- Kategorie: Rezensionen
nah & fern. Das Kulturmagazin für Migration und Partizipation. Schwerpunkt: Engagement ohne Bevormundung. Karlsruhe, Heft 37, 12/2007, 60 Seiten
"Wenn man den Helfer zufällig auf der Straße trifft, erzählt man ihm automatisch, ob [...] die Tabletten gegen Depression nun besser wirken. [...] Man benimmt sich wie ein Kind [...], das die Mutter trifft und sofort sagt, wohin es geht." Devrim Lehmann, die als politischer Flüchtling in Deutschland lebt, benennt damit einen Mechanismus alltäglichen und internalisierten Paternalismus. Der lesenswerte Heftschwerpunkt "Engagement ohne Bevormundung" der dreimal jährlich erscheinenden Zeitschrift nah & fern, die sich an ehrenamtlich und beruflich Aktive in der Flüchtlings(sozial)arbeit richtet, greift ein heikles Thema auf: das Verhältnis zwischen Helfenden und KlientInnen.
- Kategorie: Rezensionen
Ton van Naerssen, Ernst Spaan und Annelies Zoomers (Hg.): Global Migration and Development. London 2008. 338 S.
Dass die Rückübweisungen von MigrantInnen in die Peripherie nach Zahlen der Weltbank mittlerweile die zwei- bis dreifache Summe der offi ziellen Entwicklungshilfe ausmacht, hat sich in den letzten Jahren herumgesprochen. Die vorliegende Publikation, hervorgegangen aus einer Konferenz zum Thema, springt auf den fahrenden Zug auf und nimmt sich vor, einen "Überblick über die diversen Formen und den globalen Charakter internationaler Migration im Zusammenhang mit Entwicklungsprozessen" (2) zu geben. Die nicht mehr ganz taufrische Grundthese lautet, dass statt von einem "brain drain" - einem Verlust von hochqualifizierten MigrantInnen für das Herkunftsland - zu sprechen, viel eher der "brain gain" - der Gewinn durch Rücküberweisungen, Wissenstransfer und Investitionen durch die Ausgewanderten wichtiger sei und entsprechend größere Aufmerksamkeit verdient hätte. Versprochen werden dabei "neue Einsichten auf der Grundlage empirischer Belege aus innovativer Forschung in verschiedenen Ländern" (xvii).
- Kategorie: Rezensionen
Peter Niesen und Benjamin Herborth (Hg.): Anarchie der kommunikativen Freiheit. Jürgen Habermas und die Theorie der internationalen Politik. Frankfurt a.M. 2007. 464 S.
Verschiedene Theorieentwürfe von Jürgen Habermas, vor allem die Theorie des kommunikativen Handelns, Faktizität und Geltung, Überlegungen zur "postnationalen Konstellation" sowie auch unmittelbar zur Dynamik einer Weltinnenpolitik und zur möglichen Konstitutionalisierung des Völkerrechts können anregen, die aktuelle Dynamik staatlicher Institutionen, vor allem aber auch des Verhältnisses der Staaten untereinander und der politischen Verfasstheit einer entstehenden Weltgesellschaft genauer zu durchdenken und zu verstehen.
- Kategorie: Rezensionen
Rainer Winter und Peter V. Zima (Hg.): Kritische Theorie heute. Bielefeld 2007. 319 S.
Der vorliegende Sammelband hat zwei Hauptschwerpunkte, einen methodologischen, in dem es um die wissenschaftstheoretischen Voraussetzungen kritischer Theorie, und einen inhaltlichen, in dem es um die durch die "Dialektik der Aufklärung" ausgelöste Kulturindustriekritik geht. Die Beiträge zu dem letztgenannten Thema - v.a. Zima & Winter "Adorno als Medienkritiker", Kleiner "Wer küsst den Froschkönig heute", Schweppenhäuser "Kunst, Alltagskultur und ready-made bei Marcuse", Thomas & Langemeyer "Mediale Unterhaltungsangebote aus gesellschaftskritischer Perspektive", Srubar "Von der Macht des Kapitals zur Macht der Semiosis", - sind allesamt stark exegetisch auf Adorno bzw. Marcuse ausgerichtet. Der Tenor der Kritik läuft darauf hinaus, dass deren Kulturindustriekonzept, obwohl prinzipiell nutzbringend, doch gar zu "total systemschließend" konstruiert sei und das v.a. von den "cultural studies" herausgestellte Faktum übersehe, dass "populäre Kultur" "auch die Quelle von selbstmächtigen Variationen der präsentierten Inhalte seitens der Rezipienten" darstelle (Srubar 298).
