Jann M. Witt: Die Ostsee – Schauplatz der Geschichte. Darmstadt 2009. 144 S.

Die Geschichte des Ostseeraumes auf knapp 140 großzügig bebilderten Seiten im Überblick darzustellen, ist ein durchaus anspruchsvolles Unterfangen. So muss es bei einem Überblick bleiben, der immer wieder durch interessante Einzelheiten ergänzt wird. Der Verfasser schreibt in seinem Vorwort denn auch, dass dieses Buch ein Anreiz sein soll, sich mit der Geschichte der Ostsee als eines verbindenden Raumes zu befassen. Entsprechend kann auch das Literaturver-zeichnis, das 34 überwiegend neuere Titel der letzten Jahre umfasst, darunter auch einige Dänische, nur den Einstieg in die Beschäftigung mit dem Thema bieten.

Olaf Gerlach, Marco Hahn, Stefan Kalmring, Daniel Kumitz, Andreas Nowak (Hg.): Globale Solidarität und linke Politik in Lateinamerika. Berlin 2009. 276 S.

Angesichts der zunehmenden internationalen Vernetzung von Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalmärkten und der weltweiten Ausbreitung kapitalistischer Vergesellschaftungsformen ist globale Solidarität als ein "strategischer Begriff", der ein "Handeln zur Gegenwehr" (Frieder Otto Wolf, 61) bezeichnet, nach wie vor von zentraler Bedeutung für linke, emanzipatorische Politik. Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte, die symbolischen und diskursiven Aneignungen des Begriffs und die damit verbundenen Gesellschaftskonzepte zeigt jedoch auch, dass der Begriff der Solidarität zwar ein "begehrtes symbolisches Gut" (Claudia von Braunmühl, 33) darstellt, das jedoch von linken Bewegungen bzw. Gruppierungen im globalen Norden und Süden häufig mit sehr unterschiedlichen Inhalten gefüllt wurde.

Thomas Homer-Dixon: Der heilsame Schock. Wie der Klimawandel unsere Gesellschaft zum Guten verändert. München 2010. 79 S.

Der kanadische Professor für Politikwissenschaft zählt seit fast zwei Jahrzehnten zu den bekanntesten Vertretern der neomalthusianischen Argumentation, die Kombination aus Bevölkerungswachstum und umweltbedingter Ressourcenverknappung führe zu gesellschaftlichen Krisen und gewaltsamen Konflikten. Der schmale Band stellt die überarbeitete Fassung seines Eröffnungsvortrags zur Konferenz "The Great Transformation - Climate Change as Cultural Change" vom Juni 2009 in Essen dar. Er ist in der Reihe "quergedacht" erschienen. Die Argumente des Bestseller-Autors schließen an seine zahlreichen Veröffentlichungen an, die längst zum wissenschaftlichen und politischen Mainstream avanciert sind.

Theo Rauch: Entwicklungspolitik. Theorien, Strategien, Instrumente. Braunschweig
(= Das Geographische Seminar) 2009. 384 S.

Als Ziel des Buches definiert der Autor, "Ansätze, Strategien und Instrumente der Entwicklungspolitik in ihrer Differenziertheit zu beschreiben, sie theoretisch einzuordnen und eine realistische Einschätzung über deren Potenziale und Grenzen zu ermöglichen"( 16). Die Adressaten sind sehr weit gefasst: Studierende und Fachleute, d.h. Spezialisten und 'Macher' sowie die kritische Öffentlichkeit (17). Diesem Informationsanspruch folgend ist das Buch sehr breit angelegt und deckt praktisch das gesamte entwicklungspolitische Themenspektrum ab.

Heike Egner und Andreas Pott (Hg.): Geographische Risikoforschung. Zur Konstruktion verräumlichter Risiken und Sicherheiten. Stuttgart (Erdkundliches Wissen 147) 2010.
242 S.

Zweifellos liegt die Befassung mit Risiken im Trend, ist Risikoforschung ein Querschnittsthema, unter dem allerlei subsummiert und vielerlei verstanden werden kann. Psychologische, technische oder soziologische Risikoforschung sind Bezeichnungen, die wahrscheinlich geläufig sind, von einer explizit geographischen Risikoforschung ist bisher aber eher selten die Rede gewesen, und dies auch erst seit wenigen Jahren. Auch der Untertitel mag verwundern; was meint "Konstruktion verräumlichter Risiken und Sicherheiten"?

Akademie für Raumforschung und Landesplanung: Grundriss der Raumordnung und Raumentwicklung. Hannover 2011. 877 S.

