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Lars Bretthauer, Alexander Gallas, John Kannankulam u. Ingo Stützle (Hg.), Poulantzas lesen. Zur Aktualität marxistischer Staatstheorie. Hamburg 2006. 332 S.
Hg. wollen zeigen, welche Berechtigung das wieder erstarkte Interesse an Theorie und Werk Poulantzas' in der akademischen Linken sowie in der globalisierungskritischen Bewegung hat. Mit Althusser wird zu einer "symptomalen Lektüre" (21) aufgerufen zu dem Zweck, sich "die begrifflichen Mittel einer Kritik des gesellschaftlichen Status Quo [anzueignen]" (23). Wie die Hg. überzeugend zeigen, fordert Poulantzas durch sein Denken zu einer solchen theoretischen Praxis auf.
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Helma Lutz u. Kathrin Gawarecki (Hg.): Kolonialismus und Erinnerungskultur. Die Kolonialvergangenheit im kollektiven Gedächtnis der deutschen und niederländischen Einwanderungsgesellschaft. Münster 2005. 206 S.
Anders als Deutschland, wo die kurze koloniale Expansion oft als Erklärung für die mangelnde Präsenz des Kolonialismus in der Öffentlichkeit herangezogen wird, haben es die Niederlande mit Jahrhunderten kolonialer Vergangenheit zu tun; auch fanden in jüngster Zeit wichtige öffentliche Auseinandersetzungen um das Erbe des Kolonialismus statt. Zur deutschen Kolonialherrschaft in Namibia (Deutsch-Südwestafrika) und zum Völkermord an den Herero und Nama sind in den letzen Jahren kritische Sammelbände und Monographien erschienen (exzellent v.a. Zeller/Zimmerer: Völkermord in Deutsch-Südwestafrika, 2003).
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Norbert Walz: Kritische Ethik der Natur. Ein pathozentrisch-existenzphilosophischer Beitrag zu den normativen Grundlagen der Kritischen Theorie. Würzburg 2007. 502 S.
"Die der Natur vielfach zugesprochene Harmonie [ist] eine Täuschung, ein Trugbild" (14). Unter der Oberfläche des schönen Scheins "tobt nichts anderes als ein permanenter Krieg um den Fortgang des Lebens" (ebd.). Natur als "Krieg" ist eine durchaus fragwürdige Projektion, in der Hobbes' Aussage über den menschlichen Naturzustand widerhallt. Walz möchte sich damit von jenen Konzeptionen distanzieren, für die Leben, körperliches Leben, unweigerlich bedeutet, dass es beginnt und ein Ende hat, für die also Sterben ein wesentlicher Teil dessen ist, was Leben heißt - Endlichkeit, Kontingenz. Er ordnet diese Vorstellungen der Theorietradition der Romantik zu. In den Begriffen der Aufklärung erscheine Natur dagegen als das im Dienste der Emanzipation des Menschen zu beherrschende Andere.
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Daniel Barben: Politische Ökonomie der Biotechnologie. Innovation und gesellschaftlicher Wandel im internationalen Vergleich. Frankfurt/M, New York 2007. 331 S.
Wir sind Zeugen der "Emergenz der aus der ›Verschmelzung von Biowissenschaft und Informatik‹ (Haraway) im Schoße des transnationalen High-Tech-Kapitalismus resultierenden Produktions- und Lebensweise", heißt es im Editorial von Argument-Doppelheft 242, Geburt des Biokapitalismus (2001). Dass dieser Prozess nicht naturwüchsig vor sich geht, sondern Objekt einer strategischen Allianz von Staat, öffentlichen Forschungseinrichtungen und verschiedenen Kapitalfraktionen ist, geht aus den empirischen Einblicken hervor, welche die hier anzuzeigende Studie überreichlich vermittelt.
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Bernhard Peters: Der Sinn von Öffentlichkeit, hgg. v. Hartmut Weßler, Vorwort von Jürgen Habermas. Frankfurt/M 2007. 410 S.
Wenn sich sozialwissenschaftliche Arbeit in Zeiten ihrer Spezialisierung erst einmal ihre methodischen Prinzipien geschaffen hat, löst sie sich nur ungern wieder davon. Im Falle der Literatur zu Demokratie und Öffentlichkeit gleicht deren methodisches Entweder-Oder von normativer Theorie und empirischer Forschung einem Weg in die Dämmerung: Das methodische Licht ist zu schwach, um den Gegenstand angemessen beleuchten zu können. Es ist das Verdienst des Verf., beide Vorgehensweisen zu verbinden.
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Heiko Knoll u. Jürgen Ritsert: Das Prinzip der Dialektik. Studien über strikte Antinomie und kritische Theorie. Münster 2006. 130 S.
Der auf Grundlage von Knolls Dissertation entstandene Band stellt keine Einführung dar, sondern springt gleich in offene Problemkomplexe. Verf. setzen mit einer erkenntnistheoretischen, die Realdialektik zunächst ausklammernden Problematisierung der Dialektik ein (20f), die sie in einer übergreifend sprachphilosophischen Perspektive behandeln wollen (25ff). Ihre Kritik richtet sich sowohl gegen einen naiven Realismus (14), dem ein formallogisches Verständnis des Gegenstandsbezugs sowie der Argumentation entspricht, als auch gegen den sozialwissenschaftlich geläufigen Konstruktivismus (13). Darüber hinaus wollen sie Anhaltspunkte für das "verdinglichungkritische Potenzial der Dialektik" (16) liefern.
