Friederike Habermann: Der homo oeconomicus und das Andere. Hegemonie, Identität und Emanzipation. Baden-Baden 2008. 320 S.

Das Buch ist eine kritisch-theoretische Intervention und eine Einführung in linke Theorieentwicklung zugleich. Ausgangspunkt von Friederike Habermanns Überlegungen ist die Frage, wie die Verschränktheit der Herrschaftsverhältnisse - sie untersucht vor allem Kapitalismus, Rassismus und Sexismus - theoretisch gefasst werden kann. Auch wenn es verschiedene Versuche gibt, diese Verschränktheit ernst zu nehmen, werden diese in den meisten Arbeiten zumeist als additive Herrschaftsverhältnisse (+ Klasse + Rasse - Geschlecht entspricht dann z.B. einem 'reichen', 'weißen' und 'weiblichen' Subjekt) verstanden. Eine solche (intersektionale) Herangehensweise ist allerdings äußerst unbefriedigend. Denn hierbei wird impliziert, dass sowohl Herrschaftsverhältnisse wie auch Lebensweisen und Identitäten eindeutig voneinander isolierbar wären (vgl. S.24f.).

Katrin Grossmann: Am Ende des Wachstumsparadigmas? Zum Wandel von Deutungsmustern in der Stadtentwicklung. Der Fall Chemnitz. Bielefeld 2007. 268 S.

Brauchen wir noch ein Buch über Schrumpfung? Die zur Jahrtausendwende einsetzende wissenschaftliche und öffentliche Diskussion über schrumpfende Städte und Stadtumbau hat bereits zu einer Vielzahl an Publikationen zum Thema geführt. Widmeten sich die ersten Arbeiten der regionalen Verbreitung, den Ursachen, Zusammenhängen und Folgen der Schrumpfung, wurde in den letzten Jahren darüber hinaus eine zunehmende Aufmerksamkeit auf Fragestellungen der Steuerung von Schrumpfung gerichtet (Bernt 2005; Glock 2006; Weiske et al. 2005). Bislang wenig untersucht wurden allerdings die hinter den Akteuren und Handlungen stehenden Sinnstrukturen, d.h. die Denk-, Deutungs- bzw. Argumentationsmuster der an Schrumpfungsprozessen beteiligten Akteure.

Alexander Ruch, Alain Griffe (Hg.) 2008: Raumplanungsrecht in der Krise, Ursachen / Auswege / Perspektiven. Zürich, Basel, Genf. 169 S.

Eine faszinierende Tagung an der ETH Zürich, Ende November 2007, im Vorfeld der Arbeiten an einer Revision des Bundesgesetzes über die Raumplanung. Juristen in grosser Zahl. Aber: Juristen unter sich. Sie kritisierten, erläuterten und debattierten zur provokativen Frage: Raumplanungsrecht in der Krise.
Ziel der Tagung - die Referate und Diskussionsergebnisse liegen nun als aufschlussreiche Publikation vor - war wohl, die Kernsubstanz eines neu zu konzipierenden RPG auszumachen und von der rechtlichen Seite her in den Griff zu bekommen.

Oliver Harrison: 'The Paradise of the Southern Hemisphere'. German and Austrian Visitors to New Zealand 1876-1889. Auckland (Germanica Pacifica Studies 3. Research Centre for Germanic Connections with New Zealand and the Pacific) 2008. 160 S.

The book contains extracts from OLIVER HARRISON's PhD thesis (University of Auckland) which was concerned with the appraisal of, until now, relatively unknown German-language writings on New Zealand and the Maori with respect to the period of colonisation between 1839 and 1889. It concentrates on the period after 1876 - that was the period following the Maori Land Wars - which despite an economic depression was noted for a rise in settler numbers, in particular from the German and Austro-Hungarian Empires.

Axel Rühle (Hg.) 2008: Megacitys - Die Zukunft der Städte. München. 160 S.

Alex Rühle, Feuilletonredakteur der Süddeutschen Zeitung, hat zwölf in zwölf Megacitys heimische Schriftstellerinnen und Schriftsteller aufgeboten, Schilderungen ihrer Stadt und Stadt-Lebenswelt zu verfassen. Daraus wurde eine Artikelserie in der Süddeutschen und jetzt ein hübsches Bändchen mit dem Titel Megacitys - Die Zukunft der Städte. Was da drin steht, lässt sich unter den Begriff "gelebter Urbanismus" stellen und ist übers Ganze gesehen, vor allem was "die Zukunft" angeht, aschgrau, beklemmend, zum Verzweifeln. Wo soll diese Mega- Stadtentwicklung enden?  

