Martin Kronauer: Exklusion. Die Gefährdung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus. Frankfurt/M, New York 2002. 252 S.

Heinz Steinert u. Arno Pilgram (Hg.): Welfare Policy from Below. Struggles Against Social Exclusion in Europe. Aldershot 2003. 304 S.

Ausgehend von der französischen Diskussion über die "exclusion sociale" und der us-amerikanischen "underclass"-Debatte rekonstruiert Kronauer die in den verschiedenen Theorietraditionen enthaltenen Vorstellungen gesellschaftlicher Zugehörigkeit und entwickelt daraus einen mehrfach bestimmten Begriff sozialer Ausgrenzung.

Walter Müller u. Stefani Scherer (Hg.): Mehr Risiken - Mehr Ungleichheit? Abbau von Wohlfahrtsstaat, Flexibilisierung von Arbeit und die Folgen. Frankfurt/M-New York 2003. 395 S.

Theoretische Postulate über die Ursachen von Flexibilisierung und Sozialstaatsumbau seien ungenügend empirisch überprüft, meinen Hg., und legen mit ihrem Verlangen nach "eindeutigen Nachweisen" eine schlichte positivistische Perspektive an (9). In diesem Sinn versucht John Goldthorpe, die Globalisierung wegzudiskutieren, weil kein kausaler Mechanismus zu erkennen sei (31ff). Zwar trifft seine Kritik an verkürzten Argumentationsmustern, die eine Notwendigkeit zum marktförmigen Umbau des Staates begründen (vgl. auch Anthony Atkinson, 63ff), aber der Rest ist einfache Negation.

Christian Christen, Tobias Michel u. Werner Rätz: Sozialstaat. Wie die Sicherungssysteme funktionieren und wer von den "Reformen" profitiert. Hamburg 2003 (AttacBasisText 6). 94 S.

Soziale Bewegungen benötigen Wissen über die komplizierten Sachverhalte, auf die sie sich in Auseinandersetzungen beziehen - besonders wenn ihre Themen massive alltagsweltliche Auswirkungen haben, aber in ihrer Dynamik kaum noch durchschaubar sind. Die Reihe AttacBasisTexte versucht, komplexe Entwicklungen in knapper Form darzustellen. Ihre ersten Hefte befassten sich mit internationalen Themen wie die Tobin-Steuer, GATS oder Steueroasen; These des aktuellen ist, dass der Sozialstaatsabbau wenig mit Globalisierung, aber viel mit Verteilungskämpfen und Interessen zu tun hat.

Bob Jessop: The Future of the Capitalist State. Cambridge 2002. 330 S.

Mit den Umbrüchen vom "Keynesian Welfare National State" zum "Schumpeterian Competition State" und einem "Schumpeterian Workfare Postnational Regime" verliert der staatstheoretische Forschungsgegenstand, bisher als Nationalstaat gedacht, seine Eindeutigkeit. Verf. nähert sich diesen Umbrüchen in einem theoretischen Dreischritt, von Poulantzas über Gramsci zu Luhmann (8).

Guenther Sandleben: Nationalökonomie & Staat. Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals. Hamburg 2003. 134 S.

Die "Fokussierung" auf den Begriff Finanzkapital in Diskursen um Globalisierung sitzt "einer Reihe von Mystifikationen [auf], die zu falschen ökonomischen und politischen Konsequenzen führen" (8f). Das Fortwirken des hilferdingschen Verständnisses von Finanzkapital führe zur "Vernachlässigung des wirklichen Reproduktionszusammenhangs" (128) und zur ungenügenden Theoretisierung des Verhältnisses von Kapital, Nationalstaat und Staatensystem. Diese Defizite möchte Verf. mit einem eigenen Ansatz überwinden, in dessen Zentrum der Begriff ›Gesamtkapital‹ steht.

Claudia von Werlhof, Veronika Bennholdt-Thomson u. Nicholas Faraclas (Hg.): Subsistenz und Widerstand. Alternativen zur Globalisierung. Wien 2003. 256 S.

"Kann denn Liebe Arbeit sein?" (Angelika Krebs) begannen sich einige Feministinnen ab den 1970er Jahren zu fragen, bejahten dies und rechneten fortan sowohl die stofflichen wie auch die affektiven Aspekte der Reproduktionsarbeit - kurative Bemühungen, körperliche Zuwendung, Aufmerksamkeit - zur produktiven Sphäre. "Subsistenzproduktion" nennen die Vertreterinnen des Bielefelder Ansatzes Maria Mies, Claudia von Werlhof und Veronika Bennholdt-Thomson die Gesamtheit dieser "Tätigkeiten, die unmittelbar der Schaffung, Wieder-Erschaffung und Erhaltung von Leben dienen und darüber hinaus keinen weiteren Zweck verfolgen" (Mies).