- Kategorie: Rezensionen
Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag e.V. (Hg.): Von Trommlern und Helfern. Beiträge zu einer nicht-rassistischen entwicklungspolitischen Bildungs- und Projektarbeit. Berlin 2008. 2. Aufl. 84 S.
Es kann von "Rassismus gesprochen werden, wo erstens Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer nach körperlichen oder kulturellen Merkmalen definierten Gruppe bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden und zweitens eine ungleiche Verteilung von Ressourcen oder Rechten mit dieser Zuschreibung erklärt beziehungsweise legitimiert wird" (S.13). Dieser so von Aram Ziai in seinem Beitrag definierte Rassismus findet sich auch in der - wie gut auch immer gemeinten - EZ und in den Aktivitäten der NRO wieder, die in Bildungsarbeit, Kampagnen, Projekten oder im Fairen Handel weltweite Verhältnisse aufdecken, kritisieren und an Lösungsansätzen arbeiten.
- Kategorie: Rezensionen
Reinhard Stockmann: Evaluation und Qualitätsentwicklung. Eine Grundlage für wirkungsorientiertes Qualitätsmanagement. Münster 2006. 375 S.
Qualitätsentwicklung und Qualitätsmanagement gehören neben an Wirtschaftlichkeit orientiertem Handeln schon seit Jahren zu den wesentlichen Voraussetzungen für privatwirtschaftliche Unternehmen, um erfolgreich auf den Märkten der Zukunft zu bestehen. Dahinter steht die Absicht, mit der Verbesserung der Qualität der Produkte eine höhere Kundenzufriedenheit zu erreichen und damit insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Das Thema Qualität ist inzwischen auch aus gesellschaftspolitischen Diskussionen nicht mehr wegzudenken und ist geradezu zum Leitgedanken für eine Vielzahl nicht gewinnorientierter, gemeinnütziger privater und staatlicher Organisationen avanciert. Denn auch im Nonprofit-Bereich ist es zunehmend notwendig, die für bestimmte Leistungen eingesetzten Mittel zu legitimieren und die Qualitäten und Wirkungen der angebotenen Dienstleistungen nachzuweisen.
- Kategorie: Rezensionen
Eberhard Rothfuss (Hg.): Entwicklungskontraste in den Americas. Passau 2008 (Passauer Kontaktstudium Erdkunde 9). 210 S.
Es handelt sich um einen Sammelband mit 13 Beiträgen über anthropo- und physiographische Themen, die während der 9. Tagung "Passauer Kontaktstudium Erdkunde" am 09. und 10.10.2006 gehalten wurden mit dem Ziel, die "Entwicklungskontraste in den Americas" einem breiten Publikum von Gymnasial- und Realschullehrern und -lehrerinnen vorzustellen und anhand der präsentierten Beispiele unterrichtspraktisch zu vermitteln.
- Kategorie: Rezensionen
Hermann E. Ott und Heinrich-Böll-Stiftung (Hg.): Wege aus der Klimafalle. Neue Ziele, neue Allianzen, neue Technologien - was eine zukünftige Klimapolitik leisten muss. München, Berlin 2008. 230 S.
Spätestens mit dem vierten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC = Weltklimarat) aus dem Jahre 2007 hat die internationale Zunft der Klimatologen ein klares Meinungsbild in Politik und Gesellschaft geschaffen, welches kaum mehr Zweifel an der menschlichen Beeinflussung des irdischen Klimas einräumt. Während die Klimatologie weiterhin Indizien für den anthropogenen Klimawandel sammelt und die Klimafolgenforschung immer neue Wirkungszusammenhänge zwischen klimatischen Rahmenbedingungen und den verschiedensten Systemen der belebten und unbelebten Natur aufdeckt, führt das Credo des anthropogenen Klimawandels in der Politik und Gesellschaft zwangsläuig zum Handlungsbedarf. Nun sind mit dem Kyoto-Protokoll und später mit dem Konzept 20-20-20 der Europäischen Union zwar erste Schritte in Richtung einer internationalen Klimaschutzstrategie getätigt worden. Aber die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit dieser Absichtserklärungen bleibt mehr als zweifelhaft angesichts der zuletzt ansteigenden globalen Treibhausgasemissionen, die immer mehr auch durch aufstrebende Schwellenländer wie China und Indien mit verursacht werden.
