Christop Butterwegge u. Gudrun Hentges (Hg.): Zuwanderung im Zeichen der Globalisierung. Migrations-, Integrations- und Minderheitenpolitik. 2. akt. u. überarb. Aufl.Opladen 2003. 282 S.

Ein Widerspruch prägt die Globalisierung: Die internationale Mobilität von Waren und Kapital wird begrüßt, die von Menschen hingegen beschränkt oder verhindert. Obwohl Migration eine Schlüsselrolle bei der Globalisierung spielt, wird sie in den Debatten über Globalisierung bisher kaum berücksichtigt. Diese Lücke wollen Verf. schließen und dazu beitragen, "die jüngsten Veränderungen der migrationspolitischen Agenda aufzugreifen, sie zu reflektieren und kritisch zu analysieren" (8).

Michael Sorkin u. Sharon Zukin (Hg.), After the World Trade Center. Rethinking New York City. New York-London 2002. 240 S.

Verf. will die Bedeutung und Wirkung der Anschläge vom 11.9.2001 ausloten, ihr Verstehen befördern, ohne die Debatte durch Rückgriff auf Altbekanntes sogleich wieder, scheinbar wissend, abzuschließen. Die 19 Autoren, alle kritische Stadtforscher aus New York, versuchen unkonventionell zwischen alten Trends und neuer Situation zu vermitteln; ihnen scheint, als habe der 11.9. eine neue Epoche eingeleitet, die aber keinen radikalen Bruch mit der bisherigen imperialen (U.S.-)Politik darstellt.

Christoph Engemann: Electronic Government - vom User zum Bürger. Zur kritischen Theorie des Internet. Bielefeld 2003. 151 S.

Seit sich das Internet von der kontrollierten militärischen Infrastruktur zum allgemein zugänglichen Kommunikationsraum entgrenzt hat, ruft es politische Projektionen hervor: Von der Netzwerkdemokratie bis hin zur Kontrollgesellschaft hat man alle möglichen Szenarien künftiger Gemeinwesen mit ihm verbunden. Verf., dessen Arbeit durch die "Unzufriedenheit" mit den beiden Extremvisionen motiviert ist, versucht eine stichhaltigere Perspektive zu gewinnen, indem er "die Ökonomie und die mit ihr einhergehenden Zwänge" zum Ausgangspunkt seiner Analyse macht (13f).

Bärbel Beinhauer-Köhler und Claus Leggewie: Moscheen in Deutschland. Religiöse Heimat und gesellschaftliche Herausforderungen. München 2009. 240 S.

Die öffentliche Debatte um den Bau von Moscheen und Minaretten und allgemein um den Islam hat durch das Ergebnis der Abstimmung in der Schweiz auch in der Bundesrepublik neue Nahrung bekommen. Zu wünschen wäre es, wenn die Auseinandersetzungen dazu beitragen könnten, die Diskussion zu versachlichen und sie mit brauchbarem Wissen zu versorgen. Denn es gilt, worauf gerade erst der Berliner Literaturwissenschaftler Thomas Kramer (im Tagesspiegel vom 6. Dezember 2009) oder Altkanzler Gerhard Schröder (in der Zeit vom 10. Dezember 2009) hingewiesen haben: Wissen und Unwissen, Halbwissen und Ignoranz gehen eine unselige Melange ein aus der heraus Pauschalurteile schnell gefällt werden und die eine politische oder mediale Instrumentalisierbarkeit enorm erleichtern.

Stephanie Busch und Ulrich Noller (unter Mitarbeit von Jochen Pahl): Das Stadt-Buch. Hier lebt das Wissen der Welt. Berlin 2009. 288 S.

In dem wunderbar illustrierten Buch, das der Verlag für Kinder ab 10 Jahren empfiehlt, wird der junge Leser auf die Reise durch die Stadt geschickt. Mit U-Bahn, Straßenbahn, Bus, Taxi oder Rikscha werden Orte, die Stadt ausmachen - vom Bahnhof über das Bankenviertel bis zum Friedhof -, erkundet und das "Abenteuer Stadt" auf vielfältige Weise entdeckt.

Manfred Henningsen: Der Mythos Amerika. Frankfurt/M. 2009. 358 S.

Für eine "überfällige Zäsur" hält der Rezensent Gerd Renken in "Das Parlament" das Buch von Manfred Henningsen. Dem Rezensenten zufolge beginnt der Autor seine amerikanische Bewusstseinsgeschichte mit der kritischen Aufarbeitung des amerikanischen Gründungsmythos. Die Sklaverei und der Landraub an den Indianern stehen hier im Mittelpunkt. Amerika sei nicht entdeckt, sondern im Prozess einer gewalttätigen Eroberung erfunden worden. Diese Einsicht gehört nach Auffassung Renkens zu den Grundthesen des Buches.