Andy Merrifield: Dialectical Urbanism. Social Struggles in the Capitalist City. New York 2002. 224 S.

Auch nach der in den 1990er Jahren geführten Debatte um das ›Ende der Europäischen Stadt‹ durch ihre ›Amerikanisierung‹, also durch soziale Polarisierung, lohnt es sich für Europäer, von der us-amerikanischen Stadtentwicklung zu lernen. Mit einem an Henri Lefèbvres marxistischer Alltagstheorie geschulten Blick analysiert Verf. auf Quartiers-ebene die sozialen Bedingungen urbaner Politik. In den lokalen Verhältnissen drückten sich gesamtgesellschaftliche Entwicklungstendenzen aus. Die Untersuchung ihrer Eigendynamiken soll zugleich Hinweise darauf liefern, welche politischen Organisationsformen und lokalen Aktivitäten für den Kampf um eine sozial gerechte Stadt geeignet sind.

Norbert Gestring u.a. (Hg.): Jahrbuch StadtRegion 2002. Schwerpunkt: Die sichere Stadt. Opladen 2003. 221 S.

Sicherheitsdiskurse und Kriminalpolitik haben, wie Jan Wehrheim in diesem zweiten Jahrbuch argumentiert, stets in Phasen sozialen Umbruchs Hochkonjunktur. In der Krise des Fordismus seien Sicherheit und Ordnung als weiche Standortfaktoren entdeckt worden. Heute bedrohe der Kampf gegen Unordnung und Heterogenität die Urbanität der Städte.

Birgit Mahnkopf (Hg.): Management der Globalisierung. Berlin 2003. 351 S.

"Wozu noch ein Buch über Strukturen, Prozesse und Akteure der Globalisierung?", fragt Hg. (7). Weil es sich um einen komplexen, widersprüchlichen Prozess handelt, der sich auf veränderte Geld- und Kapitalmärkte, Produktions- und Arbeitsweisen, Staats- und Rechtsformen etc. bezieht. Dies erfordert es immer wieder, unterschiedliche Perspektiven und Einzelanalysen zusammenzubringen.

Jean Ziegler: Die neuen Herrscher der Welt und ihre globalen Widersacher. München 2003. 318 S.

Samir Amin: Für ein nicht-amerikanisches Jahrhundert. Der in die Jahre gekommene Kapitalismus. Hamburg 2003. 182 S.

Ziegler hat eine Kampfschrift vorgelegt, gerichtet gegen Analysen der Weltordnung, die wie selbstverständlich die Perspektive der USA bzw. der reichen Länder einnehmen (vgl. Hack in Das Argument 252). Zur Zeit als Sonderbotschafter der UN-Menschenrechtskommission für das Recht auf Nahrung tätig, belegt Verf. auf Grundlage eigener Erfahrungen ein Bild ›der Welt‹, das zeigt, wie sich globale Entwicklungen aus der Perspektive des ›Südens‹ ausnehmen, einschließlich der Stützung korrupter Regime.

Sarah Wagenknecht: Kapitalismus im Koma - Eine sozialistische Diagnose. Berlin 2003. 160 S.

Den Hauptteil des Buches bilden Wirtschaftskolumnen, die zwischen Dezember 2001 und Juli 2003 in der Tageszeitung Junge Welt erschienen sind und Themen wie Steuerreform und Rürup-Kommission behandeln. Gekleidet in kritisch-provozierende Fragen vertritt Verf. v.a. drei Punkte: Die aktuellen Reformen seien eine "Interessenpolitik" (66) der Umverteilung von unten nach oben, notwendig sei aber eine Politik der Nachfragesteigerung, und ohnehin sei der Kapitalismus am Ende. Dabei bleibt ihre Interessenanalyse dualistisch: das Kapital ist Gewinner, die Arbeiterklasse und der - aus parteitaktischen Gründen erwähnte - Mittelstand sind Opfer. Die "herrschende Politik" sieht sie allein vom "Klasseninteresse" gelenkt (88); die von der materialistischen Staatstheorie herausgearbeitete ›relative Autonomie des Staates‹, das Terrain, auf dem um soziale Kompromisse gerungen wird, bleibt ausgeblendet.