Christa Berger, Bruno Hildenbrand, Irene Somm: Die Stadt der Zukunft. Leben im prekären Wohnquartier. Opladen 2002. 215 S.

Das Buch ist entstanden aus einer empirischen Untersuchung über die Folgen der Schließung der offenen Drogenszene am stillgelegten Züricher Innenstadtbahnhof "Letten" in Jahr 1995. Erforscht werden sollten die "Verunsicherungen im Stadtteilalltag" (S. 9) in zwei direkt angrenzenden Stadtvierteln (Stadtkreise 4 und 5), in die sich die Drogenszene verlagert hatte, nachdem die Stadt eine deutlich repressivere Drogenpolitik verfolgte. Als Arbeiter-, Ausländer- und 'Rotlicht'-Viertel haben diese Stadtviertel ohnehin einen schlechten Ruf und schwierige Lebensbedingungen.

Rolf Monheim (Hg.): Park & Ride - ein Beitrag zum stadtverträglichen Verkehr? Bayreuth 2001 (Arbeitsmaterialien zur Raumordnung und Raumplanung 188). 118 S.

Die Wege des Wissenschaftsbetriebs sind manchmal unergründlich. Wenn diese Rezension erscheint, wird der 10. Jahrestag der Tagung anstehen, die den Anlass fürden vorliegenden Sammelband zum Thema Park+Ride darstellte. Inzwischen hat P+R als vermeintlicher Königsweg der Verkehrsplanung längst ausgedient, und insbesondere die Diskussion um P+R-Großanlagen ("Terminals") hat merklich an Aktualität verloren. Dennoch spielt P+R in der kommunalen Verkehrsplanung auch heute eine nicht unwichtige Rolle, und viele der kontroversen Standpunkte und Argumente zu den planerischen Anforderungen und Wirkungen von P+R sind weiterhin richtig und werden in dem vorliegenden Band (auch zwischen den Autoren der Beiträge) gut deutlich. Insofern werden fachlich Interessierte, die sich einen Überblick über die Argumente der P+R-Diskussion verschaffen wollen, den Band mit Gewinn lesen.

Martin Dinges und Fritz Sack (Hg.): Unsichere Großstädte? Vom Mittelalter zur Postmoderne (Konflikt und Kultur - Historische Perspektiven, Band 3). Konstanz 2000. 396 S.

Die Beiträge diese Sammelbandes entstammen größtenteils einer Serie dreier interdisziplinärer Tagungen von Kriminologen und Historikern zum Thema "(un-)sichere Stadt". Neben dem einleitenden Beitrag der Herausgeber entstanden so zwölf historische und vier kriminologische Beiträge, größtenteils Fallbeispiele, die sich mit Fragen städtischer Kriminalität, ihrer Wahrnehmung und dem Umgang mit ihr in verschiedenen Städten vom späten Mittelalter bis in die 1990er Jahre beschäftigen. Da jeder Versuch, die thematische Bandbreite und die Fülle an empirischen Funden im Einzelnen vorzustellen den Beiträgen nicht gerecht werden könnte, wird sich diese Besprechung auf drei Aspekte konzentrieren, die in verschiedenen Aufsätzen bzw. dem Band als Ganzem eine Rolle spielen: der Umgang mit Kriminalstatistiken, das Bild der Großstadt und, als übergeordnetem Aspekt, der Erkenntnisgewinn durch den interdisziplinären Ansatz.

Julia Lossau: Die Politik der Verortung. Eine postkoloniale Reise zu einer "anderen" Geographie. Bielefeld 2002. 227 S.

Julia Lossaus Reise zu einer "anderen" Geographie, hervorgegangen aus ihrer Dissertation, ist der ambitionierte Versuch, eine Kritik an der Anthropogeographie überzuführen in die Formulierung einer Alternative: einer "anderen" Geographie.

David Harvey: Spaces of Hope. Edinburgh 2000. 293 S.