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Immanuel Wallerstein: Die Barbarei der anderen. Europäischer Universalismus. Berlin 2007. 112 S.
Im Jahr 1550 berief Karl V. in Valladolid einen Rat ein, der sich mit der Behandlung der indigenen Bevölkerung Südamerikas befassen sollte. Vor dem Gremium standen sich Bartolomé de Las Casas und Juan Ginés de Sepúlveda gegenüber. Letzterer rechtfertigte den Krieg der Spanier gegen die amerikanischen Ureinwohner mit dem Hinweis auf deren Menschenopfer. Daraus ergebe sich die Pflicht, Unschuldige vor der Ermordung zu retten. Las Casas hielt seinem Widersacher vor, niemand könne für die Befolgung der eigenen religiösen Gesetze bestraft werden. Selbst wenn bei den Opferritualen Unschuldige umkämen, handele es sich hierbei um ein viel kleineres Übel, als wenn die unterworfenen Ureinwohner die Kolonisatoren dafür verhöhnten, dass diese ihrerseits Unschuldige töteten, um das "barbarische Treiben" zu unterbinden. Damit plädierte er für ein Handeln "gemäß dem Prinzip des geringsten Schadens" (18), das sich seiner Effekte stets gewahr bleibt.
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Ivan T. Berend: Markt und Marktwirtschaft. Ökonomische Ordnungen und wirtschaftliche Entwicklung in Europa seit dem 18. Jahrhundert. Göttingen 2007. 238 S.
Verf. gliedert die Geschichte der europäischen Wirtschaftsordnungen in drei Teile: das Laisser-faire-System des 19. Jh., verschiedene Formen der staatlichen Intervention, neues globalisiertes Laisser-Faire. In der praktischen Durchführung nimmt das zweite Thema den weitaus größten Raum ein. Dabei unterscheidet Ivan T. Berend erneut dreifach: "Wirtschaftsdirigismus in autoritär-faschistischen Herrschaftssystemen" (Kap. 2.3), "Zentrale Planwirtschaft, ein Nicht-Marktsystem" (Kap. 2.4), "Mischwirtschaft und Wohlfahrtsstaat im Prozess der Integration Westeuropas zum ›Einheitlichen Markt‹ nach dem Zweiten Weltkrieg" (Kap. 2.5).
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Kim Moody: US Labor in Trouble and Transition. The Failure of Reform from Above, the Promise of Reform from Below. London 2007. 289 S.
Seit die so genannte New-Voice-Koalition unter John Sweeney 1995 an die Spitze des Dachverbandes AFL-CIO gewählt wurde, werden die Anstrengungen der US-Gewerkschaften, ihren Niedergang aufzuhalten und - etwa auf dem Weg des so genannten Organizing - verlorenes Terrain zurück zu gewinnen, auch im Umfeld westeuropäischer Gewerkschaften mit gesteigertem Interesse verfolgt. Verf., Mitherausgeber der gewerkschaftslinken Monatszeitschrift Labor Notes und neben Mike Davis wohl einer der profiliertesten Kritiker der us-amerikanischen Gewerkschaftslandschaft, hat nun eine Bilanz des Reformimpulses vorgelegt, die an die Stelle einer allzu optimistischen Beurteilung us-amerikanischer Organizing-Kampagnen nüchterne Bestandsaufnahme, klare Analyse und scharfe Kritik setzt.
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Dieter Plehwe, Bernhard Walpen u. Gisela Neunhöffer (Hg.), Neoliberal Hegemony. A Global Critique. London u. New York (RIPE Studies in Global Political Economy, Vol. 18) 2006. 294 S.
Der Neoliberalismus als offene Machtapologetik ist in der Defensive. Dennoch wird sein politisches Programm weiter betrieben, auch ohne aktiven Konsens. Hg. haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Paradox von Defensive und globaler Hegemonie des Neoliberalismus zu Beginn des 21. Jh. zu erklären und die Notwendigkeit "for principled opposition" (22) herauszustellen.
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Alan Cafruny u. Magnus Ryner: Europe at Bay. In the Shadow of US Hegemony. Boulder 2007. 171 S.
Elmar Altvater u. Birgit Mahnkopf: Konkurrenz für das Empire. Die Zukunft der Europäischen Union in der globalisierten Welt. Münster 2007. 304 S.
Seit den 1990er Jahren häufen sich Publikationen, in denen die Rolle der EU in der internationalen Politik betrachtet wird. Die Erklärungskraft der meisten Untersuchungen bleibt jedoch begrenzt, weil sie das internationale Gestaltungspotenzial der EU entweder primär durch die verfügbaren ökonomischen und militärischen Machtressourcen oder aber die politikfeldspezifischen Verfahren, Instrumente und internationalen Repräsentationsformen bestimmt sehen. Analysen, die darüber hinaus gehen und die strukturellen Machtbeziehungen, d.h. die Interaktions- und Reproduktionsmuster der internationalen politischen Ökonomie, in den Blick nehmen, lagen bislang nicht vor. Die beiden vorliegenden Untersuchungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den vornehmlich neoliberalen Charakter der europäischen Integration herausarbeiten und dessen Implikationen für die internationale Gestaltungsmacht der EU kritisch reflektieren.