V. M. Lampugnani, T. K. Keller, B. Buser (Hg.) 2007: Städtische Dichte. Zürich. 174 S.

N. Nathalie Mill, L. Knab (Verfass.) 2008: Qualitätsvolle innere Verdichtung. Zürich (Regionalplanung Zürich und Umgebung). 76 S.

Brandneu ist die Botschaft nicht: An der Verdichtung soll der urban sprawl genesen, soll der Verschleiss von Land und Landschaft gebremst, wenn nicht gestoppt, soll neue Urbanität geschaffen werden. Die Diskussion hierüber begann vor rund zwanzig Jahren unter dem Stichwort "Stadt- und Siedlungsentwicklung nach innen". Doch so gründlich ist das Thema wohl noch nie abgehandelt, von allen Seiten be- und durchleuchtet worden wie im Band "Städtische Dichte".

Rheinisches JournalistInnenbüro u. Recherche International e.V. (Hg.): Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg. Unterrichtsmaterialien zu einem vergessenen Kapitel der Geschichte. Köln 2008. 224 S.

Nachdem 2005 das Buch "Unsere Opfer zählen nicht" - die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg erschienen ist, hat das Rheinische JournalistInnenbüro das Material für den Unterricht aufgearbeitet und liefert dazu einen umfangreichen Band mit Erläuterungen, didaktischen Kommentaren, Fotos, Quellen und einer CD. Es geht um die Einbindung der Menschen in den kolonisierten Ländern in einen weltumspannenden Krieg, der sie zu Tätern und Opfern gleichzeitig machte, ohne dass auch nur ein Hauch davon Eingang in unsere "nordatlantische" Geschichtsschreibung gefunden hätte. Es geht in diesem "Schulbuch" um Erinnerungspolitik im besten Sinne.

Bastian Lange: Die Räume der Kreativszenen. Culturepreneurs und ihre Orte in Berlin. Bielefeld 2007. 339 S.

Mit "Räume der Kreativszenen" greift Lange ein in vielen wissenschaftlichen Disziplinen, aber auch in planerischen und politischen Diskursen zu wenig beachtetes Thema auf. UnternehmerInnen in Szenen. Der Szenebezug ist ein Schlüsselkriterium für das Verständnis von Funktionieren und Überleben innovativer Köpfe in einer flexibilisierten urbanen Ökonomie und zunehmend individualisierten Gesellschaft.

Erol Yildiz, Birgit Mattausch (Hg.): Urban Recycling: Migration als Großstadt-Ressource. Basel 2009 (Bauwelt-Fundamente, Band 140). 175 S.

 

"Das Glück der Erkennenden mehrt die Schönheit der Welt"
Friedrich Nietzsche (1881)



1. Erkenntnisglück und schöne neue Welt: Eine Einleitung
Erkenntnisse zur Migration gibt es viele, die meisten betrachten die durch Migration entstehenden Probleme - von der ethnischen Segregation bis zur Entstehung "sozial benachteiligter Quartiere". Das Thema ist allgegenwärtig in der medialen Berichterstattung, in wissenschaftlichen Verhandlungen und im Alltag jedes Einzelnen.

Thomas Etzemüller: Ein ewigwährender Untergang. Der apokalyptische Bevölkerungsdiskurs im 20. Jahrhundert. Bielefeld 2007. 215 S.

Schenkt man der massenmedialen Darstellung der weltweiten Bevölkerungsentwicklung Glauben, ist Bevölkerung ein Problem. Es leben je nach Standpunkt entweder zu viele Menschen auf der Welt, vornehmlich in den Staaten des Südens, oder zu wenige Menschen, vornehmlich in den Industriestaaten der nördlichen Hemisphäre. Auch der deutsche Staatsbürger1 ist solchen Darstellungen zufolge vom Aussterben bedroht. Frauen in Deutschland bekommen zu wenige Kinder. Der Untergang, erst des Sozialstaates und anschließend der Bevölkerung, ist daher vorhersagbar. Interessant an diesem Szenario ist nicht sein unerfreuliches Ergebnis, sondern die einfache Tatsache, dass praktisch mit Beginn der Moderne der Bevölkerung in Mitteleuropa ihr Untergang prophezeit wurde.

James Ferguson: Global Shadows. Africa in the Neoliberal World Order. Durham u. London 2007 (Erstdruck 2006), 257 S.

Das Titelbild ist faszinierend. Der Inhalt auch. Ferguson rückt die gängigen Bilder sowohl von "Globalisierung" als auch von "Afrika" so gründlich zurecht, dass die überkommenen Vorstellungen von beidem völlig über den Haufen geworfen werden.