Das Buch bietet zunächst eine Analyse der gegenwärtigen Formen und Tendenzen regionaler Ungleichheit und berücksichtigt dazu nicht nur die Disparitäten zur Zeit des Kommunistischen Manifests als Vergleich mit der Vergangenheit, sondern auch die Entwicklungsformen der Globalisierung; diese beruhen nach Harveys Ansicht darauf, dass auch unter den Bedingungen des späten und von Konzernen beherrschten Kapitalismus die Bourgeoisie weltweit auf der Jagd nach neuen Märkten bleibt. Im Gegensatz zu vielen früheren Publikationen wendet sich der Autor subjektiven und individuellen Fragen zu. Das ist wohl eine Folge seiner anhaltenden Rezeption des englischen Kulturtheoretikers und äußerst eloquenten Marxisten Raymond Williams. Er hat von diesem viel gelernt und dabei seine jahrzehntelange Bindung an allzu abgehobene und strukturalistisch verengte Kategorien weitgehend überwunden, wie es scheint.

Daniela Gorsler: Informelle räumliche Planung. Stand der aktuellen Forschung und Forschungsbedarf. Hannover 2002 (Akademie für Raumforschung und Landesplanung: ARL-Arbeitsmaterial, Nr.286). 114 S.

Der im Zuge von Globalisierung und räumlichen Anpassungsstrategien entstehende Bedeutungsgewinn von Regionen hat die Suche nach geeigneten Instrumenten forciert, um sich im wachsenden Regionenwettbewerb besser zu positionieren. Dazu benötigen Regionen Instrumente mit starker Handlungs- und Akteursorientierung bei gleichzeitiger Partizipation Betroffener. In derartigen neuen Policy-Strukturen gewinnen Verhandlungslösungen, Netzwerkstrategien und Moderationsverfahren an Bedeutung. Zur Abgrenzung gegenüber den formalisierten Planungsverfahren wird dabei seit längerem von "informellen" Instrumenten räumlicher Planung und Entwicklung gesprochen.

Rudolf Ortner: Der wiedergefundene Raum. Perspektiven der naturwissenschaftlichen Methode in der Geographie. Aachen 1999. 317 S.

Rudolf Ortners Buch - der Manuskriptdruck seiner 1992 erschienenen Dissertation - besticht durch einen Titel, der eine Fortsetzung des immer noch aktuellen Diskurses um die wissenschaftstheoretische Verortung der Geographie verspricht. Erklärtes Ziel des Autors ist es, ausgehend von der Methodologie Rudolf Steiners eine argumentativ gesicherte Perspektive zu eröffnen, die mittels einer gesamtheitlichen Wesensschau i. S. Goethes die Schwächen der bestehenden geographischen Positionen aufzulösen vermag: "Nicht eine Ideologie oder eine fixierte Weltanschauung soll hier der Geographie unterlegt werden, sondern in der freien Auseinandersetzung der Geister um die zukünftige Gestalt der Wissenschaft zählt letztendlich nur der Weg der besseren Argumentation" (S. 20).

Jahrbuch StadtRegion 2002. Schwerpunkt: Die sichere Stadt. Hg. von Norbert Gestring, Herbert Glasauer, Christine Hannemann, Werner Petrowsky, Jörg Pohlan. Opladen 2003. 221 S.

Die Themen "öffentliche Sicherheit" und "Kriminalitätsbekämpfung" stehen seit mehreren Jahren auf der Liste gesellschaftlicher Themen, die auch im Wahlkampf der politischen Profilierung von Parteien dienen. Die Angst vor Kriminalität und Übergriffen im öffentlichen Raum scheint zuzunehmen: nicht nur in der deutschen Gesellschaft werden Kontroll- und Überwachungstechniken ausgebaut, verdachtsunabhängige Polizeikontrollen an bestimmten Orten verstärkt, während sich reiche Bevölkerungsgruppen in bewachte Siedlungen, Gated Communities, zurückziehen. Unsicherheit und Kriminalität sind in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem ein großstädtisches Thema, das den Staat und die kommunalen Verwaltungen vor neue Herausforderungen stellt. Dies stellt einen Ansatzpunkt dar, dem sich die Stadtforschung widmen kann und sollte. Darüber hinaus ergeben sich bei genauerer Betrachtung eine große Zahl von Fragen, die den Ursprung des allgemeinen Unsicherheitsgefühls betreffen.

