Uta von Winterfeld: Naturpatriarchen. Geburt und Dilemma der Naturbeherrschung bei geistigen Vätern der Neuzeit. München 2006. 404 S.

Verf. will die "bis heute gültige Verfasstheit neuzeitlicher Naturbeherrschung von ihren Grundlegungen her" (10) und in ihrem patriarchalen Gehalt kritisieren und begibt sich dazu auf Spurensuche bei Descartes (Abhandlung über die Methode, 1637), Francis Bacon (Neues Organon, 1620) und Giordano Bruno (Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen, 1584).

James Gustave Speth: The Bridge at the Edge of the World. Capitalism, the Environment, and Crossing From Crisis to Sustainability. New Haven 2008. 295 S.

Zu Beginn wird die Aufmerksamkeit auf sechzehn Grafiken gelenkt, die in Kleinformat auf einer Doppelseite mit dem Titel "The Great Collision" abgebildet sind (xx). Alle Grafiken zeigen Werte, die exponentiell wachsen, z.B. Bevölkerungszahlen, Papier- und Wasserverbrauch, BIP, Luftverschmutzung, Verlust von Ökosystemen und Biodiversität. Speth, einer der führenden US-Umweltexperten, Professor an der Yale-University, war Berater von US-Präsident Carter und Mitautor der bekannten Studie Global 2000, gründete u.a. eine große Umwelt-NGO, war Mitglied im Nachhaltigkeitsrat von Clinton und auch als Berater von Barak Obama tätig. Er legt hier eine kritische Würdigung von vier Jahrzehnten Umweltbewegung in den USA vor, eine schonungslose Selbstevaluation des eigenen Schaffens.

Frank Gerlach u. Astrid Ziegler (Hg.): Innovationspolitik: Wie kann Deutschland von anderen lernen? Marburg 2007. 304 S.

Kurt Hübner: Neuer Anlauf. Innovationsräume und die New Economy. Berlin 2006. 168 S.

Seit Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise sind Innovationen mit Befürchtungen oder Hoffnungen verknüpft. Seit einigen Jahren dominierenden im politischen Diskurs die positiven Erwartungen. Mit dem Ende der Prosperitätskonstellation, der Entstehung von Massenarbeitslosigkeit in den 1970er Jahren und der schrittweisen Durchsetzung des High- Tech-Kapitalismus setzte ein Veränderungsdruck ein, dessen Bewältigung "viele - auch die deutschen Gewerkschaften - in der Notwendigkeit zur Innovation" sehen.

Hannes Leidinger: Kapitalismus.  Köln u. Weimar 2008. 128 S.

Nach Auffassung des Verf. "definiert sich ›der Kapitalismus‹ nicht bloß als Wirtschaftssystem, sondern auch als Gesellschaftsmodell, das auf dem Streben nach Profi t sowie der Vermehrung hierfür eingesetzter Mittel durch Produktion, Kauf und Verkauf von Waren beruht" (20).

Andy Stern: A Country That Works. Getting America Back on Track. New York 2008. 240 S.

Als Vorsitzender der Service Employees International Union (SEIU) repräsentiert Stern eine innergewerkschaftliche Reformerfigur. 2005 war er Initiator der Abspaltung der Changeto-Win-Koalition vom Dachverband AFL-CIO. Sein Buch ist auch als Rechtfertigung der Abspaltung zu lesen. Die Hauptgefahr für die US-Arbeiterbewegung sieht Stern im Niedergang des gewerkschaftlichen Organisierungsgrades.

Manuela Bojadžijev: Die windige Internationale. Rassismus und Kämpfe der Migration. Münster 2008 310 S.

›Sport ist Völkerverständigung‹, dachte sich der bayrische Handballerverband und wird der Bitte der Nationalmannschaft aus Sri Lanka, zu mehreren Freundschaftsspielen nach Deutschland reisen zu dürfen, gerne nachgekommen sein. Dass sie nach unzähligen Niederlagen spurlos verschwanden, war irritierend, hatte aber wohl mit dem gekränkten Stolz der Gäste zu tun. Doch dann stellte sich heraus, dass es in Sri Lanka gar keine Handball- Nationalmannschaft gibt und es sich um eine gut geplante Aktion illegaler Einwanderung handelte.

Karin Fischer u. Susan Zimmermann (Hg.): Internationalismen. Transformation weltweiter Ungleichheit im 19. und 20. Jahrhundert. Wien 2008. 256 S.

