbanistik II scheinen dies zentrale Fragestellungen einer inter- oder auch postdisziplinären ‚Urbanistik' zu sein. Dies ist auch die Intention dieser Publikationen, nämlich eine  Weiterentwicklung der Stadt- und Regionalforschung durch die interdisziplinäre Zusammenführung sowie akademische und institutionelleVerankerung einer wissenschaftlichen ‚Urbanistik'. Die theoretische und inhaltliche Begründung wird von den Herausgebern im Einleitungskapitel zu Band 1 abgeleitet und in der Eröffnung zu Band 2 in einem virtuellen Expertengespräch zur Diskussion gestellt. Die Struktur der beiden Bände bildet die Fragmentierung urbaner Diskurse, Forschungszugänge und Konzeptionen der Stadtentwicklung ab.

Bernd Steimann: Making a Living in Uncertainty. Agro-Pastoral Livelihoods and Institutional Transformations in Post-Socialist Rural Kyrgyzstan. Zurich 2011. 245 pp.

To come straight to the point, the presented study fulfills Bernd Steimann goals in every respect. He manages to clearly shed light on "the existence and emergence of socioeconomic disparities" (pp. xiii) of rural households in post-socialist Kyrgyzstan; to present the characteristic frame conditions of the transition period and, finally, to elucidate the interrelations between these two by examining former and current livelihood strategies practiced in two rural settlements. For this reason, the book is a valuable contribution to empirically informed geographical development studies. Additionally, it offers a wealth of suggestions for the design and implementation of future surveys.