Willkommen Nr. 6.000.000.000. Kenia - Vietnam - Deutschland im Vergleich. Video und Begleitmaterialien. Ein Projekt des Westermann Schulbuchverlags und der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW).

Die Weltbevölkerung hat Ende 1999 die Sechs-Milliarden-Grenze überschritten. Dieses Ereignis war der Anlass für den Westermann-Verlag und die DSW, auf die im Jahre 2000 mit dem BMZ-Entwicklungspreis ausgezeichnete Reportage von GEO zurückzugreifen und einen Videofilm zu entwickeln. Aus dem Fotomaterial des Magazins, das während der ein halbes Jahr andauernden Begleitung dreier Familien durch ihren jeweiligen Lebensalltag in Kenia, Vietnam und Deutschland entstanden ist, konzipierten die Projektbearbeiter von Westermann und der DSW eine Art Dia-Tagebuch für jede dieser Familien. Im Mittelpunkt stehen dabei die drei im November 1998 geborenen Kinder Francis Mutia (Kenia), Ha Le (Vietnam) und Paulina (Deutschland) in ihren ersten sechs Lebensmonaten. Der Videofilm wird ergänzt durch eine 26seitige Broschüre mit Unterrichtsmaterialien zum Video.

Olaf Schnur: Lokales Sozialkapital für die "soziale" Stadt. Politische Geographien sozialer Quartiersentwicklung am Beispiel Berlin-Moabit. Opladen 2003. 416 S.

Scheinbar hat es sich der Verlag Leske und Budrich zur Aufgabe gemacht, eine Adresse für Veröffentlichungen zum Stichwort "Soziales Kapital" bzw. "Sozialkapital" zu werden. Der Band "Lokales Sozialkapital für die 'soziale' Stadt" von Olaf Schnur ergänzt die Reihe aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Forschungsbereichen (vgl. Haug 2000, Haus 2002, Kessl/Otto 2003) durch einen Beitrag zur Stadtforschung an der Schnittstelle zwischen Soziologie, Geographie und Politikwissenschaft. Es handelt sich dabei um eine im Fach Geographie an der Humboldt-Universität Berlin eingereichte Doktorarbeit.

Beate Lohnert: Vom Hüttendorf zur Eigenheimsiedlung. Selbsthilfe im städtischen Wohnungsbau - Ist Kapstadt das Modell für das Neue Südafrika? Osnabrück 2002 (Osnabrücker Studien zur Geographie, Band 24). 303 S.

Auch fast zehn Jahre nach der großen politischen Wende in Südafrika ist die Versorgung der Bevölkerung mit adäquatem Wohnraum noch immer eine der größten politischen Herausforderungen der Postapartheidsgesellschaft. Wie Beate Lohnert in der Einleitung zu ihrer Habilitationsschrift zu Recht klarstellt, müssen Wohnungspolitik und Wohnraumplanung als zentrales Element der südafrikanischen Desegregations- und Integrationsbemühungen begriffen werden. Eine Auseinandersetzung mit der Wohnungsbauproblematik kann daher ein Schlüssel zum Verständnis der komplexen gesellschaftlichen Transformationsprozesse sein, die sich seit Beginn der 1990er Jahre in Südafrika vollziehen. Das Beispiel des Selbsthilfewohnungsbaus in Kapstadt dient Lohnert aber zugleich auch als Ausgangspunkt für eine kritische Würdigung von Self-help-Konzepten, wie sie generell in zahlreichen Ansätzen der Entwicklungszusammenarbeit als Vehikel zur Überwindung sozialer Polaritäten und als Partizipationsinstrumentarien propagiert werden.