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Tobias ten Brink: Geopolitik. Geschichte und Gegenwart kapitalistischer Staatenkonkurrenz. Münster 2008. 250 S.
In der Zeit, als Marx und Engels schrieben, bezog sich der Begriff "Imperialismus" in der Regel auf politische Regime mit Figuren wie Napoleon und Louis Bonaparte an der Spitze. Selten diente der Begriff der Beschreibung sich entwickelnder internationaler wirtschaftlicher oder politischer Beziehungen auf der Ebene des Weltmarktes. Das geschah erst später. Der Weltmarktbegriff ist daher für die Untersuchung des Imperialismus der umfassendere, weshalb sich den Ansichten von Marx und Engels über den Imperialismus in erster Linie über ihre Bemerkungen hinsichtlich des Weltmarktes zu nähern ist.
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Joachim Hirsch, John Kannankulam u. Jens Wissel (Hg.): Der Staat der Bürgerlichen Gesellschaft. Baden-Baden 2008. 223 S.
Im Rahmen der Reihe "Staatsverständnisse" werden das Staatsverständnis von Karl Marx, seine Weiterentwicklung durch spätere Autoren, die Ausarbeitungen zu einer materialistischen Theorie des Staates in den 1960er und 70er Jahren und die gegenwärtigen staatstheoretischen Debatten vorgestellt und diskutiert.
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Martin Nonhoff: Politischer Diskurs und Hegemonie. Das Projekt ›Soziale Marktwirtschaft‹. Bielefeld 2006. 422 S.
Autoren wie Derrida und Foucault haben viel daran gesetzt, die begrifflichen Grundlagen des Wissenschaftsbetriebs zu untergraben. Aus den Begriffen, die sie dabei ihrerseits verwenden, haben Rezipienten wie Laclau und Mouffe hochabstrakte Gesamttheorien des Sozialen oder des Politischen gemacht. Zurzeit werden diese Theorien in der akademischen Wissenschaft ausgearbeitet und operationalisiert. Ein philosophisches Resultat ist die in Argument 275/2008 besprochene Überblicksarbeit von Oliver Marchart. Ein Jahr davor ist Nonhoffs vorliegender Versuch erschienen, Laclau und Mouffe in der deutschen Politologie zu etablieren.
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Hanno Pahl: Das Geld in der modernen Wirtschaft. Marx und Luhmann im Vergleich. Frankfurt/M 2008. 358 S.
Das vorliegende Buch strebt keinen umfassenden Theorievergleich zwischen Marx und Luhmann an. Vielmehr nimmt es die Kritik der politischen Ökonomie (KrpÖ) einer- und die Systemtheorie andererseits als Ansätze einer zu schaffenden "Gesellschaftstheorie der Wirtschaft". Eine solche habe die Herausbildung der für die moderne Gesellschaft spezifischen "genuin wirtschaftlichen Weltbezüge" (18), also die historische Konstitution einer eigenlogischen wirtschaftlichen Sphäre zum Gegenstand und unterscheide sich dadurch vom wirtschaftssoziologischen Mainstream, der auf eine spezifische Handlungsrationalität und damit ein überhistorisches Substrat von Wirtschaft abstelle und sich hierin im Wesentlichen einig sei mit der neoklassischen Wirtschaftswissenschaft.
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Markus Wissen, Bernd Röttger u. Susanne Heeg (Hg.): Politics of Scale: Räume der Globalisierung und Perspektiven emanzipatorischer Politik. Münster 2008. 317 S.
Der ›Spatial Turn‹ in den kritischen Sozialwissenschaften wird hier von Rianne Mahon und Roger Keil vor dem Hintergrund der traditionellen Skepsis der Linken gegenüber dem Raum dargestellt: "Beim Raum ging es um den Staat. Bei der Zeit ging es um die Revolution." (35) Dann aber kam die sog. Globalisierung, und die Linke musste lernen, dass, so Markus Wissen, soziale Kämpfe auch immer eine räumliche Dimension haben, und dass die Reorganisation von Raum "ebenso Voraussetzung wie Medium und Resultat der Verschiebung sozialer Kräfteverhältnisse" ist (9).- Kategorie: Rezensionen
Stephan Kaufmann: Investoren als Invasoren. Staatsfonds und die neue Konkurrenz um die Macht auf dem Weltmarkt. Berlin (Texte der RLS, Bd. 51) 2008. 92 S.
