Anselm Franke and Ariella Azoulay (eds.): Territories: Islands, Camps and other States of Utopia. KW - Institute for Contemporary Art, Berlin June 1 - August 25, 2003. Köln 2003. 300 S.

Vom 6. Juni bis zum 25. August 2003 fand in Berlin die Ausstellung "Territories" am KW - Institute for Contemporary Art statt. Die Kuratoren hatten sie als Ausstellung über "Raum, Politik und Macht" konzipiert. Der Katalog ist ein Meilenstein kritischer Raumwissenschaft, voll von ungemein anregenden theoretischen Artikeln und praktischen Beispielen für die Organisation von Räumen und Orten als Teil der gegenwärtigen Weltentwicklung.

Elisabeth Lichtenberger: Die Stadt. Von der Polis zur Metropolis. Darmstadt 2002. 304 S.

Das hier vorzustellende Buch trägt einen sehr anspruchsvollen Titel: "Die Stadt. Von der Polis zur Metropolis". Obwohl die gleichermaßen in der theorieorientierten Gegenwartsgeographie und in der historischen Stadtgeographie bestens ausgewiesene emeritierte Wiener Professorin ELISABETH LICHTENBERGER einen sehr weiten Bogen spannt, muss doch eingangs darauf hingewiesen werden, dass der Untertitel "Von der Polis zur Metropolis" falsche Vorstellungen in Richtung auf das Überwiegen der historischen Sichtweise erweckt.

Winfried Schenk (Hg.): Robert Gradmann: vom Landpfarrer zum Professor für Geographie. Würdigung seiner wissenschaftlichen Leistungen. Beiträge zum Symposium anlässlich des 50. Todestages von Robert Gradmann. Leinfelden-Echterdingen 2002 (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 42). 150 S.

Die Deutsche Akademie für Landeskunde verleiht an herausragende Vertreter der geographischen Landeskunde die "Robert-Gradmann-Medaille". Dies ist ein besonders eindrucksvoller Beleg für die Bedeutung dieses Wissenschaftlers in der Geschichte des Faches Geographie.

Helmut Hildebrandt: Ausgewählte Schriften zur Historischen Geographie deutscher Landschaften. Quellen der Überlieferung - funktionale Strukturen - Prozesse und determinierende Kräfte - aktuelles Bildungspotential. Mainz 2003 (Mainzer Geographische Studien 48). 286 S.

HANS BECKER trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er in seiner Einführung zu diesem Band ausgewählter Schriften des inzwischen emeritierten Mainzer Geographieprofessors HELMUT HILDEBRANDTs schreibt, dass dessen Oeuvre die verschiedenen Paradigmenwechsel der historisch-geographischen Forschung in den letzten drei Dekaden in Deutschland trefflich nachzeichne. Aus der um 1970 ausklingenden Phase der Dominanz der auf die Erklärung heutiger Raumzustände aus der Vergangenheit zielenden genetischen Kulturlandschaftsforschung stammen zwei Beiträge: der erste zu den Grundzügen der ländlichen Besiedlung in nordhessischen Buntsandsteinlandschaften im Mittelalter, der zweite zur Genese von Breitstreifenaltfluren in Hessen.

Werner Bätzing: Die Alpen. Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft. 2., aktual. u. neukonz. Fassung. München 2003. 431 S.

Man kann BÄTZINGs Buch ganz naiv als eine vorzüglich bebilderte, gut zu lesende und aktuelle Monographie über die Alpen lesen, die unter den berühmten "interessierten Laien" sicherlich viele Käufer finden wird. Ein jeder, der das Buch zur Hand nimmt, wird nämlich ohne Zweifel einen Gewinn daraus ziehen, denn es finden sich - bisweilen in der Manier eines Lehrbuchs - nahezu alle denkbaren Aspekte sehr verständlich abgehandelt, die man mit den Alpen verbinden kann: von der Geologie, über die Entstehung des Alpenbildes und die Entwicklung von Landwirtschaft, Industrie und Fremdenverkehr bis zu den heutigen Raumstrukturen samt Überlegungen zur Zukunft des Alpenraumes. BÄTZING formuliert am Beginn der "Anmerkungen" explizit (auch für das Folgende vgl. S. 361f.), dass eine Zielgruppe des Buches die "Betroffenen" seien (er meint damit v.a. die Bewohner des Alpenraums, Politiker, Bürgerinitiativen und Umweltgruppen), weshalb die Darstellung allgemein verständlich sein müsse. BÄTZING sieht sich damit im Sinne Mittelstraß´ explizit einem "transdisziplinären Verständnis" von Wissenschaft verpflichtet.

Wolf-Dieter Hütteroth und Volker Höhfeld: Türkei. Geographie - Geschichte - Wirtschaft - Politik. 2., völlig neubearb. Aufl. Darmstadt 2002. 380 S.