36 zumeist renommierte Autoren und ein hochkarätiger Redaktionsausschuss von sieben Praktikern und Wissenschaftlern haben es geschafft, ein umfassendes, fast 900 Seiten starkes Werk zur Raumordnung und Raumentwicklung vorzulegen. Klaus Borchard formuliert im Vorwort den eigenen Anspruch der Herausgeber, das "aktuelle Basiswissen der Disziplin zusammenfassend und systematisch aufgearbeitet" dazustellen. Damit werden die drei Vorgängerbände, die Grundrisse der Raumordnung aus dem Jahr 1982, der Stadtplanung aus dem Jahr 1983 und der Landes- und Regionalplanung aus dem Jahr 1999, aktualisiert und abgelöst.

Stephan Moebius u. Dirk Quadflieg (Hg.): Kultur. Theorien der Gegenwart, 2., erweit. u. aktual. Aufl. Wiesbaden 2011. 785 S.

Der Band will die theoriegeschichtlichen Wirkungen des sogenannten cultural turn aufzeigen, der die Einsichten des linguistic turn kritisch erweiternd »den Bereich der Lebensformen insgesamt« einbezieht, also »diejenigen welterschließenden symbolischen Strukturen und Sinnsysteme, durch die soziale Wirklichkeit erschaffen und ein gezieltes Handeln in der Welt möglich, aber auch begrenzt wird« (12). Subjektive Sinn- und Weltdeutungen sowie Handlungsmodalitäten sozialer Akteure sollten mehr Beachtung finden, wobei v.a. die »kulturellen Dimensionen des Sozialen« (11) von Interesse wurden. Hg. kennen zwar die »Gefahr einer konturenlosen Erweiterung des Kulturbegriffs«, wollen sich aber auf keine Eingrenzung festlegen, da »eine Definition des Kulturbegriffs selbst nur innerhalb der jeweiligen theorie- und disziplinenabhängigen Konstruktion von Gegenständen und Fragestellungen kohärent möglich ist« (12).

Chris Williams: Ecology and Socialism. Solutions to Capitalist Ecological Crisis. Chicago 2010. 283 S.

Als Beitrag zur Diskussion über die Ursachen und Wege aus der ökologischen Krise liefert Verf. eine wissenschaftlich fundierte, politische Handreichung, die in der Tradition des – im Vergleich zum europäischen immer noch lebendigeren – us-amerikanischen Ökomarxismus steht. Ausgehend von den aktuellen Debatten über soziale Ursachen, Folgen und technokratisch-systemimmanente Lösungsansätze des Klimawandels gelangt Verf. zu theoretischen Erörterungen ökologischer Probleme und Forderungen für sozialökologische Politik. Gespickt mit Zitaten von Marx und Engels entwickelt er seine zentrale These: »Three of capitalism‘s basic features make it anti-ecological: an imperative for constant expansion of the economy as a whole; the drive for profit in each economic unit; and a built-in focus on the short term.« (195)

Sara Winter: "Ein alter Feind wird nicht zum Freund". Fremd- und Selbstbild in der aserbaidschanischen Geschichtsschreibung.  Berlin (Studien zum Modernen Orient 12. ) 2011. 161 S.

Buchbesprechungen von Buchbesprechungen sind eigentlich eher unüblich. Das von Sara Winter zur Rezension vorgelegte Werk macht aber schnell deutlich, dass die Komplexität der Analyse des Vorgestellten mehr Raum für Interpretationen notwendig erscheinen lässt, als im üblichen Rahmen normalerweise vorgesehen wird. Denn vorgestellt wird eine ebenso detaillierte wie kenntnisreiche Analyse des aserbaidschanischen Schulbuchs für das Fach Geschichte "Ata Yurdu" (2006), welchem in gegenwärtigen hochdynamischen Prozess des Nation Building in Aserbaidschan zentrale Bedeutung zukommt.

Axel Wieger: Beneluxstaaten. Darmstadt 2008. 226 S.

Wenn man bedenkt, dass der niederländische Hafen Rotterdam hinsichtlich seiner Deutschland-bezogenen Umschlagszahlen der größte "deutsche" Seehafen ist, dass Belgien als Föderalstaat schon seit vielen Jahren in politisch-geographischen Selbstdemontageprozessen unterwegs ist und Luxemburg als Medien- und Finanzstandort schon seit den 1970er Jahren internationale Ausstrahlungseffekte besitzt, scheint die Beschäftigung mit den Benelux-Staaten in einer geographischen Landeskunde naheliegend.

Norbert F. Schneider and Beate Collet (eds.): Mobile Living Across Europe II. Causes and Consequences of Job-Related Spatial Mobility in Cross-National Comparison. Opladen, Farmington Hills 2010. 365 pp.


This book collects the empirical findings of a cross-country EU funded research project on multiple types of job-related geographical mobility and their impact on individuals and family lives (Job Mobilities and Family Lives in Europe - Modern Mobile Living and its Relation to Quality of Life, co-ordinated by Norbert F. Schneider). The findings are based on a standardised survey in six European countries: Belgium, France, Germany, Poland, Spain and Switzerland. Descriptive findings from the international survey for each country were published separately in an initial volume in 2008.