Birthe Kundrus (Hg.): Phantasiereiche. Zur Kulturgeschichte des deutschen Kolonialismus. Frankfurt/M 2003. 327 S.

Als Klaus Theweleit die Männerphantasien im Milieu der Freikorps untersucht hat, aus denen sich in der Weimarer Republik die Kernzellen der Nazi-Bewegung rekrutierten, ist er unter anderem auf Kapitän Ehrhardt und Lettow-Vorbeck gestoßen. Ist es nicht symptomatisch, dass beide schon am Vernichtungskrieg gegen die Herero in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika beteiligt waren? Die deutsche Kampagne dort schildert einer der meistgelesenen Romane des Deutschen Kaiserreichs, Peter Moors Fahrt nach Südwest von Gustav Frenssen aus dem Jahr 1906.

Petra Bendel u. Michael Krennerich (Hg.): Soziale Ungerechtigkeit. Analysen zu Lateinamerika.  Frankfurt/M 2002. 275 S.

Hg. bezeichnen die soziale Ungerechtigkeit in Lateinamerika, die wahrscheinlich größer als in anderen Teilen der Peripherie ist, als "Grundübel, das strukturelle Ursachen hat" (7) und die politischen Systeme dort vor große Herausforderungen stellt. Die Beiträge von Krumwiede, Franco, Heynig und Weller verweisen auf weit zurückliegende Elemente der Sozialstrukturentwicklung und versuchen, die politischen Implikationen bzw. die durch die Sozialstruktur bedingten Eingriffmöglichkeiten kollektiver sozialer Akteure abzuschätzen.

John Bellamy Foster: Ecology Against Capitalism. New York 2002. 176 S.

Die Debatte, ob Kapitalismus und Ökologie miteinander kompatibel sind oder aber unüberbrückbare Gegensätze darstellen, ist seit dem UN-Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung 1992 breit diskutiert worden. In den westlichen Gesellschaften wurden seither vielfältige Maßnahmen ergriffen, um die negativen Auswirkungen der herrschenden Produktionsweise zu reduzieren. Ökosteuer, Ökomanagementsysteme, Zertifizierungsinstrumente (ISO, EMAS, Ökoprofit usw.), Ökoeffizienzstrategien und ähnliche Konzepte werden mit mehr oder weniger Erfolg praktiziert.

Matthias Krämer: Globale Gefährdung pflanzengenetischer Ressourcen. Perspektiven aus Sicht der Ökologischen Ökonomie. Frankfurt/M 2000. 267 S.

Christoph Görg, u. Ulrich Brand: Mythen globalen Umweltmanagements. Rio+10 und die Sackgassen "nachhaltiger Entwicklung". Münster 2002. 217 S.

Michel Chossudovsky: Global brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg. Frankfurt/M 2002. 477 S.

Krämer geht es um einen Beitrag zur Realisierung der 1992 in Rio beschlossenen Konvention zum Schutz biologischer Diversität (CBD), die durch die Expansion industrialisierter Landwirtschaft bedroht wird. Von einem ökologisch-ökonomischen Ansatz her will er das Verständnis von Agrobiodiversität als "Vielfalt und Variabilität von Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen" (239) gesellschaftswissenschaftlich erweitern. Eine kritische Institutionsanalyse geltender Umweltregime zeigt, dass die Bewahrung, nachhaltige Nutzung und Verbesserung der Agrobiodiversität, also auch der "Produktivität der Agroökosystemfunktionen", nur durch aktive staatliche Steuerung möglich sind (ebd.).

Manuela Bojadžijev u. Alex Demirovic (Hg.): Konjunkturen des Rassismus. Münster 2002. 333 S.

Wie die Hg. mit Blick auf die Kontinuitäten von rassistischen Ideologien, Diskursen und Praktiken beobachten, gilt es als "Zeitindex", dass Rassismus eigentlich immer schon überholt sei - und jedes Mal stellt Überraschung sich ein, wenn er doch und in neuer Gestalt auftaucht (21). Dabei ist es kein Widerspruch, dass die rot-grüne Bundesregierung einerseits antirassistische Initiativen und Kampagnen fördert, andererseits aber rassistische Diskurse reproduziert und nicht anders als rassistisch zu nennende Maßnahmen anordnet (20).