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Ellen Meiksins Wood: Demokratie contra Kapitalismus. Beiträge zur Erneuerung des historischen Materialismus. aus. d. Engl. v. Christoph Jünke u. Ingrid Scherf. Köln 2010. 304 S.
Das 1995 als Democracy against Capitalism veröffentlichte Buch vereint zwischen 1981 und 1995 geschriebene Artikel, die stimmig in neun Kapiteln zusammengefasst werden. Sie reichen thematisch von einer Reflexion über das Verhältnis von Ökonomischem und Politischem im Kapitalismus und Überlegungen zur Klassentheorie über eine tiefergehende Diskussion materialistischer Geschichtstheorie bzw. der Erklärung gesellschaftlichen Wandels bis hin zur Auseinandersetzung mit dem Bedeutungswandel von Demokratie seit der Antike.
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Diethelm Blecking u. Gerd Dembowski (Hg.): Der Ball ist bunt. Fußball, Migration und die Vielfalt der Identitäten in Deutschland. Frankfurt/M 2010. 304 S.
Während der DFB noch 2001 der kritischen Ausstellung Tatort Stadion über rassistische Phänomene in deutschen Fußballstadien die bereits zugesagte Unterstützung verweigert hatte, dokumentiert das Vorwort des amtierenden DFB-Präsidenten Theo Zwanziger zum vorliegenden Buch eine neue Verbandspolitik, fordert er hier doch eine Auseinandersetzung mit "Rassismus, Antisemitismus und Homophobie" (9) und macht die integrativen Qualitäten des ›Volkssports‹ Fußball stark. In dieser Hinsicht gelingt es den Herausgebern, durch knappe Überblicksdarstellungen und Interviews mit prominenten Trainern und Spielern (darunter Mirko Slomka, Patrick Owomoyela und Erdal Keser) sowie sportaffinen Wissenschaftlern (wie Detlev Claussen, Mark Terkessidis und Moshe Zimmermann) in die vielfältigen Facetten des "Kosmopolitismus" im modernen Fußball einzuführen.
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Torsten Heinemann u. Christine Resch (Hg.): (K)ein Sommermärchen: kulturindustrielle Fußballspektakel. Münster 2010. 236 S.
"Sportliche Großveranstaltungen heute [...] werden verwendet, um öffentliche, patriotisch konnotierte Begeisterung herzustellen, die freilich streng kontrolliert und überwacht ausgelebt werden soll" (9). Die aus kulturwissenschaftlichen Feldstudien im Kontext der Fußball-EM 2008 in Österreich und der Schweiz resultierenden Beiträge um den Frankfurter/Wiener Soziologen Heinz Steinert belegen diese These vielfach, behandeln aber auch weitere Themen wie Fußball als TV-Zuschauer-Sport; mediale Herstellung von Begeisterung; ideologische Praxen im Fanbereich; ökonomische Verflechtungen der Organisationen im Fußballmarketing.
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Sönke Wortmann: Deutschland. Ein Sommermärchen. Little Shark Entertainment in Kooperation mit der WDR Mediagroup 2006.
Ausgestattet mit Handkameras haben Sönke Wortmann und sein Team die deutsche Nationalmannschaft während der Fußballweltmeisterschaft 2006 vom Trainingslager auf Sardinien bis zur großen Feier vor dem Brandenburger Tor begleitet. Dem Unternehmen "Für Deutschland durch Deutschland" - der Slogan zierte den Mannschaftsbus - gibt Wortmann, in Anspielung auf Heinrich Heine, den Titel Deutschland. Ein Sommermärchen. Doch haben Heines Gedicht, das eine Reise durch Deutschland im Winter 1843 zum Gegenstand hat, und Wortmanns Inszenierung der Ereignisse keinerlei inhaltliche Berührungspunkte, im Gegenteil.
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Angela McRobbie: The Aftermath of Feminism: Gender, Culture and Social Change. Los Angeles-London 2008. 192 S.; dt. Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Wiesbaden 2010.
Verf. untersucht den Postfeminismus und definiert ihn als eine "Position, die durch eine neue Art antifeministischen Ressentiments bestimmt ist, das anders ist als der ›Backlash‹ gegen die scheinbaren Erfolge, die durch feministische Aktivitäten in den 1970er und 80er Jahren erlangt wurden. Etwas Unerwartetes war geschehen. Feministische Elemente wurden aufgenommen und dem politischen und institutionellen Leben einverleibt." (10) Man möchte denken, dass dies eine positive Sache ist. Aber das heißt nicht, dass der Feminismus all seine Ziele erreicht hat; stattdessen, so Verf., wurden die kollektiven Ideale in einen individualistischen Diskurs transformiert und das feministische Vokabular von etwas, das sie einen ›faux feminism‹ nennt, übernommen (1). Junge Frauen dürfen wählen. Im Angebot steht genau das, wofür die Feministinnen gekämpft hatten, aber diese Wahlmöglichkeiten stimmen mit dem zügellosen Individualismus überein.