Wie attraktiv ist Deutschland für das internationale Finanzkapital? Diese Frage beschäftigt hierzulande zahlreiche Politiker. Die Regierungen senken Steuern, bauen Sozialleistungen ab und drücken das Lohnniveau, damit Deutschland in den weltweiten Standort-Vergleichen nach oben rückt und Investorengelder anzieht. Das ist normal. Weniger normal ist es, wenn hiesige Politiker darüber debattieren, wie Investoren von Deutschland ferngehalten werden können.- Kategorie: Rezensionen
Katharina Bluhm: Experimentierfeld Ostmitteleuropa? Deutsche Unternehmen in Polen und der Tschechischen Republik. Wiesbaden 2007. 303 S.
Verf. hält den in der Öffentlichkeit - auch unter Linken - verbreiteten Klischees vom hyperliberalen Osteuropa, welches vorrangig mittels Niedrigstlöhnen und -steuern deutsche Investoren lockt, die diese Länder dann strategisch für "arbeitspolitische Experimente in Richtung Deregulierung und Amerikanisierung" nutzen (15), ein differenziertes Bild entgegen. Ihre zentrale These lautet, dass die Westintegration Osteuropas zu einer Neuordnung gesamteuropäischer Produktionsnetzwerke gemäss eines Musters "komplementärer Spezialisierung mit offenem Ausgang" (128ff) führt, in der die neuen Standorte zunehmend die Produktion komplexer, qualitativ hochwertiger industrieller Güter übernehmen, wie sie auch für die westlichen Standorte charakteristisch sind.
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Harald Schumann u. Christiane Grefe: Der globale Countdown. Gerechtigkeit oder Selbstzerstörung - die Zukunft der Globalisierung. Köln 2008. 458 S.
Verf. läuten die Alarmglocken: "Der globale Countdown läuft" (32), die Uhr des Weltwirtschaftssystems steht auf fünf vor zwölf. Die Finanzmärkte stehen vor dem Kollaps, die weltweit wachsende Ungleichheit nährt Krieg und Terrorismus, und die globale Erwärmung führt unaufhaltsam in die Klimakatastrophe. Höchste Zeit zu handeln - doch die Politik bleibt untätig, gefangen in nationalstaatlichen Interessen, gefesselt durch Konzerninteressen und die Kurzsichtigkeit der Politiker. Es ist also nun an der "Weltmacht Weltbürger", die Regierungen zur Zusammenarbeit zu drängen, damit eine geeinigte "Weltgesellschaft" die nahende Katastrophe noch aufhält.- Kategorie: Rezensionen
Susanne Krasmann u. Michael Volkmer (Hg.), Michel Foucaults "Geschichte der Gouvernementalität" in den Sozialwissenschaften. Bielefeld 2007. 311 S.
Die Attraktivität der foucaultschen Gouvernementalitätsanalyse besteht den Hg. zufolge in drei Aspekten: in der Konzeptionierung des Staates, der Ausleuchtung der ›Regierung von Gesellschaft‹ zwischen ›Biopolitik‹ und ›Souveränität‹ und der Analyse des Neoliberalismus. Anspruch der Hg. ist, das "systematische Potenzial der Vorlesungen" über die Geschichte der Gouvernementalität "für eine Analyse der Gesellschaft der Gegenwart und ihr Gewordensein auszuloten" (12).
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Hugues Lagrange u. Marco Oberti (Hg.): Emeutes urbaines et protestations. Une singularité française. Paris 2006. 234 S.
Der Band befasst sich mit den Vorstadtunruhen im Herbst 2005 und den Studentenprotesten gegen den Ersteinstellungsvertrag (CPE) im Frühjahr 2006. Die Hg. vertreten die These, dass die Vorstadtunruhen wegen ihrer Intensität, Ausbreitung und Dauer im europäischen Vergleich einen Sonderfall darstellen. Sie weisen die Ethnisierung der Unruhen zurück und arbeiten ihre sozialen Bedingungen heraus.- Kategorie: Rezensionen
Michael Willenbücher: Das Scharnier der Macht: Der Illegalisierte als homo sacer des Postfordismus. Berlin 2007. 142 S.
Verf. formuliert eine radikale Kritik des europäischen Migrationsregimes. Die im Oeuvre des Netzwerks Kanak Attak zu verortende Lektüre stellt einen erfrischenden Gegensatz zur gängigen Darstellung der Migration aus dem ›globalen Süden‹ dar. Das Buch durchbricht die mediale Fixierung auf das mittlerweile vertraute ›Spektakel der Grenze‹ mit seinen Bildern unseliger Menschen, die an den Mittelmeerküsten der EU-Staaten abgefangen wurden. Es öffnet den Blick auf eine politökonomische Analyse der Lebensrealitäten der Millionen, die es irgendwie schaffen, ohne Aufenthaltsstatus in Europa zu leben und zu arbeiten.