- Kategorie: Rezensionen
Louise Richardson: Was Terroristen wollen. Die Ursachen der Gewalt und wie wir sie bekämpfen können. Frankfurt a.M. u. New York 2007. 381 S.
Um es vorweg zu sagen - das Buch ist eindrucksvoll und eines der wichtigeren zum Thema Terroristen und Terror in letzter Zeit. Hier schreibt eine Expertin, die diese Bezeichnung verdient hat, was ihre Analyse der Hintergründe des Terrors, seiner Gründe und Strukturen angeht. Leider gibt es einzelne Punkte, die, ohne die Qualität des Buches als Ganzes zu mindern, Kritik herausfordern. Das Ärgernis liegt dabei nicht bei der Autorin, sondern bei den Herausgebern der deutschen Ausgabe, die in ihrer Übersetzung des Titels eine Erwartung wecken, die so nicht eingelöst wird. Von den Ursachen der Gewalt wird im Buch eigentlich nicht gesprochen, so wie es der Titel vermuten lässt. Der Originaltitel ist "What terrorists want. Understanding the enemy, containing the threat" - und genau um dieses Verstehen geht es im Buch, nicht um die Ursachen von Gewalt als solcher, und schon gar nicht um das Phänomen der Gewalt selbst.
- Kategorie: Rezensionen
Helga Dickow, Eldred Masunungure and Beatrice Schlee: Zimbabwe: A case of resilient authoritarianism, Citizens' attitudes, leaders' opinions, and conjectures on a democratic transition. Byblos 2007 (Letters from Byblos, Nr. 15). 143 S.
Der politische und wirtschaftliche Niedergang Simbabwes gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Seit den Besetzungen und Enteignungen weißer Farmen, die im Jahr 2000 nach einer erfolglosen Volksbefragung über einen neuen Verfassungsentwurf begannen, nimmt die Entwicklung immer dramatischere Formen an. Wiederholt gingen Polizei und Geheimdienst mit aller Härte gegen die Demokratiebewegung vor und räumten im Jahr 2005 kurzerhand ganze Wohngebiete. Systematisch höhlen neue Gesetze die Versammlungs-, Presse- und Meinungsfreiheit aus. Zudem behindern und kriminalisieren sie gezielt Nicht-Regierungsorganisationen, die für Menschenrechte eintreten. Eine galoppierende Hyperinflation, massive Korruption, sehr hohe Arbeitslosigkeit und gravierende Versorgungsengpässe bringen große Bevölkerungsgruppen in Existenznot; deren Problemlage durch die sich rasant ausweitende HIV/AIDSPandemie verstärkt wird.
- Kategorie: Rezensionen
Komitee für Grundrechte und Demokratie (Hg.): Jahrbuch 2007. Menschenrechte und Völkerrecht. Münster 2007. 256 S.
Nach dem Umzug aus dem Sensbachtal nach Köln ist das Komitee für Grundrechte und Demokratie nun auch an Bord des Dampfboots gekommen. Daher, auch vor dem Hintergrund der Erfahrung der PERIPHERIE: welcome to the crowd! Das gilt erst recht, weil der vorliegende Band mit seinem Schwerpunkt zentrale Fragen aufgreift, die uns immer wieder beschäftigen müssen und wahrhaftig nur aus globaler Perspektive zu diskutieren, geschweige denn zu lösen sind. Wie die Beiträge jedoch zugleich sehr deutlich machen, bedeutet dies keineswegs, dass die Auseinandersetzung mit der Politik der Nationalstaaten, vorab des jeweils "eigenen" Staates, obsolet wäre. Die drei Skandale, die sicher nicht überraschend gleichsam die Fluchtpunkte sowohl des Schwerpunktteils als auch eines Gutteils der rund 70 Seiten umfassenden Dokumentation von Aktionen und Debatten bilden, belegen dies zweifelsfrei: Es geht immer wieder um den Kosovo-Krieg 1999 und den Irak- Krieg 2003 sowie hier insbesondere um die logistische Unterstützung durch Deutschland, sowie weiter um die Politik der EU und Deutschlands zur Abwehr von Flüchtlingen, zumal aus Afrika. Die Spannung zwischen Völkerrecht und Menschenrechten wird ferner auch unter Bezug auf den Afghanistan-Krieg und die Darfur-Krise diskutiert.