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Eva Hartmann, Caren Kunze u. Ulrich Brand (Hg.): Globalisierung, Macht und Hegemonie.Perspektiven einer kritischen Internationalen Politischen Ökonomie. Münster 2009. 272 S.
Der Sammelband, der auf eine Tagung der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG) in Kassel 2007 zurückgeht, fokussiert interdisziplinäre Theorieansätze in der sich seit den 1970er Jahren zum eigenständigen Forschungsfeld institutionalisierten Internationalen Politischen Ökonomie (IPÖ). Die Beiträge verstehen sich angesichts der derzeitigen Deutungskrise kapitalistischer Entwicklungstendenzen als Kontrastprogramm zu Paradigmen neu-orthodoxer Wirtschaftswissenschaften sowie zu politikwissenschaftlichen Konzepten, die sich lediglich auf Fragen politischer Steuerung, deren Legitimität und Effektivität konzentrieren.
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Peter A. Berger u. Anja Weiß (Hg.): Transnationalisierung sozialer Ungleichheit. Wiesbaden 2008. 315 S.
Der Band untersucht Auswirkungen der Globalisierung auf die Sozialstruktur. Aus einer Tagung hervorgegangen, sind die zwölf Beiträge um die Themen "Transnationale Perspektiven ", "Migration" und "Entgrenzung der Sozialstruktur?" gruppiert. Sie markieren den Anfang eines neuen wissenschaftlichen Forschungsfeldes und diskutieren grundlegende Konzepte und Horizonte, legen empirische Befunde vor und beleuchten Methodenprobleme. Die Tatsache, dass "Transnationale Vergesellschaftung" als Leitmotiv für den jüngsten Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie gewählt wurde, unterstreicht das inzwischen hohe Interesse an der Thematik.
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Alex Callinicos: Imperialism and Global Political Economy. Cambridge u.a. 2009. 288 S.
"Den Imperialismus zu bekämpfen bedeutet ihn zu kennen." (227) Mit diesem Anspruch rekapituliert Verf. alte und beteiligt sich an den neuesten Diskussionen zu diesem weit ausgreifenden Thema.
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Andreas Wehr: Griechenland, die Krise und der Euro. Köln 2010. 179 S.
Das Buch ist eine politische Streitschrift und zielt auf aufklärende Intervention; es bleibt daher um polemische Zuspitzungen gegen die Verursacher der kritisierten Zustände nicht verlegen. Verf. hatte sich bereits mit ähnlich angelegten Schriften zum Verfassungsprozess der Europäischen Union (2004) oder der im Anschluss an die Ablehnung der Verfassung in mehreren Referenden ausgebrochenen Krise der EU (2006) auseinandergesetzt. Im aktuellen Kontext kritisiert er einerseits konsequent die aggressive exportorientierte deutsche Wirtschaftspolitik, die er für zentrale Probleme der EU-Peripherie(n) verantwortlich macht, andererseits bestreitet er, dass von der liberalen Binnenmarktpolitik nennenswerte Wohlfahrtsgewinne für die randständigen EU-Staaten ausgingen (173f). Interessant ist, dass er einen Großteil der Quellen dem Wirtschaftsteil der FAZ und der Financial Times entnimmt, so dass - wie schon bei Marx - die Darstellungen der bürgerlichen Tagespresse zum Material für pointierte Gesellschaftskritik werden.
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Andrej Grubacic: Don´t Mourn, Balkanize! Essays after Yugoslavia. Oakland 2010. 269 S.
Verf. ist Historiker, Soziologe und Globalisierungskritiker aus Belgrad. Vorliegendes Buch ist eine Essaysammlung, die er zwischen 2002 und 2010 für Znet und Z Magazine geschrieben hat. Im Vorwort bekennt er, seine Großeltern seien Partisanen und Sozialisten gewesen. Der Zerfall Jugoslawiens habe ihn jedoch am marxistisch-leninistischen Weg zum Sozialismus zweifeln lassen, weshalb er bald Anarchist geworden sei (12).
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Nikolaus Werz (Hg.): Populisten, Revolutionäre, Staatsmänner. Politiker in Lateinamerika. Frankfurt 2010. 616 S.
Pünktlich zu den Feierlichkeiten zu 200 Jahren Unabhängigkeit legt Hg. ein "Buch über Politiker in Lateinamerika mit wissenschaftlichem Anspruch" (11) vor. Er konstatiert ein "neues Interesse in Publizistik und Wissenschaft, nämlich Geschichte und Politik wieder stärker über den Lebenslauf des Einzelnen zu erschließen" (11f). Dies scheint einer Tendenz der letzten Jahre entgegenzustehen, in denen sich die Aufmerksamkeit häufig auf soziale Bewegungen und ihren Beitrag zu einer Diskreditierung neoliberaler Politiken in Lateinamerika richtete.