Während der us-geführten NATO-Intervention in Afghanistan zeigte der Nachrichtensender CNN verschleierte und aus dem öffentlichen Leben ferngehaltene afghanische Frauen. Die Bilder suggerierten, es gehe in der Militäroperation nicht nur um einen ›Krieg gegen den Terror‹, sondern auch um einen Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen. Hg. stellen dieses Beispiel an den Anfang ihres Sammelbandes, um zu zeigen, dass Menschenrechtsinternationalismus nicht nur die Sache sozialer Bewegungen sein muss, sondern auch zur Herrschaftslegitimierung taugen kann.

Chris Harman: A People's History of the World. London 2008. 760 S.

Diese Weltgeschichte erweckt auf den ersten Blick den Eindruck einer weiteren Abrechnung mit gängigen ahistorischen Thesen wie die vom ›Ende der Geschichte‹ oder den essenzialistischen Ansätzen, welche die Hauptmerkmale der Menschheitsgeschichte allein auf die ›menschliche Natur‹ zurückführen. Mit dem Argument, die menschliche Natur sei selbst ein Produkt der Geschichte und nicht deren Ursache (IV), widerspricht Verf. zum einen den Versuchen, die Grausamkeiten in der Weltgeschichte einer ›unveränderlichen‹ menschlichen Natur zuzuschreiben. Zum anderen erschüttert er die Überzeugung von der Dauerhaftigkeit des Kapitalismus, indem er darauf hinweist, wie irrational es ist, einen quantitativ unbedeutenden Teil der Menschheitsgeschichte für ewig zu halten.

Joachim Radkau (unter Mitarbeit v. Ingrid Schäfer): Holz - Wie ein Naturstoff Geschichte schreibt. München 2007. 344 S.

Das Buch von Radkau, Technik- und Umwelthistoriker an der Uni Bielefeld, und Schäfer ist das reife Produkt von Studien, die 1980 mit der Frage nach den technologischen Auswirkungen von Holzverknappung in der frühen Neuzeit begannen und deren Zwischenresultate 1987 unter dem Titel Holz - Ein Naturstoff in der Technikgeschichte veröffentlicht wurden. In der vorliegenden erweiterten Neuausgabe zeichnen Verf. die historische Entwicklung des Verhältnisses der wirtschaftenden Menschen in Mittel- und Westeuropa zu ihren Waldressourcen seit dem Mittelalter nach und deuten diese im Sinne von Max Webers Rationalisierungsthese. Der "neuerliche Holzboom" habe für ein emotional aufgeheiztes, dramatisches Finale dieser Erzählung gesorgt, das gewiss nicht ihr Ende bedeute (14f).

Alf Hornborg, John R. McNeill u. Joan Martinez-Alier (Hg.): Rethinking Environmental History. World-System History and Global Environmental Change. Lanham/MD 2007. 408 S.

Alf Hornborg u. Carole Crumley (Hg.), The World System and the Earth System. Global Socioenvironmental Change and Sustainability Since the Neolithic. Walnut Creek/CA 2006. 395 S.

Beide Sammelbände sind aus einer Konferenz in Lund/Schweden (2003) hervorgegangen, deren innovatives Anliegen es war, Ideen der Weltsystem-Analyse mit ökologischen Fragestellungen zusammenzudenken. Die 20 Aufsätze in Rethinking Environmental History rücken die asymmetrischen Austausch- und Machtverhältnisse in hierarchischen Systemen interdependenter Staaten (bzw. politischer Einheiten) in den Mittelpunkt und fragen nach deren ökologischer Dimension.

Sonja Buckel u. Andreas Fischer-Lescano (Hg.): Hegemonie, gepanzert mit Zwang. Zivilgesellschaft und Politik im Staatsverständnis Antonio Gramscis. Baden- Baden 2007. 209 S.

Der Sammelband will in Gramscis Staatsauffassung und dessen Weiterentwicklungen einführen sowie die "neogramscianische Diskussion der Inter- oder Transnationalisierung des Staates" nachzeichnen (11). Im einleitenden Problemaufriss begreift Alex Demirovic Gramscis Unterscheidung von Zivilgesellschaft und politischer Gesellschaft/ Staat als eine analytische: Mit ihr wird das Moment des Zwangs von dem der Hegemonie geschieden