Da die Kriege gegen das Osmanische Reich sich meist auf dem Balkan abspielten, rückte Kleinasien nach dem Falle von Byzanz immer weiter aus dem Bewusstsein des christlichen Mitteleuropa. Nun wandelt sich bei intensiveren Kontakten die Einstellung wieder. Eigentlich entspricht diese einer Wiederentdeckung, notwendig für Deutsche wie auch für Türken. Man muss den beiden Autoren danken, dass sie ein vollständiges, modernes Bild dieses Landes und seiner Gesellschaft anstreben und sehr viel Detail aus der neueren türkischen Forschung einbringen.

Michael Janoschka: Wohlstand hinter Mauern. Private Urbanisierungen in Buenos Aires. Wien 2002 (ISR-Forschungsberichte 28). 129 S.

Wenn eine Diplomarbeit (Geographie, Humboldt-Universität zu Berlin) in einer Reihe eines durchaus bekannten Forschungsinstituts für Stadt- und Regionalforschung erscheint (dessen Direktor, für Lateinamerika ausgewiesen, gleichzeitig Zweitgutachter bzw. -betreuer dieser Arbeit war), so darf man auf neue, herausragende und - in diesem Fall - für
Buenos Aires im Speziellen sowie für lateinamerikanische Metropolen im Generellen wichtige Ergebnisse hoffen.

Günter Mertins und Helmut Nuhn (Hg.): Kubas Weg aus der Krise. Neuorganisation der Produktion von Gütern und Dienstleistungen für den Export. Marburg/Lahn 2001 (Marburger Geographische Schriften 138). 288 S.

Jüngste Nachrichten von Repressalien gegen Andersdenkende und ein Strom von Augenzeugenberichten über die Spaltung der Gesellschaft in Dollarbesitzende und Arme machen seit einiger Zeit wieder auf Kuba aufmerksam. Doch nicht nur deswegen ist das Land interessant. Die Insel ist ein historischer Sonderfall, an dem sich Theorien der Entwicklung prüfen lassen. Allerdings gibt es nur wenige belastbare wissenschaftliche Veröffentlichungen mit empirischem Gehalt. Diese Lücke zu schließen, dazu kann der von GÜNTER MERTINS und HELMUT NUHN herausgegebene Sammelband "Kubas Weg aus der Krise" beitragen.

Joachim Becker: Akkumulation, Regulation, Territorium: Zur kritischen Rekonstruktion der französischen Regulationstheorie. Marburg 2002. 326 S.

Die französische Regulationstheorie befaßt sich in der Tradition institutionalistischer und marxistischer Ansätze mit den institutionellen und strukturellen Bedingungen von Stabilität und Krisenhaftigkeit der Entwicklungspfade kapitalistischer Marktwirtschaften. Das Konzept der Regulation wird dabei in Abgrenzung zum abstrakten Gleichgewichtsbegriff der neoklassischen Wirtschaftstheorie verwendet, es richtet sich zugleich gegen marxistische Vorstellungen zur strukturell determinierten Reproduktionsfähigkeit des Kapitalismus.

Wolfgang Aschauer: Landeskunde als adressatenorientierte Form der Darstellung. Ein Plädoyer mit Teilen einer Landeskunde des Landesteils Schleswig. Flensburg 2001 (Forschungen zur deutschen Landeskunde 249). 296 S.

Das Thema dieser Habilitationsschrift ist so umfangreich, daß bereits im Titel eine Beschränkung auf "Teile" vorgenommen wird. Angesichts des schon jahrzehntelangen Diskurses über Sinn und Unsinn von Landeskunden und der entsprechenden Menge an Literatur erscheint dies verständlich. Die Aufarbeitung des Diskussionsstandes und seiner Würdigung nehmen die erste Hälfte des Buches ein. Die zweite Hälfte liefert einen Versuch, am Beispiel des Landesteils Schleswig den alten Topos "Landeskunde" mit modernen Analyse- und Darstellungsmethoden anzureichern.

Andy Merrifield: Metromarxism. A Marxist Tale of the City. London und New York 2002. 224 S.

Andy Merrifield: Dialectical Urbanism. Social Struggles in the Capitalist City. New York 2002. 224 S.

Schenkt man der Einschätzung verschiedener angloamerikanischer Geographinnen und Geographen Glauben (z.B. Smith 2001), dann ist eine am Marxismus orientierte Geographie nach Jahren der Defensive in Folge von Angriffen aus verschiedenen theoretischen und politischen Lagern seit einiger Zeit wieder im Aufwind begriffen. Dieses Revival wird nicht nur von den "Altmeistern" wie David Harvey oder Neil Smith, sondern auch und gerade von einer "zweiten Generation"1 (ebd., S. 15) marxistischer Geographinnen und Geographen getragen. Neben neuen Themenschwerpunkten wie der Produktion räumlicher Maßstabsebenen und der Geographie der Arbeit (ebd., S. 14-17) steht dabei nach wie vor die Stadt im Mittelpunkt des Interesses - jenes Thema also, mit dem marxistisch orientierte Geographinnen und Geographen auch außerhalb der Disziplin seit nunmehr drei Jahrzehnten viel Gehör finden.